Schöner Ausblick und moderner Krieg - Review
"Zur Funktion des Alpinismus im Kontext des Ersten Weltkriegs in den Dolomiten, über Implementierung von Heldenbildern und im Spiegel einer romantisierenden kolllektiven Erinnerung", 2017Rückblick, Einblick
Im 18. Jahrhundert verlor durch verschiedene Entwicklungen der bis dahin gefürchtete Berg seinen Schrecken. Der Hochalpinismus ließ eine, sich als besonders draufgängerisch und männlich verstehende Schicht der Alpenliebhaber entstehen, die versuchten, die wilde Natur zu zähmen. Es entstanden in den Ländern untereinander verbundene Gruppen von Hochalpinisten, die Hütten entstehen ließen und bewirtschafteten sowie die Routen kannten, über die man diese erreichen konnte. Daneben galt es als einzigartiges Erlebnis, den Gipfel zu erklimmen, die Aussicht zu genießen und dies in Gipfelbüchern zu dokumentieren. Der Erholungsraum Berg wurde salonfähig, auch, weil er vom kränklichen Bürgertum plötzlich als Luftkur, als vielfältiger Wintersport für viele Städter erkannt wurde, die der Enge entflohen und sich in romantischer Art verbrüderten.
Österreichs Alpen (Bild: Samuel Schroth)
Grundlegendes touristisches Interesse entstand
Heute längst verwitternde Ausflugswarten wurden zum Treffpunkt für Verliebte und so manches Paar fand sich in den freizeitlichen Betätigungen. Doch die "heiligen Berge", entwickelten auch einen kultischen Alpinismus, der der Natur eine magisch-kultische Bedeutung zuschrieb. Ob nun die Städter aus der Zivilisation flohen, oder sich einem mystischen Erlebnis hingaben, es entstand eine frühe touristische Strömung, die im "Leistungsbergsteigen" seinen Höhepunkt fand, die eine fast todesverachtende Wettbewerbsvorstellung förderte: Höchsten Gipfel müssen erklommen werden. Das Todesrisiko wurde dem Ruhm, der mlt einer Erstbesteigung einherging, geopfert.
Gefahrenalpinismus
Eine "junge Bergsteigerelite" entstand, die auf alle Hilfsmittel und Sicherheitseinrichtungen verzichtete und sich einem "Rausch der Höhe" hingab, der ein ungehemmtes Ausleben der eigenen Natur zum Ziel hatte. Ein völlig neues Denken, voll mit Kühnheit und neuen Einstellungen, zog eine Riege von sich selbst an Gefahren und Risiken erprobenden Gesellschaft in die "Intimität der Berge".
"Rotglühend lohte in meinem Busen die Sehnsucht nach alpiner Tat, unlöschbar der Durst nach Abenteuer und Todesgefahr. Ich war entschlossen, das Höchste zu wagen, mein Leben wieder und wieder auf des Messers Schneide zu setzen. […] Nichts mehr ließen wir gelten als das ungehemmte Ausleben der starken Persönlichkeit nach den innersten Gesetzen ihrer eigenen Natur.", heißt es in den Alpinen Quergängen.
Schroff und karg. Wenig einladend. Felswände. (Bild: pixlr.com)
Selbsterziehung des Charakters und ethnische Abgrenzung
Die "Heilanstalt Berg" als Kurgelände für Geist und Persönlichkeit war ein damals neuer Gedanke, der schnell Anhänger fand. Sich selbst durch das Überwinden von Trägheit, durch gezieltes Training verbessern, fand den Weg in die Alpin-Vereine, die eine "Volksveredelung" in ihrem Tun sah.
Doch dann wurde der Verein von den Krieg anstrebenden Strömungen in eine Landschaft an Vereinen integriert. Die Hütten und die Infrastruktur wurde von den Vertretern der "großdeutschen" Gedanken vereinnahmt, die die Wege und Hütten, die als Schutzhütten errichtet worden waren, mit alldeutschen Symbolen verzierten. Es folgte eine Abgrenzung zu fremdsprachigen Alpinverbänden, etwa gegenüber den italienischen Verbänden. Gleichzeitig wurde eine bestimmte Sprache gefördert und eine "inneralpinistische Harmonie" gebündelt, die sich auch in der Möglichkeit mehrere Mitgliedschaften in verschieden Sektionen zu lösen, bestand, was zu einem Multifunktionärismus führte. Damit einher ging die Frauenausgrenzung und aufkeimender Antisemitismus.
Es folgte eine Militarisierung des Sprachgebrauchs und eine gewisse Aggression, die die Ersteigung der Berge mit der mitunter aggressiven "Bändigung des Weibes" gleichsetzte. Die Wege wurden "militarisiert", Versorgung verlegt, um die Anrainer nicht zu provozieren. Und so, die eroberte Natur, der Erholungsraum der städtischen Bürgerinnen und Bürger und dem aufkeimenden Spaß-orientierten Breitensport wieder entzogen. Es folgte der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie.
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Bildquelle:
Pixlr.com/Michal Lis
(Nostalgie nach Veränderung – Eine Rezension)
johannes flörsch
(So findest du die Sternschnuppen der Perseiden)