Der Tanz in den Mai wird vorbereitet - noch ein Tag

Für den Tanz in den Mai wird der eingelagerte Tanzboden hervorgeholt und auf den Festplatz gewuchtet, die Bretter werden zusammengefügt und das Geländer angeschlagen. Fast alle Männer des Dorfes packen mit an, Ehrensache! Der Rest steht drum herum und berät. Schon während des Aufbaus und erst recht nach gelungener Fertigstellung trinken alle Anwesenden vom diesjährigen Maibock. Zwei Spaßvögel stampfen auf dem Bretterboden in einer Weise herum, die entfernt an den Schuhplattler erinnert. Um die Stabilität der Tanzfläche zu prüfen, sagen sie.

Eine Abordnung fährt mit dem größten Traktor und angehängtem Kipper zum Holzholen für das Maifeuer. In diesem Jahr hat man mit dem Schirmherrn des Festes einen Sponsor für abgelagertes Holz gewinnen können. Das war ja gar nichts mit dem Feuer im vergangenen Jahr, wollt doch reineweg nicht brennen, der Mist, erst als einer den mit Petroleum getränkten Reifen untergeschoben hat, ging es so lala, aber gequalmt hat's grauslich!

Am gerade errichteten Tanzboden wird es langsam gemütlich - einer hat noch einen Kasten Bier gebracht - da ertönt das Kommando zum Maibaumfällen, aber Rucki Zucki jetzt, man will schließlich heute noch fertig werden. Die Truppe trollt sich Richtung Wald. Dort stehen schon ein Rückefahrzeug und ein riesiger Holztransporter bereit, der heute nur den einen hoch gewachsenen Fichtenstamm nach Hause bringen soll. Auch hier hat der Schirmherr ausgeholfen. Der Maibaum, schon Tage zuvor sorgfältig ausgesucht, wird geschlagen, d. h. eigentlich wird er mit einer Motorsäge gefällt, entastet und zum Tanzboden als Zentrum der Maifeierlichkeiten transportiert.

Eine Gruppe Jugendlicher bewacht von nun an den Stamm vor räuberischen Übergriffen anderer Jugendlicher aus den Nachbargemeinden. Noch niemals haben welche den Wölbingern den Stamm gestohlen. Darauf ist man stolz. Eigene Versuche bei fremden Maibäumen sind aber auch immer fehlgeschlagen. Darüber breitet man sich nicht aus.

Der Tanz in den Mai ist im vollen Gange - noch zwei Stunden bis Mitternacht

Der Mai ist fast da - noch zwei Stunden
 Das Wetter ist prächtig. Laue Frühlingsnacht. Alles läuft wie geschmiert. Da steht der mit Kränzen und Bändern geschmückte Maibaum, der schönste jemals. Der Schirmherr hat eine erstklassige Ansprache gehalten, tip top. Reden kann der, soviel steht fest. Dieses Jahr ist eine 4-Mann-Tanzkapelle engagiert worden, da sich der Alleinunterhalter der letzten Jahre aufs Altenteil zurückgezogen hat. Eine "Band" ist es aber nicht mit so einer modernen Jaul- und Kreisch-Musik, wo man nix versteht, ist schon eine richtige Musikkapelle, die schmissig daher spielt.

Bildnachweis:Rainer Sturm/pixelio

Weil es so schmissig ist, hat's auch schon einen durchs Geländer des Tanzbodens gehauen, und die Sanitäter sind herbei geeilt. War aber nicht so schlimm.

Die Trachtengruppe ist bereits aufgetreten und hat einen Ländler hingelegt. Aber sauber getanzt, da kann man sich eine Scheibe abschneiden!

 Etwas beiseite lodert das riesige Walpurgisfeuer. Ist gut angegangen heuer. Soll auch vorerst nicht ausgehen, von einem Vorratsstapel aus wird ständig nachgelegt. Dafür ist die Freiwillige Feuerwehr zuständig. Die Hitze ist enorm, aber alles unter professioneller Kontrolle. Leider hat die Freiwillige Feuerwehr ausgerechnet hier den Maibowle-Stand aufgebaut und schafft es nicht, den Maitrank kühl zu halten. Die warme Waldmeisterbrühe (hausgemacht - versteht sich!) fließt trotzdem in Strömen. Im Getränkepavillon versuchen 5 Helfer die Kehlen der in umlagernder Doppelreihe geduldig Wartenden zu netzen. An Grill und Friteuse wartet eine schweißgebadete und erschöpfte Mannschaft auf ihre Ablösung.
Der Mai ist fast da - noch zwei Stunden

Bildnachweis:Felix-J.-Frobel/pixelio

Es stehlen sich ein paar Junge von der Tanzfläche und heraus aus dem Gewimmel, um den traditionellen Hexennacht-Unfug zu treiben: Gartentürchen aushängen, Blumenkübel verschleppen, alles, was nicht gesichert wurde, wegtragen. Die Alten sehen es gelassen, haben Vorsorge getroffen, denken sie. Aber es gibt immer einige, die am nächsten Tag ihren Krempel irgendwo im Dorf zusammensuchen müssen. Schließlich ist Walpurgisnacht. Wär ja noch schöner.

Der Maitanz strebt seinem Höhepunkt zu

Tusch - Mitternacht. Das Orchester intoniert "Der Mai ist gekommen", alle singen mit, freudig und sehr laut. Die Bäume schlagen mehrfach aus, da außer der ersten Strophe der Text gerade nicht präsent ist.

Dann wird der Schirmherr nochmals auf die Bühne gebeten, um gemeinsam mit dem Bürgermeister die Wahl der Maikönigin zu leiten. Fünf schöne Kandidatinnen, die sich im Laufe des frühen Abends zur Teilnahme entschlossen haben, trippeln auf. Applaus und Gejohle. Die Schönste soll es werden.
Rosenstrauß

Es fliegen Birkenzweige aus der Bühnendekoration vor die Füße der Damen. Die lächeln und verschränken die Hände. Die Festbesucher haben ihre Stimmzettel bereits vorhin in einen Hut geworfen und beobachten nun, wie Schirmherr, Bürgermeister und zwei Wahlhelfer vom Brauchtumsverein auszählen. Auf zwei Madel entfällt die gleiche Stimmenzahl. Großes Geschrei im Publikum, drei der Damen gehen von der Bühne, zwischen den verbliebenen soll der Münzwurf entscheiden.

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Kopf oder Zahl? fragt der Bürgermeister, während der Schirmherr aber schon die Münze auf seinem Handrücken aufdeckt, bevor noch eine Kandidatin etwas sagen kann. Entschuldigung. Nochmal. Diesmal geht alles vorschriftsmäßig. Der Siegerin wird eine grüne Krone aufs Haupt gesetzt, die sie mit einer Hand festhalten muss. Mit der anderen nimmt sie einen bombastischen Rosenstrauß entgegen, da lassen wir uns nicht lumpen.

Alle gehen ab. Die Musik setzt ein, und wieder drehen sich unermüdliche Tänzer, saufen unermüdliche Zecher am immer noch gut besuchten Pavillon, werden die letzten Bratwürste mit Semmeln gegessen.

Während die Trachtengruppe ihren zweiten Auftritt hat, gibt es am Feuer Gerangel, schließlich eine kleine Keilerei. Niemand weiß, worum es geht, ist auch egal. Der Wehrführer bringt die Streithähne relativ schnell auseinander. Er droht glaubhaft mit dem Einsatz der Spritze. Spielverderber.

Veronika, der Lenz ist da / Comedian Harmonists
Now is the month of maying / Madrigal von Thomas Morley (1557-1602)

Es ist zwei Uhr. Die Gästezahl ist deutlich geringer geworden. An einem Bierzelttisch haben sie das Kümmerlingsaufen angefangen und drapieren die Fläschchen zum Kreis. Lautstark verkünden sie, der harte Kern zu sein. Die Bank kippt mit dem letzten um, als die anderen sich erheben. Alles ist, wie es sein muss.

Die meisten der wackeren Wölbinger werden am nächsten Tag in aller Frühe zu einer Maiwanderung oder -kundgebung aufbrechen. Wie sie das schaffen nach einer so exzessiven Teilnahme am Maientanz, bleibt ihr Geheimnis.

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