Angela ist an allem schuld! Wirklich?

Es ist ja so einfach, immer einen Schuldigen zu finden. Irgendwer muss ja schließlich verantwortlich sein – am besten die Regierung oder noch besser: Die Bundeskanzlerin. Tatsächlich scheint mancher Stammtisch-Prolet mittlerweile zu glauben, Mutti Angie macht und entscheidet alles allein.  Egal, ob Unternehmensskandale, sinkende Milchpreise, das schlechte Wetter oder ein Verkehrsunfall: Es gibt anscheinend stets Argumente, die in letzter Konsequenz zu der Erkenntnis führen: Angela war es.

 

So auch der Fall Böhmermann: Ein ziemlich langweiliger "Satiriker" und ein islamischer Diktator stritten sich. Gut. Das kommt schon mal vor. Wer jetzt wen mehr beleidigt oder bedroht hat, könnten beide auch gut untereinander klären. Schließlich sind sie trotz ihres kindischen Verhaltens ja erwachsene Menschen! Aber nein: Stattdessen bemühten sie die Kanzlerin.

Angela sollte es nun richten und konnte eigentlich nur falsch entscheiden. Irgendwann beschäftigte sich die Justiz damit, und wiederum war natürlich alles Angelas Schuld! Aber: Was geht dieser Streit auf Kindergartenniveau eigentlich die Kanzlerin an? Man könnte beinahe glauben, der Wichtigtuer von Bosporus und der spaßfreie Fernsehmann hätten sich verbündet, um die Kanzlerin in Schwierigkeiten zu bringen. Aber wir wollen natürlich an dieser Stelle keine Gerüchte aufbringen. Sonst verklagt uns Erdogan vielleicht noch oder Böhmermann oder beide…

Klar wird an diesem Beispiel: An jedem Sack Reis, der in China umfällt, soll Angela Merkel offenbar schuld sein: Griechenland droht die Pleite? Merkel war es! Die EU lässt sich neuen Unfug einfallen? Das war doch bestimmt Merkels Idee! Russland überfällt wieder mal einen seiner Nachbarn? Das hätte Merkel doch durch persönlichen Kampfeinsatz verhindern müssen!

Liebe Kritiker: Angela Merkel ist sicherlich ziemlich schlau und erreicht auch oft ihre Ziele. Aber zaubern kann sogar die Bundeskanzlerin nicht!

Flüchtlingspolitik: Das endlose Aufreger-Thema

Ganz schlimm wird es beim derzeitigen Dauerthema "Flüchtlinge", die übrigens nach grün-korrekter Sprachlehre eigentlich "Geflüchtete" sind. Im Juli 2015 wurde Angela Merkel vor laufender Kamera vorgeführt. Ein vermutlich von politischen Gegnern fingiertes Zusammentreffen mit einem weinenden Flüchtlingsmädchen sollte aufzeigen, wie hartherzig die Bundeskanzlerin ist.  Denn diese tröstete zwar das eventuell von Abschiebung bedrohte Mädchen, machte ihr aber trotzdem korrekterweise keine unberechtigten Hoffnungen. Eine Kanzlerin kann sich schließlich nicht über das Gesetz stellen.

 Nur wenige Wochen danach äußerte sich Angela Merkel positiv zur Aufnahme tatsächlicher Flüchtlinge. Die gleiche deutsche Öffentlichkeit attestierte der angeblich so hartherzigen Kanzlerin plötzlich, sie reagiere viel zu lasch auf die "Bedrohung" durch die Flüchtlingswelle. 

Nach schlichter Stammtischlogik heißt das: Abschiebungen und geschlossene Grenzen machen einen Politiker zum Beinahe-Nazi. Bleiberecht und offene Grenzen hingegen machen einen Politiker zum Islamistenfreund. Da soll noch einer schlau aus uns Deutschen werden…

Kriminelle Ausländer – die hat Merkel persönlich eingeladen…

Die angebliche Einladung nach Deutschland an alle ist jedoch das übelste Gerücht zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Angela Merkel sagte nämlich nicht: "Kommt alle her, wir schaffen das!", sondern lediglich sinngemäß: "Wer sonst sollte das schaffen, wenn nicht wir…" Angesichts der damaligen Situation war dies eine kühne und souveräne Aussage.

So genannte Partnerstaaten, die viele Jahre lang durch deutsche EU-Beiträge alimentiert wurden, ließen uns im Stich und schickten sogar noch zusätzlich Flüchtlinge nach Deutschland. Hätte die Kanzlerin da wirklich sagen sollen: "Wir schaffen das auf keinen Fall. Deutschland wird selbstverständlich untergehen. Nahrungsmittel werden knapp, und die Arbeitslosigkeit steigt bald rasant…"?

Für eine solche pessimistische und grundverkehrte Aussage wäre Angela Merkel genauso kritisiert worden. Stattdessen wollte sie den Deutschen vielleicht einfach nur Mut machen:

Wir haben die Wirtschaftskrise blendend gemeistert und sind gestärkt daraus hervorgegangen. Wir schultern seit Jahren die Griechenlandkrise, und Veränderungen wie Atomausstieg oder Mindestlohn führten ebenfalls nicht zum Untergang. Wer hätte also bessere Chancen, auch dieses Problem zu lösen? Vielleicht sollten wir Deutschen endlich lernen, ein wenig stolz auf unsere Leistungen zu sein.

Warum Angela-Kritik ein Volkssport wurde

Doch es ist nicht nur ihr Posten als Regierungschefin, der Angela Merkel so sehr für Kritik und Schmähungen prädestiniert. Es ist vor allem ihr bisheriger Erfolg. Sie hat viele Neider in anderen Staaten, anderen Parteien und selbst unter ihren Mitstreitern.

Doch obwohl ihr mittlerweile dubiose Websites (erkennbar am fehlenden Impressum) verleumderische "Wahrheiten" andichten, ist Angela Merkel eine Regierungschefin ohne Skandale. Sie bezahlt ihren Urlaub selbst und macht keine krummen Geschäfte. Eine Zeitlang versuchte man deshalb, ihr nahestehende Politiker durch angeblich gefälschte Doktorarbeiten zu diskreditieren. Aber diese dummdreiste Masche fiel natürlich irgendwann auf und hatte zudem nicht die gewünschte Wirkung.

Die Flüchtlingskrise bot nun erstmals Gelegenheit, Angela Merkel in Schwierigkeiten zu bringen. Neidische Staatschefs anderer Länder, CSU-Machos, linke und rechte Spinner sowie Möchtegern-Nachfolger für das Kanzleramt vereinten sich urplötzlich zu einer miesen Propagandatruppe. Beispielsweise veröffentlicht die CDU-Politikerin und Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld regelmäßig kritische Texte zur Politik der Kanzlerin bei FreieWelt.net, einem Portal mit deutlicher Sympathie für die AfD. Im Bundestagswahlkampf 2009 war Lengsfeld übrigens noch gemeinsam mit der Regierungschefin auf einem Plakat zu sehen. Wie schön man doch sein Mäntelchen nach dem Wind hängen kann…

 Nein, der Autor dieses Textes ist kein Freund unbegrenzter Zuwanderung. Er findet auch nicht alles toll, was die Bundeskanzlerin sagt oder tut. Aber angesichts der derzeitigen Merkel-Kritik stellte er sich die Frage, ob Deutschland nicht andere, wirkliche Sorgen hat: Bildungsmisere, Gesundheitssystem und Straßenbau zum Beispiel. Aber sich selbst politisch zu engagieren, ist natürlich anstrengender, als über die Kanzlerin zu schimpfen…

Donky, am 25.05.2016
5 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Laden ...
Fehler!