Sich mit der eigenen Stimme vertraut machen

Jeder kennt diese Erschrockenheit, die man empfindet, wenn man sich aufgenommen hat und die Aufnahme dann abhört. Oh Gott, klinge ich wirklich so? Das kommt daher, dass wir uns anders hören, als unser Gegenüber. Warum ist das so? Weil sich jeder von uns doppelt hört. Einmal hört man den Luftschall, der den eigenen Mund verlässt, also von aussen. Gleichzeitig hört man die eigene Stimme über Knochenleitung von innen. Dieser Innenschall wurde nicht durch den Vokaltrakt (Rachen-, Mund-, Nasenraum) gefiltert und klingt voller, als der Schall der aus dem Mund kommt. Die Mischung ergibt den Eigenklang, den man nur selbst hört. Die folgende Übung kann Ihnen dabei helfen, Ihre eigene Stimme besser einzuschätzen.

Übung 1

  1. Legen Sie die Hände hinter Ihre Ohren und drücken Sie die Ohren nach vorne.
  2. Sprechen Sie einen Text laut vor sich hin. Die Stimme, die Sie jetzt hören, kommt der Stimme relativ nahe, die Ihre Zuhörer hören, wenn Sie sprechen.

Die Stimmlage Ihrem Ideal anpassen

Wenn Sie mit der ersten Übung gelernt haben, Ihre Stimme besser einzuschätzen, können Sie vorsichtig damit beginnen, die Stimmlage Ihrem Ideal anzupassen. Eine tiefere, vollere Stimme wirkt beim Publikum allgemein angenehmer als eine piepsige, zu hohe Tonlage, die leicht als anstrengend empfunden wird. Vor allem ist es bei allen Übungen zur Tonlagenanpassung wichtig, dass Ihre Natürlichkeit dabei nicht verloren geht. Wenn Sie nämlich nicht mehr authentisch wirken, erzielen Sie beim Publikum genau das Gegenteil. Es gilt also, sehr behutsam vorzugehen.

Übung 2

  1. Sprechen bzw. Summen kräftig und zustimmend ein: Mmmmh.
  2. Variieren Sie dann in den Tonhöhen. Normalerweise ist der erste etwas tiefere Mmmmh-Ton Ihre natürliche Lage, hier fühlt sich Ihre Stimme sicher.
  3. Gehen Sie dann einen Schritt weiter. Sie kennen nun Ihre natürliche Lage und versuchen wieder das Mmmmh zu sprechen, gefolgt von einem konkreten Wort, z.B. "Eins", dann wieder Mmmh, gefolgt von "Zwei" und immer so weiter.
  4. Achten Sie darauf, dass Sie in dieser bequemen, entspannten Tonlage bleiben.
  5. Vor jedem Vortrag können Sie sich mit dem Mmmmh auf Ihren Eigenton stimmen.

Richtig betonen

Die Aufmerksamkeit Ihres Publikums hebt und senkt sich mit der Art Ihrer Betonung. Die Kunst gut zu betonen liegt darin, dass der Redner schon im Voraus weiß, was er ein, zwei Sätze später sagen wird. Er kann dann ganz natürlich betonen. Ein monotoner Redefluss wirkt einschläfernd und erweckt meist den Eindruck, man würde ablesen und den Text nicht kennen.

Bogenform statt Girlandensatz

In der Regel werden bei Radio-und Fernsehmoderatoren Sätze in Bogenform gebildet. Das heißt, die Stimme hebt sich bis Mitte des Satzes und senkt sich dann wieder. Danach kommt eine kleine Sprechpause. Dadurch wird die Wirkung des Gesagten verstärkt. Redner, die Ihre Sätze wie Girlanden aneinanderreihen, ohne die Stimme zu senken, wirken gehetzt und unsicher. Dem Publikum fehlt das erlösende Aussageende.

Übung 3

  1. Bereiten Sie einen kleinen Text vor (oder lesen Sie einen bekannten Text ab) und halten Sie dabei ein Stück Schaumstoff zwischen Ihren Händen.
  2. Drücken Sie den Schaumstoff synchron zum eigenen Sprechrhythmus zusammen.
  3. Jedesmal, wenn der Schaumstoff ganz zusammengedrückt ist, machen Sie eine Sprechpause und atmen unhörbar nach.
  4. Diese Übung soll dabei helfen, sich die Luft sinnvoll einzuteilen und zu einem eigenen Sprechrhythmus zu finden.

Die richtige Atemtechnik

Jeder weiß, dass Nervosität, Lampenfieber und Stress häufige Ursachen für eine wenig überzeugende Sprechweise sind. Wenn Sie vor Ihrer Rede bewusst ausatmen, kommen Sie schneller zu Ihrem persönlichen Sprechrhythmus und senken Ihre Nervosität. Beginnen Sie also zu sprechen, nachdem Sie ausgeatmet haben. Genauso wichtig ist es, tief zu atmen. Mit einer flachen Brustatmung ist es unmöglich, eine kräftige Stimme zu entwickeln. Versuchen Sie, in den Bauch zu atmen. Legen Sie dazu die Hände auf den Unterbauch und nehmen Sie bewusst wahr, wie sich der Bauch hebt und senkt.

Übung 4

  1. Stellen Sie sich hin und atmen Sie bewusst auf den Vokal A aus.
  2. Vermeiden Sie ein Pressen der Stimmbänder im Hals. Dieser A-Laut soll ganz natürlich aus dem Bauchraum herausfließen.
  3. Üben Sie das Ausstoßen der Konsonanten P, T, K und kontrollieren Sie mit den Händen auf dem Unterbauch, ob sich das Zwerchfell immer hebt und senkt. Üben Sie täglich 10 Minuten und beobachten Sie, ob ihre Stimme kräftiger wird.

Wer wirklich individuelle Stimmprobleme hat, dem hilft in den meisten Fällen ein professionelles Stimmtraining, sei es privat bei ausgebildeten Gesangs-/Schauspiellehrern oder an der Volkshochschule.

Und wie bei fast allen Dingen heißt es auch bei der Stimmbildung und beim Halten von Reden und Vorträgen: Übung macht den Meister. Sich einfach mal öfter dieser ungewohnten Situation aussetzen. Die eigene Persönlichkeit profitiert davon.

Autor seit 12 Jahren
104 Seiten
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