Streber sind die good guys

Die Suche nach einem verständlichen Text hinter dem Suchwort "Perfektionismus" kann sich sehr spannend gestalten. Zuerst kommen die Psychologen zu Wort. Man liest von Übertreibung. Im Lexikon wird Perfektionismus als "übertriebenes Streben" bezeichnet (*).
Aha, denkt sich der wissbegierige Leser. Wenn einer strebsam ist, aber nicht übertreibt, dann ist er nicht perfekt. Alle, die sich in einem vernünftigen Rahmen bewegen, sind also nicht perfekt. Die anderen, die es nach Vollkommenheit gelüstet oder nach Fehlerfreiheit (*), diese sind Perfektionisten.

Jetzt muss ein Leser einmal kurz nachdenken. Nobody is perfect - was stellt sich der Normalbürger darunter vor? Man stellt sich vor, dass niemand alles hundertprozentig richtig machen kann.
So sehen es die Wissenschaftler aus dem Bereich Psychologie offenbar aber nicht. Für sie ist, korrektes Verständnis des Autors vorausgesetzt, der Perfektionist krank. Er ist nicht im Gleichgewicht. Alle anderen sind ok, denn sie sind nicht perfektionistisch.

Den Ausdruck "perfekt" in der allgemein verbreiteten Form findet man nicht im Lexikon.
Oder doch? Wikipedia kennt auch den Suchbegriff "Perfekt". Darunter wird allerdings ein Beitrag zur Zeitform eines Verbs verstanden (*). Wenn der neugierige Sucher den "nobody is perfect" suchen will, dann muss er auf die allgemeine Begriffserklärung tippen. Tut er das, dann öffnet sich ein interessantes intellektuelles Panorama.

Diese Art der Perfektion hat nämlich zwei Spielarten.
1 die Vollkommenheit und
2 die Unfehlbarkeit.

Besser als gut

Unfehlbarkeit, das heißt in der Produktion auch: zero defect. Kein Ausschuss. Wenn eine Fabrik nach diesem Prinzip funktioniert, dann geht kein Teil mit qualitativen Beanstandungen über die Bänder. Wunderbar. Das spart Kosten und bringt Mega zufriedene Kunden.
Ansonsten ist nur der Papst unfehlbar. Und dieses Prädikat bezieht sich ausschließlich auf Glaubens- und Sittenfragen der katholischen Konfession (*). Und – dies gilt auch erst seit dem Jahr 1870. Auf einem Konzil wurde damals diese Perfektion des Papstes verabschiedet.
Was war vorher? Konnten die Päpste in den vergangenen ungefähr 1500 Jahren schon einmal ein kleines Fehlerchen fabrizieren? Der gelegentliche Leser in christlicher Glaubenslehre weiß es in der Regel nicht. Jedenfalls, einer ist perfect in den genannten Themen, und das ist der Papst.

Völlig losgelöst

Es bleibt noch die Ausprägung der "Vollkommenheit" im Oberbegriff Perfektion.
Supermodelle sind vollkommen schön, nicht wahr? Und es gibt Fußballspieler, die schießen vollkommene Tore - besser kann einer das nicht machen.
Ansonsten gilt Vollkommenheit dann, wenn sich ein gegebener Zustand nicht weiter verbessern lässt (*). Diese Definition lädt wieder zu einem Zurücklehnen des Lesers und zu einer kleinen Besinnungspause ein.
Was ist denn schon vollkommen in dieser Welt?
Nichts. Selbst die kleinsten Moleküle ändern ständig ihre Lage. Ruhezustände werden von Herrn Planck und Nachfolgern in einen sinnlich nicht wahrnehmbaren Bereich verlegt.
Also, denkt sich der biedere Bürger, nichts ist vollkommen. Jetzt kann sich der Leser wirklich beruhigt ganz zurücklehnen.

Nobody is perfect (außer Herrn Papst). Zero defect – der Mensch ist keine Maschine. Und die Psychologen sagen, dass Perfektionismus eine Art von Krankheit sein kann.
Also: Mut zum Risiko. Try and error. Öfter mal was Neues probieren.

 

(*) Textquellen: Wikipedia/ Perfektionismus, Wikipedia/ Perfekt, Wikipedia/ Unfehlbarkeit, Wikipedia/ Vollkommenheit

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