Verführerisches Angebot

Möchten Sie gerne billig telefonieren? Und dazu noch günstig ins Internet?

Dann nichts wie los! Am besten, Sie verlassen sich einfach auf die Zusagen der Anbieter, ohne viel nachzudenken! Die werden schon wissen, was zu tun ist, damit Sie als Verbraucher einen tollen, preiswerten und gut funktionierenden DSL-Anschluss bekommen! Und sollte doch mal etwas nicht funktionieren, natürlich völlig wider Erwarten, dann ist jederzeit ein kompetenter Kundenservice zur Verfügung! So oder ähnlich versuchen die Marketing-Strategen von diversen Telekommunikationsanbietern den Verbrauchern ihre Leistungen anzubieten. Einige Wochen vor einem geplanten Umzug bin ich auf ein solches Angebot eingegangen.

 

Komplettanschluss: Telefon und Internet mit DSL

Technisches Verständnis gehört nicht unbedingt zu meinen Stärken. Wir hatten bis dahin auch noch nie einen DSL- Anschluss. Weder bei der Telekom, wo wir bisher immer Kunde mit einem herkömlichenTelefonanschluss waren, noch von einem anderen Telefon- oder Internetanbieter. Meine Frau und ich hatten also überhaupt keine Ahnung von DSL.

Da die Fernsehwerbung des Telekommunikationsanbieters Tele2 vorgab, einen preiswerten und schnellen DSL-Zugang einrichten zu können, habe ich mich für einen solchen Anschluss bei Tele2 entschieden. Der Telefon- und Internet-Komplettanschluss von Tele2 sollte nur 19,90 Euro im Monat kosten.

Auftragserteilung für einen DSL-Anschluss bei Tele2

Bei der telefonischen Bestellung bei Tele2 (kostenlose Rufnummer) erfuhr ich, dass das Einrichten des Anschlusses allerdings einige Wochen dauern würde. Der Termin zur Freischaltung sollte der 13.09.2007 sein. Tele2 brauchte also etwa 6 Wochen Zeit, den Telefon- und Internetzugang einzurichten. Immerhin wären die ersten 3 Monate gratis, bei einer vorläufigen Vertragslaufzeit von 6 Monaten. Ich war bereit, diesen Nachteil in Kauf zu nehmen und in der Zeit ohne Festnetzanschluss mit Handy zu telefonieren. Die erforderliche Hardware wurde schon bald mit der Post zugeschickt. Die Gebrauchsanweisung war gut verständlich.

Keine Freischaltung – was nun?

Eine Freischaltung seitens Tele2 erfolgte allerdings nicht zum 13.09.2007, dem vereinbarten Datum. Somit war ich gezwungen, mit meinem Handy bei der teuren Kundenhotline von Tele2 anzurufen. Für 0,99€ pro Minute (nur die Bestellhotline war eine kostenfreie Nummer). Entweder wurde ich minutenlang in der Warteschleife mit Musikberieselung vertröstet, oder ich bin erst gar nicht durchgekommen. Sofern überhaupt Tele2-Kundenberater zu erreichen waren, waren diese offensichtlich total überfordert. Und auch nicht gerade höflich am Telefon. Eine Auskunft, warum der Anschluss nicht zustande gekommen ist, habe ich von den Beratern niemals bekommen. Ich müsste eben noch warten, hieß es.

Nach dem ich am 18.09.2007 zum inzwischen 15. Mal  bei Tele2 mit Handy angerufen hatte und wieder nicht durchgekommen bin, war meine Geduld endgültig zu Ende. An diesem Tag erklärte ich gegenüber Tele2 schriftlich meinen Rücktritt vom Vertrag. Als Grund für meinen Vertragsrücktritt gab ich an: Nichterfüllung des Vertrags seitens Tele2. Meine Mobiltelefon-Rechnung lag in diesen 8 Wochen ohne Festnetz bei ca. 300€!!!

Die von Tele2 zugesandte Hardware habe ich kostenfrei an eine Retouren-Adresse zurückgesandt, mit einem Begleitschreiben, dass ich von dem Vertrag zurücktrete. Eine weitere schriftliche Kündigung habe ich an die Hauptgeschäftsstelle von Tele2 gesandt. So weit, so gut!

Wieder zurück zur Telekom und Rücksendung der Tele2-Hardware

Am Tag meines Vertragsrücktritts bei Tele2 habe ich mich dann zu einem DSL-Anschluss bei der Telekom entschlossen. Nach 3 Tagen waren Telefon- und Internetanschluss von der Telekom eingerichtet. Für 34,95 Euro im Monat (ohne Sonderruf-Nummern und Anrufe von Festnetz zu Mobiltelefon). In der Annahme, dass der Fall somit erledigt wäre, freute ich mich sehr, endlich wieder vom Festnetz zu telefonieren und auch einen schnellen Internet-Anschluss nutzen zu können.

Tele2 ignoriert meinen Vertragsrücktritt

Im Dezember 2007 stellte ich allerdings fest, dass Tele2 von meinem Girokonto einen Betrag von etwa 20 Euro abgebucht hatte. Dies war möglich, da ich bei Vertragsabschluss Tele2 eine Abbuchungsermächtigung erteilen musste. Diesen Betrag konnte ich aber problemlos zurückbuchen, da ich auf die Abbuchung innerhalb von 6 Wochen aufmerksam wurde. Daraufhin habe ich Tele2 per Fax nochmals mitgeteilt, dass ich kein Kunde bei ihnen bin, da ich vom Vertrag zurückgetreten und jetzt Telekom-Kunde bin.

Doch nächsten Monat passierte das gleiche: Tele2 buchte einen Betrag von etwa 20 Euro von meinem Girokonto ab – ich stornierte die Abbuchung und schrieb nochmal ein Beschwerdefax. Diesmal bekam ich von Tele2 zur Antwort, dass ich nicht zum Vertragsrücktritt berechtigt bin und sämtliche Rechnungen bezahlen müsste. Die Dame von Tele2, die den Brief verfasst hatte, meinte abschließend, ich könnte aber eine weitere Kündigung schreiben. Diese hätte dann zur Folge, dass ich nach 6 Monaten Laufzeit aus dem Vertrag aussteigen könnte.

Ich habe also eine weitere Kündigung geschrieben, in der ich auch nochmals darauf hingewiesen habe, dass ich bereits längst gekündigt hätte und dass Tele2 meine Kündigung permanent ignoriert.

Mahnungen, Schreiben von einem Inkassounternehmen, Schreiben von Anwälten

Inzwischen hatte ich damit gerechnet: Tele2 versuchte weitere Abbuchungen, ich stornierte die Abbuchungen innerhalb von 6 Wochen und erhielt darauf immer eine Mahnung. Nach 6 Monaten (die Zeit, die der Vertrag zunächst gedauert hätte) wurden die Abbuchungen von meinem Konto zwar eingestellt, ich erhielt erneut ein Schreiben, dass ich einen Gesamtbetrag von 150,72 Euro zu zahlen hätte.

Als nächstes kam ein Schreiben von einem Inkassounternehmen. Die Rechnungen müsste ich bezahlen und außerdem noch die Kosten für das Inkassoverfahren. Insgesamt sollten es angeblich 205,52 Euro sein (inklusive Zinsen).

Ich habe nicht bezahlt und bekam als nächstes einen Brief von einer Anwaltskanzlei. Auch hier wurde ich aufgefordert, die Rechnungen zu bezahlen, außerdem die Kosten für das Inkassounternehmen und natürlich noch die Kosten für die Anwälte.

An dieser Stelle könnte man durchaus etwas nervös werden, so umzingelt von Anwälten und Geldeintreibern. Der Betrag, den ich inzwischen angeblich zu zahlen hätte, summierte sich inzwischen auf 356,72 Euro.

Und nun ein Schreiben vom Amtsgericht

Gleich vorweg: Es ist kein Grund zur Panik, sollten Sie jemals ein Schreiben von einem Amtsgericht bekommen. Das einzige, was Sie hier tun müssen, ist darauf zu reagieren. Und zwar, indem Sie einen Vordruck ausfüllen und auf diesem ankreuzen, dass Sie die Absicht haben, sich gegen die Anklage zu verteidigen. Im Schreiben vom Amtsgericht ist auch alles genau erklärt, was man zu tun hat. Und das Amtsgericht ist unvoreingenommen und unparteiisch, anders als Inkassounternehmen und Anwälte. Auf Schreiben von diesen brauchen Sie auch nicht zu reagieren. Ich habe also den Vordruck vom Gericht ausgefüllt und wieder zurückgeschickt.

Ein Rechtsbeistand zur Sicherheit

Nach wie vor war ich der Meinung, dass ich im Recht bin mit meiner Kündigung wegen Nichterfüllung des Vertrags. Aber habe ich nicht vielleicht doch etwas falsch gemacht? Und werde womöglich doch zur Zahlung verurteilt?

Zur Sicherheit entschloss ich mich, eine Rechtsanwältin einzuschalten. Die junge Dame, Spezialgebiet Vertragsrecht, war nach Durchsicht der Unterlagen und meiner Darlegung der Tele2-Geschichte der Meinung, dass ich im Recht wäre und erklärte sich bereit, den Fall zu übernehmen. Zur Erinnerung: Eine Angelegenheit aus dem Jahr 2007 sollte erst im Jahr 2012 vor Gericht kommen.

Der Gerichtstermin fiel aus

Kurz und gut: Zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht kam es nicht, da die Anwälte von Tele2 die Klage genau 2 Tage vor dem Gerichtstermin zurückgenommen hatten. (Nach dem Motto, vielleicht ist der Angeklagte doch noch so blöd und zahlt im letzten Moment.) Offensichtlich haben die Tele2- Anwälte erkennen müssen, dass für sie nichts zu holen ist, außer einer Blamage vor Gericht. Das Honorar für meine Anwältin werde ich zurückerstattet bekommen, da Tele2 nun sämtliche Kosten, auch die für meine Anwältin, übernehmen muss.

Schlussempfehlungen

Wie lange wird die Einrichtung des neuen Zugangs dauern? Kündigen Sie Ihren alten Telefonanschluss nicht zu schnell!

Wie ist die vertragliche Laufzeit für den neuen Anschluss? Wie ist Ihre Kündigungsfrist für Ihren alten Anschluss?

Wie ist die Kündigungsfrist für den neuen Anschluss, falls Sie nicht zufrieden sind?

Hat der Anbieter eine kostenpflichtige Service-Hotline? (Nicht die Bestell-Hotline, die ist meistens umsonst!)

Ist die Service-Hotline gut erreichbar?

Sollte es schon bei Ihren ersten Anfragen Ungereimtheiten geben, dann seien Sie lieber vorsichtig! Prüfen Sie noch weitere Angebote!

Statt unnötig viel in Werbung zu investieren, sollte Tele2 die Mitarbeiter lieber richtig schulen. Kundenzufriedenheit spricht sich herum und ist immer noch die beste Werbung. Außerdem empfehle ich der Firma Tele2, die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" nicht in hellgrauer Farbe zu drucken, sondern gut lesbar in schwarz.

Vielleicht ist dieser Artikel ja etwas hilfreich für manche Leserinnen und Leser, denn so eine Erfahrung muss man nicht unbedingt machen...

Eine wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Wenn der Internet-Anschluss ausfällt, haben Verbraucher sogar grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Im Januar 2013 gab der Bundesgerichtshof einem Kläger recht, der über einen mehrwöchigen Ausfall gegen den Anbieter 1&1 geklagt hatte. Schadenersatz können Verbraucher insbesondere geltend machen, wenn ihre Lebensqualität durch den Ausfall massiv beeinträchtigt ist. Der Kläger hatte sogar von 1&1 ein Prepaid-Handy und die Kosten für den Wechsel zu einem anderen Anbieter erstattet bekommen, und kann außerdem noch einen weiteren Schadenersatz geltend machen.

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