Liebe im Film 3 – Vom Irrtum der Frauen: Irma
Der Film "Irma La Douce" aus dem Jahr 1963 – einige Gedanken zu Männern, Kleidung und Name-Giving1963
Kein besonderes Jahr, und doch: In Frankreich amtierte Charles De Gaulle. Amerika begann seinen innenpolitischen Weg gegen die Armut. Kurz zuvor begann man mit dem Ende der Atomtests, die die Cold War Nations rund um die Welt verübten. Und Billy Wilder drehte einen "Süßen Film": Irma La Douce.
Ein kurzer Blick auf Billy Wilder? Er wurde als Samuel Wilder im ehemaligen K. u. K. Habsburg Monarchie geboren und begann, ehe sich die Ereignisse in Europa überstürzten, in Hollywood Filme zu drehen, die überaus erfolgreich waren. Es befinden sich einige Award Winner darunter, und bestimmt ist der eine oder andere klingende Titel ein Begriff: "The Seven Year Itch" (Das verflixte siebente Jahr, 1955), "Some Like It Hot" (Manche Mögens Heiß, 1959) oder "Kiss Me, Stupid" (Küss mich, Dummkopf, 1964). Dazwischen fand er Zeit, mit Screenwriter I. A. L. Diamond, einem Amerikaner mit Wurzeln an der Moldau, an seiner "Irma" zu schreiben.
Der Stoff stammte aus einem französischen Musical, das bereits 1956 in Paris uraufgeführt wurde und eine Reihe an Stationen hinter sich gebracht hatte – West End, Broadway, Mexico City – ehe es für die Kinobesucher adaptiert wurde. Director Wilder holte Jack Lemmon und Shirley MacLaine für die Hauptrollen. Der ursprüngliche Plot umfasste eine erfolgreiche Prostituierte und einen armen Jus-Studenten namens Nestor Le Fripé, der sich Hals über Kopf in Irma verliebt, sämtliche Jobs annimmt, die er bekommen kann und eifersüchtig reagiert, sobald sich ein Freier ihr nähert. Er erfindet "Oskar", einen fiktiven Liebhaber, und erzählt dann, dieser sei in eine Strafanstalt auf der Teufelsinsel gebracht worden, als man in des Mordes bezichtigt.
Wilders Film zeigt Irma farbenfroh und charakterstark – sie ist gleichgültig und wieder nicht, abgeklärt und naiv und weist eine ganze Bandbreite an Stimmungen auf, in der eine Frau sich befinden kann. Sie wird Mutter, eine Karriere, abseits des bisherigen Troubels, ist nicht in Sicht.
Die chice Irma mit ihrer Coquetta. (Bild: https://www.weekendnotes.com)
Reflexionen
Irma – ein süßes Mädchen. Mädchen – wie "mad"? (Es ist mir übrigens aufgefallen, dass es schon lange nicht mehr 'Knaben' heißt, aber immer noch 'Mädchen'.) Vielleicht, denn sie kennt den überaus honorigen Lord X. (Das X steht gewöhnlich stellvertretend für einen "geheimen" Auftrag. Es könnte also ein Mann sein, der bei Irma etwas "Geheimes" vermutet. Außer Sex. Geheimnisse vielleicht?) Und was ist mit der Süßen? Es sind wohl die Untiefen unserer modernen Gesellschaft, die sich hier im Zuhälterwesen offenbaren, denn wie in der letzten wissenschaftlichen Arbeit angeklungen, könnten die Damen die verborgenen Sehnsüchte der Männer widerspiegeln. Vielleicht hat Hippolite, der Zuhälter der Irma, ganz gezielt nach einem Mädchen gesucht, das sich als Süß verkaufen lässt – ein Baby Doll! Nun, glaubt man der wissenschaftlichen Arbeit, so ist die geheime Sehnsucht dahinter Inzest. Es ist bestimmt nicht die einzige dieser verborgenen Wünsche, doch ist es nicht erstaunlich, dass sich diese die Frauen über Generationen als "Beruf" vererben?
Es grünt so grün.
Nun, unsere Irma liebt die Farbe Grün. Dieses Grün kombiniert sie mit schwarz, mit unschuldigem weiß, mit Pastelltönen. Sie trägt teure Dessous, teure Kleidung, Haarschleifen, Strümpfe in einem bestimmten Grünton, appliziert mit kontrastierenden Farben. Sie kann es sich leisten und entwickelt auch richtig beruflichen Ehrgeiz, sich diese teure Mode leisten zu können. (Was eine weiterführenden Betrachtung wert wäre.) Keine der anderen Frauen ist so gekleidet.
Grün ist also der zarte Sproß im Frühling, die Natur zeigt eine reichhaltige Fülle der Farbe Grün und wird auch mit "gesunden Nahrungsmitteln" (Spinat, Salat, Gurken, …) assoziiert. Ist also Grün die Farbe, die sie – so nahe an den "Les Halles" repräsentiert? Ist ihr Hintergrund also die Kulinarik, wie sie in Frankreich naheliegt und ihre liebsten Kunden die Lieferanten der grünen Linie – um die Veganer zufriedenzustellen? Um die einfache Hausmannskost mit Salaten aufzupeppen? Oder ist ihr Zugang der der Kunst? Der bildenden Kunst, in der die Farbe Grün mit Freude eingesetzt wird, um Hoffnung zu repräsentieren oder in der Musik, wo es gar einen Künstler namens "Verdi" gibt, der sich den "Verden" überhaupt verschrieben zu haben scheint. (Es könnte – der Film ist ja aus den 1960ern, sich auch um einen Anklang des "Greenrun" handeln.)
Aber während alle anderen Frauen sich noch anziehen, weil sie während der Razzia aus ihren Zimmern geschleppt wurden, die der liebe Nestor veranstaltete, ist die liebe Irma bereits dabei ihre Nägel zu feilen und die anderen an ihre Kinderstube zu erinnern, als die Wildfänge sich an ihm zu vergehen drohen. Sie ist die letzte die aus dem Wagen aussteigt, sie hat es nicht eilig. Anders als die anderen "Mädchen" (es sind durchaus auch reife Frauen unter ihnen), sich zusammenrotten, wirkt Irma, als hätte sie keine Hast mehr nötig. Hier ist genauso gut, wie überall sonst – im Hotel Casanova, wie im Polizeiquartier. Sie trägt ihre "Uniform", sogar "Coquetta" – grüne Schleifen, grüne Einteiler. Es scheint also genug Zeit zu bleiben, dem kleinen Hündchen ein regentaugliches Outfit zu schneidern – oder zu kaufen.
Die Männer der Süßen
Obwohl die Männer in diesem Film eigentlich fast neben Irma zurücktreten, so dominieren doch zwei – Hippolite und Nestor, ihre beiden besonderen Kerle. Es ist daneben noch Moustache zu nennen, der stets mit einem Soda-Wasserstrahl bereit steht, um gedemütigte Kerle noch mehr zu demütigen, was eine Art Loyalitätsakt gegenüber Hippolite darstellen soll. Doch nicht "diesmal", doenn trotz aller Soda-Orgien, kämpft sich Nestor so beherzt in den Laden des (gar nicht mal so netten) Moustache, dass sich das Blatt wendet. Leider ist Moustache, der die Gewohnheiten und die Freier der netten Irma genau kennen dürfte, nicht nur hilfreich, sondern auch an der Auswahl der Verkleidung beteiligt, als auch finanziell in dem er Nestor Geld borgt, was die Sache schwächt.
Nun ist die Frage, zu wessen Schutz Hippolite eigentlich da ist, denn wie es aussieht, ist er eher im Amte, um seine Irma zu maßregeln und ihr, wird sie auf einen Kaffee eingeladen, ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie nicht auf der Straße steht um einen Kunden zu "keilen". Der Schutz ist hier eher nicht gegeben, woraus besteht also der Zweck des Hippolite? Denn zweifellos ist er im Boxen geschult und auch in der Lage, ordentlich aufs Maul zu geben, aber eigentlich ja eher jenen, die der Irma Gutes wollen, Besseres als er zu bieten hat bzw. ein wenig Ansehen, ein Gespräch im Lokal, wenn auch nur als jemand, der zu einem Kaffee eingeladen wird. (Wer konnte schon wissen, dass es ein "Platz an der Sonne" wird, als er sich mit ihrem Zuhälter anlegt?) Während ihr eigentlicher Beschützer ihr kleiner Hund ist, der sich mit den Charakteren bestens auskennt, seinem Knurren nach zu urteilen.
Ähnlich wie sie ist auch er nicht von großer Hektik geprägt, wenn er bei ihr ist und lässt sich sehr Zeit – mit dem Entkleiden, mit dem Ausschlafen. Ganz neu für sie, die sich schon bereits völlig bekleidet hat, während ihre Männer noch damit beschäftigt sind, sich wiederanzuziehen. Er hat nicht die Absicht, wieder irgendwo hinzugehen, denn er ist froh, dass er wo ist. In ihrem privaten Raum nämlich, denn ansonsten bietet ihr das Hotel Casanova "Arbeitsräume".
Er nimmt des Hippoliten Platz ein, der seine Freizeit mit Pferdewetten zu füllen schien, während Nestor praktisch einen Lückenbüßer mit "fixem Einkommen" vorzog, wenn auch es mit mehr körperlichen Anstrengungen und zeitlicher Verfügbarkeit verbunden ist. Andererseits auch schmälert er auch ihren Stolz, als er sich mit seinem neuen Leben als "Tiger" nicht abfinden will, nachdem man ihn fragt, wo die "Kleine mit dem Wauwau" ist.
Name-Dropping
Mag es sein, dass es an der jeweiligen Sprachversion liegt, doch Irma wird ab und an, in ihren Momenten der Stärke, Schwäche oder Unsicherheit, von ihren Männern auch Ilva, Ylva oder Ilma genannt. Es ist also ein kleines Zusatzspielchen in der ohnehin sehr verspielten Gesellschaft, die ihr etwas sagen wollen, wenn auch nur, dass sie ihren Namen beliebig ändern können und ihr andere geben könnten? Oder ist es doch mehr eine Narretei? Mutter wird sie immerhin doch am Ende.
Oder ist es ein wenig verrückt – zB wenn sie bereits am frühen Morgen nach dem Aufwachen perfekt geschminkt ihre roten Lippen in die Kamera und auf den Mund ihres Partners hält. Aber verrückt ist er genau so, denn auch er vergisst auf welchem Auge er die Klappe trägt, von mal zu mal. Und so vermischt er – vielleicht gar ohne böse Absicht – privat mit beruflich und findet sich in ihren Armen in einem Zimmer des Hotel "Casanova" wieder. Aber das war nachdem sie ihn bereits bei seinem Verschwinden im Keller des Bistro Moustache erwischt hat, die Frau Präsidentin des Zuhältervereins, die ihren Lord gekonnt ins Land der Papayas träumt. (Ein selten vergebener Titel, oder?)
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Bildquelle:
http://www.amazon.de
(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)