Die Filmszene zu diesem Gedicht

Dieses Gedicht, um das es hier geht, erschien in einer Folge der TV-Serie 'Desperate Houswives'. Die Szene ist sehr skurril und könnte aus der Feder eines Menschen mit sehr viel britischem Humor stammen - aber sie ist auch emotional, denn es geht eben (in dieser Fernsehserie) um den Abschied von einer lebensl.angen Freundin. Dieser soll würdevoll und nach den Wünschen der Verstorbenen erfolgen. Deshalb riskieren Lynette Scarbo und Mrs. McClusky eine ganze Menge ...

Als in der Serie Desperates Housewives eine ihrer älteren und besten Freundinnen aus der Nachbarschaft bei einem Hurricane verstirbt, gibt es einen skurrilen Streit um deren Asche und die Beerdigung. Der Drahtseilakt zwischen Klamauk-Szenen sowie Ernsthaftigkeit und Trauer ist den Produzenten der Serie ziemlich gut gelungen.

Die Verwandten der Verstorbenen wollen nämlich nur die Wertsachen und das Geld sowie die Urne mit der Asche der Verstorbenen schnell einpacken und verschwinden. Doch da haben sie die Rechnung ohne Karen Mac Cluskey und ihre Freundinnen gemacht, die andere Pläne haben. Ganz besonders hilft ihr Lynette Scavo, dargestellt von Felicity Huffman. Diese Geschehnisse mit der Urne der Verstorbenen führen zu der Filmszene, in welcher das besagte Gedicht 'Steh' nicht an meinem Grab und weine ...' von der Schauspielerin Kathryn Joosten aufgesagt wird. Eine sehr berührende Szene - trotz des Chaos'.

Wie eingangs beschrieben wollen die Verwandten der Verstorbenen die wertvollen Dinge schnell aus dem Haus ausräumen und dann mit der Urne wieder abreisen. Was mit dem Haus und dem restlichen Hausrat geschieht, interessiert die jungen Verwandten nicht.

Doch die Nachbarin und Freundin der Verstorbenen, Mrs. Karen Mac Cluskey (dargestellt von Kathryn Joosten), möchte der Verstorbenen deren letzten Wunsch erfüllen und die Asche dorthin bringen, wo die Verstorbene am liebsten war.

Mit der Hilfe ihrer jungen Nachbarin, Lynette Scavo (dargestellt von Felicity Huffman), versucht sie nun also an die Urne der Verstorbenen zu kommen - welche die Verwandten bereits im Auto verstaut haben. Es endet damit, dass die Verwandten bei ihrer eiligen Suche nach Wertsachen, die möglichst schnell in ihrem Kombi landen, geschickt abgelenkt werden. Während diese weiter im Haus nach Wertsachen suchen, wird derweil die Asche der Verstorbenen von Lynette aus der Urne in einen Gefrierbeutel schüttet und schnell gegen Staubsaugerinhalt ausgetauscht. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Urne mit den Verwandten auf deren Heimreise geht, die Asche der Verstorbenen aber nicht ...

Nachdem diese unerfreuliche Begegnung mit den Verwandten vorbei ist, da diese endlich abreisen, fragt Lynette ihre Freundin Karen, wohin sie nun mit der Asche will, die sich jetzt eben in einem Gefrierbeutel befindet. Das ist schon skurril und man fragt sich: Wozu dieser Aufwand?

Wie die Zuschauer in dieser Episode zuvor erfuhren, erzählte Karen ihrer Freundin Lynette einige Dinge über die lange Freundschaft mit der Verstorbenen. So hat die Verstorbene in ihrer Jugend gern Baseball gespielt und wäre gern Baseballprofi geworden, was für Frauen nicht möglich war. Dennoch hat sie auch als Erwachsene viel Zeit in Baseballstadien verbracht - sowohl als Zuschauerin als auch zum gelegentlichen Werfen von Bällen - also eine lebenslange Leidenschaft.

Darum fahren die beiden Frauen, Lynette und Karen, genau zu jenem Baseballplatz, müssen leider in das Stadion einbrechen und ... die Polizei sieht dies. Dennoch rennen die Frauen schnell mitten auf das Feld, um die Asche zu verstreuen. Es wird eine hektische, rennende Flucht vor der Polizei, die ihnen bis auf das Spielfeld folgt. Man erwartet, dass sie geschnappt werden. Doch sie finden einen kleinen, stillen Moment und können trotz aller Hektik stehenbleiben, den Beutel öffnen und die Asche verstreuen. In diesem plötzlichen Moment der Stille verharren Karen und Lynette und schauen der kleinen Aschewolke hinterher, die über den Rasen weht. Die Polizeigeräusche werden hier komplett ausgeblendet. So nutzt Karen die Stille, um ihrer Freundin die letzte Ehre zu erweisen und zitiert ein Gedicht, um das es hier geht:

"Do not stand at my grave and weep,

I am not there, I do not sleep.

I am in a thousand winds that blow,

I am the diamond glints of snow.

I am the sunlight in ripen grain.

I am the gentle autumn's rain.

Do not stand at my grave and cry,

I am not there. I did not die."

Hier die deutsche Übersetzung:

"Steh nicht weindend auf meinem Grab,

ich liege nicht dort im tiefen Schlaf.

Ich bin der Wind über tosender See,

ich bin der Schimmer auf frischem Schnee,

ich bin das Sonnenlicht auf reifem Feld,

ich bin der Regen, der vom Himmel fällt.

Weine nicht an meinem Grab, denn ich bin nicht dort,

ich bin nicht tot, ich bin nicht fort."

Die Filmszene endet, wenn ich mich richtig erinnere, damit, dass im Stadion die Scheinwerfer angehen und die beiden Damen schließlich doch kurzzeitig in Gewahrsam genommen werden. Ob und wenn ja welche Konsequenzen das für Lynette und Karen hat, wird in dieser Folge leider nicht deutlich ..., aber ich wurde neugierig und habe deshalb weiter recherchiert, denn es ist ziemlich mystisch wie all diese Frauen (die Schauspielerinnen und die Gedicht-Autorin sowie deren Freundin) mit diesem Gedicht verbunden sind, ...

Dieses anrührende Gedicht, bei dem jedem Zuschauer der TV-Serie irgendwie die Tränen in die Augen schießen, hat nämlich eine eigene Geschichte. Es wurde spontan verfasst, doch lest selbst:

 

Das Original dieses Gedichts

Als ich diese Szene sah wurde ich neugierig. Es war mir sofort klar, dass dieses Gedicht nicht aus der Feder der Drehbuchautoren stammt. Nun bin ich Autorin und als solche recherchiere ich gern - und finde so ziemlich alles heraus, was ich wissen möchte. Hier mein Ergebnis zu dem Gedicht: Die Drehbuchautoren der Serie haben das Gedicht wie oben zu lesen, verfasst und dabei das Original etwas abgewandelt, es modernisiert. Ich brauchte eine Weile, bis ich das Original und seine Verfasserin gefunden hatte. Wie das Leben so spielt, hat auch die Entstehung des Gedichts eine eigene Geschichte und es hat - wie in der Serie - mit einer Freundschaft zu tun:

Mary Elizabeth Frye, die Verfasserin des Originals, ist nämlich eigentlich keine amerikanische Dichterin oder Schriftstellerin. Sie war Gärtnerin und hat 1932 ein wunderschönes Gedicht verfasst. Das geschah schnell und fast wie nebenbei, sodass sie es auf einer dieser braunen Einkaufstüten aus Papier, die wir auch aus den US-amerikanischen TV-Serien kennen, niedergeschrieb und nicht erst Papier holte.

Inspiriert wurde sie durch ihre deutschstämmige Freundin, Margarete (Margaret) Schwarzkopf, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, aus Europa geflüchtet war. Da die Mutter von Margarete in Deutschland starb und Margarete wegen der politischen Situation nicht zurück konnte und deshalb keine Möglichkeit hatte Abschied zu nehmen, vertraute sie ihren Schmerz ihrer Freundin Mary Elizabeth mit den Worten: "I could never stand by my mother's grave and shed a tear" (frei übersetzt: "Ich konnte nie das Grab meiner Mutter besuchen und um sie weinen") an. 

Mary Elizabeth Frye verstand sie und litt mit ihrer Freundin und kreierte - inspiriert durch deren Worte - im Jahre 1932 das folgende Gedicht, das erst heute zu weltweiter Berühmtheit gekommen ist und seit einem anderen Tag noch einmal umso mehr. Wie sehr all diese Frauen doch miteinander verbunden zu sein scheinen...

Hier das Originalgedicht, also die allererste Version:

Do not stand at my grave and weep,

I am not there; I do not sleep.

I am a thousand winds that blow,

I am the diamond glints on snow,

I am the sun on ripened grain,

I am the gentle autumn rain.

When you awaken in the morning's hush

I am the swift uplifting rush

Of quiet birds in circling flight.

I am the soft star-shine at night.

Do not stand at my grave and cry,

I am not there; I did not die.

Wir können nur vermuten, dass dieses liebevolle, trostspendende Gedicht das Band der Freundschaft der beiden verstärkt hat. Diese 12 Zeilen haben zudem Mary Elizabeth in den gesamten U.S.A. berühmt gemacht. Dieses Gedicht kennt nahezu jeder US-Amerikaner - und nach dem Erfolg der TV-Serie Desperate Housewives wohl auch viele Frauen weltweit. Doch das ist noch nicht alles:

Die US-amerkanische Schauspielerin Kathryn Joosten wurde hierzulande erst durch die erfolgreiche TV-Serie 'Desperate Housewives' bekannt. Das ist traurig, denn dies war ihre letzte Rolle ...

Sie war eine großartige Schauspielerin und hatte offensichtlich jede Menge Humor, denn Kathryn Joosten spielte die Rolle der Mrs. McClusky unglaublich komisch. Lest hier wie die Geschichte dieses Gedichts über die Serie auch das Leben der Schauspielerin Kathryn Joosten berührte. Traurig, aber wahr - und unglaublich schön sind diese Verbindungen oder Parallelen wie ich finde.

Die Parallen vom echten Leben zum Gedicht und 100 Jahre später zurück zum echten Leben

Mary Elizabeth Frye wurde am 13. November 1905 im US-amerikanischen Dayton, Ohio, geboren und sie lebte bis zum 15. September 2004. Sie wuchs in einem Waisenheim auf. Vielleicht konnte sie deshalb Margaretes Gefühle für ihre verstorbene Mutter so gut nachfühlen. Wie lange die Freundschaft dieser beiden Frauen dauerte, ist nicht überliefert.

Doch das war noch nicht alles, denn die verbindenden Elemente waren zunächst die Realität in den Lebensläufen von Mary Elizabeth und Margarete und wurden in diesem Gedicht verewigt.

Jenes Gedicht wurde in der TV-Serie 'Desperate Houswives' für den Abschied einer Freundin weltweit bekannt. Das alles ist bereits viel, allerdings immer noch nicht alles, denn: Die Filmszene verbindet die Schauspielerin Kathryn Joosten mit ihrer eigenen Realität.

Das traurige Ende in der Serie und die Realität der Schauspielerin

Das Gedicht wurde in einer relativ frühen Folge verwendet, doch: Schließlich findet nicht nur die Serie 'Desperate Housewives' ein trauriges Ende, sondern auch das Leben von Kathryn Joosten hatte ein herzzerreißendes Ende. Irgendwie scheint das Schicksal gewollt zu haben, das Leben der Schauspielerin Kathryn Joosten, die jene Karen Mac Cluskey darstellte, mit diesem Gedicht zu verbinden, denn: Die Krankheit, die ihre Serienfigur hatte, war auch Kathryn's Krankheit im wirklichen Leben. Mrs Mac Cluskey litt an Krebs und verstarb in der Serie. Ein würdiges Ende für die Serie folgte fast direkt nach dem Tode der Karen Mac Cluskey. Nur wenige Monate später verstarb auch die wundervolle Schauspielerin Kathryn Joosten im echten Leben.

Wie sehr werden sich ihre Kollegen und Kolleginnen, insbesondere Felicity Huffman, wohl an die Szene mit diesem Gedicht erinnert haben? Da die Film-Kollegen aber alle von der Krankheit wussten, kann genau dies natürlich auch wieder das Kalkül der U.S.- Filmemacher gewesen sein.

Wir sollen denken, dass all diese Parallelen Zufall sind. Emotionen garantieren Einschaltquoten. Dabei wurden einfach die Drehbücher ans wahre Leben angeglichen. Ja, so sind die US-Amerikaner. Aus allem wird möglichst viel Profit geschlagen. Allerdings war es ganz sicher auch für die Darstellerin Kathryn ein Vorteil, dass ihre Krankheit in die Serie übernommen wurde. So konnte sie, wenigstens so lange wie ihr Körper und ihr Geist es aushielten, weiterhin arbeiten, sich gebraucht fühlen - und nicht zuletzt viel Geld verdienen.

Wunderschön ist das Gedicht so oder so. Aber Kathryn Joostens Tod ist für die Filmindustrie ein großer Verlust. Möge sie in Frieden ruhen, ich freue mich immer wieder, wenn ich sie in älteren Filmen als junge Schauspielerin in einer Nebenrolle entdecke - oder wenn die Serie 'Desperate Housewives' wiederholt wird.

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