Aus "Mayak" wird "Kyschtym"

Die Ausbreitung und die radioaktive Wolke: rund 23 km³ verstrahltes GebietEine "Havarie". Durch die Abfallprodukte der Anlage, die in großen Tanks gelagert wurden, entsteht Wärme, was das Kühlen dieser Tanks erforderlich macht. Die Tanks umfassen etwa 250 Kubikmeter. Die Leitungen dürften korrodiert sein, weshalb die Kühlung abgestellt wurde und die Tanks zu trocknen begannen. Es trockneten auch die Nitratsalze und setzten bei ihrer Explosion – entzündet durch eine Funken – eine große Menge an radioaktiven Stoffen frei. 1 Toter, 10 Verletzte. Unzählige Arbeiter mit Spätfolgen. Die Birken verloren sofort ihre Blätter. Es heißt, die bodennahe Wolke um Kyschtym setze doppelt so viel radioaktive Stoffe, wie der explodierende Reaktor in Chernobyl, frei.

Satellit: Mayak

In den Geschichtsbüchern bleibt aber Chernobyl (auch Tschernobyl), in dem 1986 der Reaktor "Lenin" explodierte und das das 20.000-fache einer Atombombe freisetzte, der größte Störfall der Geschichte. Der Störfall in Fukushima 2011 wurde von der International Nuclear and Radiological Event Scale als ebenso gravierend erkannt.

Nach dem Unfall wurde ein neues Werk gebaut, aber die Umgebung ist heute noch so radioaktiv, dass der Aufenthalt bereits nach kurzer Zeit gesundheitlich gefährdend ist. Gleiches gilt auch für den Karatschai See. In diesen See wurde so gut wie alles entsorgt, was giftig und/oder radioaktiv war.

Anlage Mayak - mehr als nur ein Werk

Anlage Mayak - mehr als nur ein Werk (Bild: OSM)

Kontaminierung

Die kerntechnische Anlage bei Kyschtym im Südural gehören zu den stärkten kontaminierten Gegenden der Welt. Die Anlage war die erste Industrieanlage zur Herstellung spaltbaren Materials für Atomwaffen. Allerdings blieb die Katastrophe nicht der einzige - Quellen besagen es gab 250 davon.

 

Die Tetscha

In den Fluss Tetscha wurden immer wieder radioaktive Abfälle eingeleitet. Es wurden Strontium.90, Caesium.137 und Plutonium.239 gemessen. Der Fluss mündet ins Nordpolarmeer und ist über die ganze Länge kontaminiert. Zwar sollten ab 1956 die Bewohner den Fluss nicht mehr benutzen. Doch blieb ihnen die Regierung den Grund schuldig, weshalb sich die Bevölkerung weiterhin daraus versorgte. Nach dem Unfall wurde ein neues Werk gebaut, aber die Umgebung ist heute noch radioaktiv.

Die Tetscha mündet in die Arktische See, wo seit erheblicher Zeit ein zunehmendes Abschmelzen der Eismasse wahrgenommen wird. Wird dieser Trend nicht gestoppt, ist der Nordpol mit 2035 eisfrei. Daneben steigt der Meeresspiegel, was bis 2050 rund eine Milliarde Menschen dazu zwingen wird, ihre Heimat zu verlassen. Daneben sind die Auswirkungen der Radioaktivität auf die Tier- und Pflanzenwelt der arktischen See bisher wenig bekannt. Feststellen lässt sich bisher eine Änderung im Verhalten der Fische.

All diese Trends lassen sich nur mit einer Politik der raschen Einsicht aufhalten, die den Ausbau der Energiegewinnung durch erneuerbare Energien forciert und gleichzeitig die Gefahren der atomaren Verschmutzung aufzeigt.

Name-Change – die vielen Gesichter von Kombinat Nr. 817

Es kann keine Behörde der UdSSR behaupten, sie hätte nicht gewusst, was das Werk der Umwelt und der umliegeden Bevölkerung antut. Es ist eine ausgeklügelte Taktik, problematische Produkte, Firmen und sogar Chemiekomplexe vom Ausmaß des "Kombinat Nr. 817" in unterschiedliche Namen zu hüllen und damit zeitweise verschwinden zu lassen. So wird aus 1967 daraus das "Chemiekombinat Majak" und ab 1990 der "Produktionsverbund Majak". Fällt gar nicht mehr so auf, wenn die Produkte dann in Kernkraftwerken rund um die Welt, auch in Deutschland, eingesetzt werden. So wurde aus dem Werk nach der Jahrtausendwende der "Föderale staatliche unitäre Betrieb Produktionsverbund Majak".

Die Bauphase wurde einst mit rund 70.000 Zwangsarbeitern bewältigt. Später waren die Werke mit bis zu 25.000 Mitarbeitern in Betrieb - vor 17 Jahren, 2003, waren es immer noch 14.000. 

Die zwei noch in Betrieb befindlichen Reaktoren stellen Isotope für medizinischen, militärischen Einsatz und zu Forschungszwecken her. Abgebrannte Brennelemente werden wieder aufgearbeitet, die in U-Booten und Atomkraftwerken eingesetzt werden.

Timeline

__ 1945 – 1948: Kombinat 817, das Chemiekombinat, entsteht, erste Gebäude werden baut

_____ 1947: Michail Michailowitsch Zarewski übernahm die Konstruktion des Reaktors

_______ 1948: Inbetriebnahme eines Uran-Graphit-Reaktors und einer Anlage für Plutonium

_______ 1948 ------------------------------- 1987: 10 Kernreaktoren gehen insgesamt in Betrieb

________ 1949: Weiterverarbeitungsanlage V (Atomwaffenfertigung Plutonium) in Betrieb

__________ 1951: Der Fluss Tetscha wurde für die Bevölkerung gesperrt.

____________ 1953: Kritikalitätsstörfall in Behälter mit Plutoniumsnitrat, 3 INES

_______________ Die Bevölkerung wird auf Strahlenschäden untersucht – erste Evakuierungen

_______________ 1956: Der Fluss wird abgesperrt, 19 Dörfer geräumt

________________ 1957: Kritikalitätsstörfall in HEU-Behälter (3); der Kyschtym-Unfall (4)

_________________ 1958: Kritikalitätsstörfall in HEU-Behälter (4)

__________________ 1960: Kritikalitätsstörfall in Behälter mit Plutoniumscarbonat (3)

___________________ 1962: Kritikalitätsstörfall mit Plutoniumsabfall (3)

______________________ 1965: Kritikalitätsstörfall mit HEU-Abfall (3)

_________________________ 1968: Kritikalitätsstörfall mit Plutonium

_______________________________ 1979: Der Dissident S. Medwedew berichtet im Westen

____________________________________ 1987: Einstellung der Kernwaffenproduktion

_______________________________________ 1991: 8 der 10 Reaktoren wurden stillgelegt

__________________________________________ 1994: Brand in einem Brennstab

______________________________________________ 2000: Stromausfall, beinahe Schmelze

________________________________________________ 2003: Erneuter Stopp der Anlage

___________________________________________________ 2007: Pipeline-Leck; -Abfluss

_____________________________________________________ 2008: Leck in Block # 20

________________________________________________________2010: Waldbrände drohen

____________________________________________________________ 2017: Ruthenium-106

Links

Video

Verseuchtes Land - Die Atomfabrik Majak

https://vimeo.com/17432730

 

Artikel

Wikipedia: Kyschtym-Unfall

https://de.wikipedia.org/wiki/Kyschtym-Unfall

 

Greenpeace 

Trauriges Jubiläum: 50 Jahre Mayak

https://www.greenpeace.de/themen/energiewende/atomkraft/trauriges-jubilaum-50-jahre-majak

 

Welt

Der bestverschwiegene GAU der Geschichte 

https://www.welt.de/kultur/history/article1213772/Der-bestverschwiegene-GAU-der-Geschichte.html

 

NZZ

2017 zog eine radioaktive Wolke über Europa, deren Ursprung bis heute umstritten ist. Jetzt haben Forscher rekonstruiert, was passiert ist

https://www.nzz.ch/wissenschaft/atomunfall-in-majak-ruthenium-isotope-haben-zivilen-ursprung-ld.1560345?reduced=true

 

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