Brigitte Horney

"So oder so ist das Leben, so oder so ist es gut" – diese melancholisch-fatalistische Feststellung aus dem 1934 entstandenen Film "Liebe, Tod und Teufel" gehört zwar kaum zu den Höhepunkten deutscher Schlagerlyrik. Aber dieses Manko wurde mehr als wettgemacht von seiner Interpretin mit ihrer tiefen, heiseren Stimme.

Brigitte Horney, noch ziemlich frisch im Zelluloid-Gewerbe – ihr erster Film, 1930 von Billy Wilder geschrieben und von Robert Siodmak inszeniert, hieß "Abschied" und war doch für sie just der Beginn der großen Karriere –, wurde mit Theo Mackebens Song, der einige Prisen Kurt Weill enthielt, quasi über Nacht im ganzen Reich berühmt.

 Tochter aus gutem Hause

 Die höhere Tochter aus wohlhabendem Hause – ihre Mutter war Psychoanalytikerin, der Vater Industrieller – wurde am 29. März 1911 im feinen Berliner Stadtteil Dahlem geboren. Erzogen von englischen Kindermädchen, wuchs sie zweisprachig auf, so dass sie auch in britischen Filmproduktionen mitwirken konnte. Doch zunächst einmal rissen sich die Regisseure und Produzenten der Ufa um sie, nachdem sie eine Schauspielausbildung beendet und Tanzunterricht bei der legendären Mary Wigman erhalten hatte.

 In Babelsberg war man sogar bereit, ihr die Konventionalstrafe für das Würzburger Theater zu spendieren, bei dem sie bereits vor ihrem ersten Film unterschrieben hatte, wenn sie nur in Babelsberg bliebe. Denn ihr herber Charme – eine Schönheit im klassischen Sinne war sie nämlich nicht – versprach Leidenschaften, die sich erst bei näherem Kennenlernen entdecken ließen – just so, wie man sie der russischen Zarin Katharina II. nachsagte, der Brigitte Horney in ihrem letzten Ufa-Film "Münchhausen" 1943 Stimme und Statur verlieh.

Spröde war sie auch, wenn es um gutdotierte Verträge ging, die man ihr  immer wieder anbot. Sie lehnte meistens ab, weil sie sich nicht mit Haut und Haaren dem Film verschreiben, sich nicht in Rollen pressen lassen wollte, die ihrem Typ nicht entsprachen. Eine kluge Entscheidung: So brauchte sie sich der Handvoll Filme, die sie für die Ufa drehte, auch in späteren Jahren nicht zu schämen.

Brigitte Horney war kein Star im herkömmlichen Sinne, und dennoch hatte sie Starqualitäten. Das Klischee vom Schauspieler, der seine Rolle nicht spielt, sondern er-lebt, trifft auf sie ziemlich genau zu. Sie sei wie in Stück Natur, sie könne künstlerisch nicht lügen, schwärmte ein begeisterter Kritiker. Diese Unfähigkeit zur Lüge kam ihr zugute bei all den verschiedenen Charakteren, deren Töne und Zwischentöne sie perfekt anzustimmen wusste.

Vom Fernsehen wiederentdeckt

In den 1950er Jahren – inzwischen war sie mit ihrem zweiten Mann nach Amerika übergesiedelt – knüpfte sie dort an, wo sie ihre Laufbahn begonnen hatte: auf dem Theater. Der deutsche Nachkriegsfilm hatte ihr nicht viel zu bieten; die Bühne umso mehr. Sie spielte begierig und begabt, was man ihr an Edlem anbot: von Heinrich von Kleist bist Max Frisch, von George Bernhard Shaw bis Jean Giraudoux.

Und dann kam die dritte Karriere – im Fernsehen. Man sah sie in Serien wie "Der Alte", "Derrick" und "Der Kommissar" sowie in eigens für sie Geschriebenem wie "Jakob und Adele" (1981 – 1987) an der Seite mit Carl-Heinz Schroth und hin und wieder in flachen Serien, die sie zu veredeln pflegte. Dazu gehörte die ZDF-Saga "Das Erbe der Guldenburgs" (1986 – 1988). Die erste Staffel des Bierbrauer-Epos war so erfolgreich, dass flugs neue Folgen hinterher geschoben wurden. Kurz nach Ende der Dreharbeiten ist Brigitte Horney am 27. Juli 1988, vor 25 Jahren, in Hamburg gestorben.  

© Rainer Nolden

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