Der philosophisch-juridische Diskurs

Der philosophisch-juridische Diskurs besagt, dass politische Macht dann anfängt, wenn der Kriegszustand zu Ende ist. Dieser Diskurs setzt befriedete Universalität voraus und wird vom historisch-politischen Diskurs vehement unter Beschuss genommen. Im philosophisch-juridischen Diskurs sucht die Rolle des Gesetzgebers, des Philosophen, des Vermittlers als Garant für das Gleichgewicht, das jedem ein allgemeines Gerüst aus Gesetzen auferlegt, um Ordnung zu erhalten und herbeizuführen. Eine soziale Rollenfunktion oder Institution, die sich zwischen die beiden Lager, Parteien, Fronten stellt und Ordnung schafft, einen Waffenstillstand herbeiführt. Dieser Diskurs steht im klaren Gegensatz zum historisch-politischen Diskurs, welcher das Neutrale einfach negiert und nur die Dualität sucht. Gut oder Böse und nichts dazwischen, kein Platz für die Grauzone der Neutralität.

Der historisch-politische Diskurs

Der Diskurs tauchte gegen Ende der Religions- und Bürgerkriege des 16. Jahrhunderts auf, als der Krieg einerseits zentralisiert gelenkt, aber an die Grenzen der Reiche verlagert und gedrängt wurde. Es ist ein Diskurs über den Krieg als immerwährende soziale Beziehung, als eine Institution der sich im beständigen Wandel befindenden Machtverhältnisse. Es ist ein ewig währender Kriegszustand, welcher sich in die Einen gegen die Anderen manifestiert und die Gesellschaft in ein binäres Korsett, eine binäre Struktur zwängt. Schwarz oder weiß. Zwei Gruppen, zwei Fronten, gleichsam zwei Heerhaufen, welche sich andauernde bekriegen. Es gibt keine Zuflucht in der Neutralität in diesem Kontext. Ein Ende ist nur in Sicht, wenn die Einen die Anderen komplett auslöschen und vernichten. Wodurch dieser Diskurs natürlich das Soziale an ein Kräfteverhältnis ankettet. Der Stärkere hat temporär das Sagen, bis ein noch Stärkerer auftaucht und es ihm entrissen, wird. Es gibt keinen Frieden, keinen Waffenstillstand nur den Frieden durch die Vernichtung des anderen Lagers.

Der biologisch-rassistische Diskurs

Die Ausgangsformulierung dieses Diskurses ist, dass wir uns gegen unsere Feinde verteidigen müssen, weil die staatlichen Institutionen, die Gesetze, die Machtapparate unsere Feinde unterstützen würden und nicht ihrer Aufgabe uns zu schützen, gerecht werden würden, da sie unseren Feinden als Werkzeuge dienen, würden uns zu verfolgen und zu versklaven. Es gilt nicht mehr uns gegen die Gesellschaft zur Wehr zu setzen, sondern die Gesellschaft gegen die biologischen Gefahren von außerhalb der Gesellschaft zu verteidigen, gegen die andere Rasse. Der Begriff Rasse bezieht sich auf den Gesellschaftskörper, welcher sich in zwei Rassen aufspaltet, deren beider Rassenkonfrontation den Gesellschaftskörper durchwuchert. Diese Rassen entstehen aus dem Gewebe des Gesellschaftskörpers selbst und werden von ihm selber reproduziert. Diese Polarität ist also ein Kampf zweier Rassen nicht von außerhalb der Gesellschaft, sondern innerhalb dieser einen, da die andere Rasse die Gesellschaft gleichsam ohne Unterlass infiltriert.

Quelle: "Vom Licht des Krieges zur Geburt der Geschichte" Foucault, Michel, Hg. Walter Seitter, Berlin 1986 (Vorlesungen vom 21. und 28.1.1976), 7-60

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