Vermisst und abgängig
Strategien des österreichischen Bundesministers: Mehr Erfassung, weniger Aufklärung?KAP, EKIS und SIS
Seit 2013 gibt es das Kompetenzzentrum für abgängige Personen am Bundeskriminalamt, das sich mit Abgängigen und ihren Angehörigen befasst. Entgegen der verbreiteten Meinung, kann man eine Vermisstenanzeige sofort aufgeben, nicht erst nach 24 Stunden oder einer bestimmten Frist. Gerade bei Kindern wird die Abgängigkeit oft sehr schnell erkannt, wobei es meist Betreuungseinrichtungen sind, aus denen diese abgängig werden. Bei Erwachsenen fällt die Absenz oft erst später auf, was dazu führt, dass oft wertvolle Tage und Wochen verstreichen, ehe die Polizeibehörde aktiv werden kann. Gerade bei alleinstehenden Personen, ist dies oftmals der Fall. Wenn aber eine Anzeige eingeht, wird europaweit gefahndet, denn die Anzeige wird in das "EKIS" genannte Informationssystem aufgenommen und damit ist auch das "SIS", das Schengen-Informationssystem der Europäischen Union miteinbezogen.
Rasche Anzeigen bringen rasche Ergebnisse - meistens
Die meisten Fälle werden rasch nach der Anzeige gelöst, denn die Abgängigkeitsmeldung aktiviert bestimmte Suchvorgänge, etwa Routinekontrollen im Verkehr. Manchmal – aber immer seltener – wird via TV, Print und Agentur gesucht. Als bedeutendstes Format kann hier "Aktenzeichen XY ungelöst" genannt werden, das jahrelang gute Dienste erwies, da es die Bevölkerung aktiv um Mithilfe bei der Aufklärung ersuchte. Allerdings ist diese Art der Fahndung recht aufwendig. So wurden in letzter Zeit verstärkt neue Wege beschritten – etwa jener der Fahndung per "Infoscreen" in den öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch der Sozialen Medien oder der Handypeilung. Gerade jene Personen, die absichtlich untertauchen, unterschätzen diesen Bereich noch, der einer massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt und mitunter noch Thema der Medien werden wird, denn es sind in diesen Fällen Anordnungen der Staatsanwaltschaft erforderlich, für die es Basisdaten braucht, deren Beschaffung und Quellen mitunter fragwürdig sind.
Seit den 60er Jahren wird in den Akten des Bundesministeriums auch eine hohe Zahl von "ungelösten Fällen" verwaltet, die rund 660 Personen (2018) umfasst. Dies sind in erster Linie alte Fälle von vermissten Personen, die bis heute nicht gefunden wurden. Nebenbei befasst sich das KAP auch mit Mehrfachabgängigkeiten, wenn mehrere Personen und Institutionen eine Person vermisst melden. Rund 7.000 Kinder wurden in Betreuungseinrichtungen zu "Abgängigen". Oftmals werden auch hier Mehrfachabgängigkeiten identifiziert, die vom Innenministerium als "Phänomen" erkannt wurden, für die es nun 120 Polizeibedienstete ausbildete, um die Hintergründe zu erhellen. Möglicherweise werden hier erzieherische oder organisatorische Mankos zu Tage treten und dies wiederum einen neuen Blick auf die auch bisher durch die Polizei untersuchten Verbrechen des Suizid, der Gewalttaten und der Unfälle bedingen. Was weiterhin ein Graubereich bleiben wird ist der offene und als Arbeitsgebiet für psychologisch geschulte Personen immer beliebtere Bereich der Sozial- und Betreuungseinrichtungen. Gerade in diesen Einrichtungen, die meist von der öffentlichen Hand subventioniert werden, werden mitunter psychisch als beeinträchtigte Personen erkannten Beteiligte untergebracht. Der Anspruch der dort tätigen Mitarbeiter ist lückenlose Information über alle Schritte der Beteiligten, im Gegenzug wird etwa Unterkunft gestellt und bei Behördenwegen unterstützt. (Was erneut einen Kreislauf in Gang setzt.) Es ist für Personen, die in diesen Unterkünften landen oft unangenehm, über weite Teile ihres Lebens bereitwillig Auskunft zu geben.
Eine erschreckend hohe Zahl an vermissten Kindern und Jugendlichen!
Gemessen an den in der Presse angegebenen Beispielen ist zunächst vor allem die Abhängigkeit von Minderjährigen zu nennen, die ihre Betreuungseinrichtungen nicht mehr aufsuchen oder absichtlich verlassen. Daneben sind Fälle in Zusammenhang mit Obsorgefragen zu nennen und Fälle, in denen Personen mit psychischen Beeinträchtigungen und/oder Gefährdungen anderer durch diese Personen als wahrscheinlich gelten, zu nennen. Die Zahl jener, nach denen täglich gefahndet wird, beträgt rund 30. Manchmal wird auch eine Belohnung für das Auffinden von Vermissten ausgesetzt.
Eine weitere Gruppe stellen jene dar, die ihre Altenheime verlassen. Immer wieder sind in Alten- und Pflegeheimen Untergebrachte in den Medien, die ihre Heime verlassen – aus welchen Gründen auch immer – und die recht rasch mit dem Etikett "dement" versehen werden oder wurden. Möglicherweise wäre auch hier ein "Projekt" des Innenministerium wünschenswert, das die Hintergründe darlegt, die möglicherweise viel subtiler gelagert sind, als sich die "Bullen" das gemeinhin vorstellen.
Weltweit treten pro Tag derzeit rund 37.000 Personen die Flucht an
Zusammenfassend könnte vermutet werden, dass die moderne Gesellschaft einen Modus gefunden hat, einige Personen durch ihre "Mühlen" laufen zu lassen, die zu Abgängigkeiten führen. Diese sind aber oftmals getarnt und nur schwer aufzubrechen. Hier wären vor allem Kinder-, Jugend- und Altenheime bzw. Pflegeheime zu nennen, in denen zu der Betreuung auch die Medikamentengabe bzw. die Versorgung kommt. Der Vorteil ist zwar, dass der Vermisste/die Vermisste rasch gemeldet und oft auch gefunden wird, doch es ist dies mehr ein Symptom, denn eine Lösung der Probleme des Untergebrachten, um den es vor allem gehen sollte.
Andererseits werden eben die Personen mitunter verschleppt, tauchen unter, gehen auf Wanderungen und Reisen verloren oder geraten in alpine Notlagen. Dies erfordert rasche Handlung der Exekutive und Retter, die sich auf Fahndung und Bergung verstehen. Gerade die Rettung verloren gegangener Alpinisten ist meist durch Zugehörigkeit zu Vereinen gedeckt und möglich. Bei verschleppten Personen ist die Sachlage anders, denn in vielen Fällen sind Menschenhändlerringe involviert, die oft über professionelle Strukturen verfügen, sodass sich die Lage mitunter sehr negativ entwickelt. Oftmals bleiben die Opfer vermisst oder werden tot aufgefunden.
Ein absichtliches Untertauchen ist in vielen Fällen rasch beendet, wenn eine Fahndung eingeleitet wird. Dieses Vorhaben, etwa einem aufsässigen Behördenapparat zu entkommen – den es offiziell nicht gibt – wird nicht anerkannt, bzw. erst bemerkt, wenn sich dieses Phänomen zu ausgewachsenen Flüchtlingsbewegungen formiert. Behördenterror kann zu einem Fluchtgrund werden. Doch das ist nun mal so: Der Starke dominiert den Schwachen. Der Apparat den Einzelnen.
Viele Gemeldete, wenig öffentliche Suchen
Besorgnis erregen insbesondere die kolportierten Zahlen. So wird etwa behauptet, es wäre die Zahl der Vermissten im EKIS von 2017 auf 2018 gesunken, doch von 2018 auf 2019 wieder gestiegen.
"Mit Jahresbeginn - Stichtag 2. Jänner - waren in Österreich laut BK 1.037 Personen als vermisst gemeldet", lautete eine Meldung der APA/NÖN.at am 22. Januar 2020. Die hohe Zahl wird durch die ungelöste Altfälle erklärt, die durch die Jahre aufgebaut wurden, heißt es in der APA-Meldung.
Die Hälfte aller Meldungen und Suchen betrifft Kinder und Jugendliche. Neben den vielen Kindern und Jugendlichen finden sich auch Männer und Frauen verschiedener Hintergründe. Unter den Gesuchten des Bundesministers für Inneres wird beispielsweise eine 30-jährige Frau aus Innsbruck, die an Diabetes leidet, gesucht. Die Frau ist bereist seit 2015 spurlos verschwunden und wurde zuletzt in Hall in Tirol gesehen.
Ebenfalls in Tirol wurde 2016 eine 49-jährige Deutsche mit baltischen Wurzeln abgängig gemeldet. Eine 2013 zu einer Wanderung im Großglocknergebiet aufgebrochene rumänischstämmige Frau noch immer vermisst. Last but not Least findet sich eine als hilfsbedürftig und dement beschriebene ältere Dame, die aus einem Pflegeheim in Laa an der Thaya abgängig ist. Hinweise werden stets an das jeweilige Landeskriminalamt gebeten.
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Weitere Informationen
Verein "Österreich findet Euch"
Home - Österreich findet Euch (oesterreichfindeteuch.at)
App der Polizei
Der Freund und Helfer als (Polizei-)App (land-der-erfinder.at)
Österreichs Innenminister fahndet
Fahndungen des Bundeskriminalamtes (bmi.gv.at)
Tiroler Landespolizeidirektion