Umsonst und draußen

Es ist ein tolles Fest mit einem bunt gemischten Multikulti-Publikum, von ganz jung bis ganz alt, linkslastig und intellektuell angehaucht, in jedem Fall einmal etwas anderes in der nicht gerade verwöhnten Dortmunder Provinz. Für die meisten Dortmunder Kreuzviertel-Bewohner ist das DKP-Fest jedenfalls "Pflicht", wie der Chefredakteur des Online-Magazins Schweinrich.de mitteilt.


DKP-UZ-Pressefest: 24.6.2011 - Freitagabend - Revierpark Wischlingen (Bild: Vera Kriebel, 24.6.2011)

DKP: Volksfest der Solidarität in Dortmund - Mitten in Spaßgesellschaft und Komasaufen

Und mitten in Spaßgesellschaft und Komasaufen ist es zugleich eine Reise zurück in eine andere Welt, in eine andere Zeit. Am Wochenende wird in Wischlingen gefeiert wie im 19. Jahrhundert bei einem Familienfest der SPD, inmitten einer frühen Parallelgesellschaft. Oder wie in den 1970ern bei der sich ausbildenden grünen Generation, die gegen Krieg und Atomkraft feierte, oder wie damals, als es noch die gute alte Sowjetunion und DDR gab, die die KPD/DKP unterstützten. Es ist - kurz gesagt - "Volksfest der Solidarität" der DKP in Dortmund, alle zwei Jahre der unbestrittene Höhepunkt des Jahres im Revierpark Wischlingen, immer im Juni am langen Wochenende nach Fronleichnam.

Wenn auch leider ein allgemein totgeschwiegener Höhepunkt, da in den lokalen und regionalen Hofberichterstattungsmedien nicht darüber berichtet wird, obwohl diese sonst jede IGBCE-Jubiliarehrung und jede Neujahrsfeier der SPD im hintersten Winkel Dortmunds lang und breit auswälzen.

"Die tun nichts"

Dabei "tun die nichts", wie im Park ein Jogger treuherzig dem anderen versichert. Es ist ein großes Fest der Linken, mit allem, was heutzutage zur linken Protestkultur dazugehört: Biertische mit linker Literatur, dabei natürlich die erstaunlich günstige "Marx-Engels-Werke"-Ausgabe. Stände mit linken Devotionalien - und immer noch vorne das Che Guevara-Konterfei als Inbegriff des linken Schönlings, das in Lateinamerika selbst eher belustigt als typisch amerikanisch-europäische "Mode" wahrgenommen wird. Jede Menge Bühnen, auf denen nicht nur Klampfen-Chöre, sondern auch Kampfaufrufe "Cuba Sí, Yankees no!" zelebriert werden. Multikulti-Ess- und Trinkangebote, die obligatorische Casa Cuba mit Soli-Cocktails. Eine Tombola zugunsten des Sozialismus, Ausstellungen (zum Beispiel zur Arbeiterfotografie) und ein Kunstmarkt mit Auktion (Fotos unten).

Das heißt aber nicht, dass die DKP nicht jeden Millimeter zur Propaganda nutzt. Doch wo sonst gibt es neben Biertheken und Empanadas Infostände von Bürgerinitiativen, die - ignoriert von der Stuttgart21-satten bundesdeutschen Öffentlichkeit - zum Beispiel gegen die veranwortungslose Giftproduktion seitens globaler Konzerngiganten ankämpfen. Oder Diskussionsrunden zu aktuellen Themen wie "Arabische Staaten - Revolte oder Revolution?", an denen Vertreter der betroffenen Region teilnehmen, zum Beispiel der KP Libanon oder der Tudeh Partei Iran.

UZ-Pressefest: Größtes Fest im Dortmunder Westen

Offiziell hat das DKP-Volksfest die "Solidarität" im Namen verloren und heißt etwas sperrig "UZ-Pressefest", was sich aus dem Parteiorgan der DKP, "Unsere Zeit", abgekürzt UZ, ableitet. Die UZ soll mit dem Fest unterstützt werden. UZ-Pressefest - der Name hört sich nach einer Insider-Veranstaltung an, tatsächlich ist das DKP-Fest aber das größte im Dortmunder Westen und nach eigenen Angaben das schönste der deutschen Linken überhaupt. Etwa 20.000 Besucher (darunter erstaunlich viele mit grauhaariger Marx-Mähne) aus der gesamten Bundesrepublik und darüber hinaus sprechen für sich - viele kommen immer schon am Mittwoch an, denn Platz genug zum Zelten gibt es, und der - sehr liebevoll von vielen unermüdlichen DKP-Helferlein geleistete - Aufbau beginnt immer schon am Montag vor dem Festival-Wochenende, so dass die wesentliche Infrastruktur für Camper am Fronleichnams-Feiertag schon steht.

Getrübt wurde die Stimmung allerdings durch die Absage des Konzerts der Hip-Hop-Band Bandbreite (Klänge des DKP-Fests).

Wie wär's mal mit Internetmarketing: DKP...? 

Ein Problem hat die DKP (und damit ihr Fest) jedoch: bei den Jüngeren existiert sie einfach nicht. Es nicht einmal so, dass man "dagegen" ist - man kommt gar nicht darauf, dass die DKP irgendetwas im wirklichen Leben machen könnte. Symptomatisch ist, dass nicht nur kaum ein Dortmunder unter 30 vom DKP-Fest jemals gehört hat - ein auf "das DKP-Pressefest" angesprochener 27 Jahre alter, politisch interessierter Jüngling braucht minutenlang, um mit dem Kürzel DKP die Deutsche Kommunistische Partei zu assoziieren (da es "Pressefest" heißt, dachte er beim "P" an Presse und "D" ist ja fast immer Deutsch, und das "K" wird sich finden...).

Wenn also die deutsche Presse zum Thema DKP schweigt und seit 1990 die Welt drumherum so fremdartig Ist, sollten die Kommunisten vielleicht einmal daran denken, sich etwas professioneller der neuen Medien zu bedienen. So kann das jedenfalls mit dem politischen Wiederaufstieg nichts werden. Und vom Einzug in den Bundestag sollten die Mitglieder lieber einmal nicht träumen … (Foto unten)

Trotz Nieselregen tolle Show: Síncope auf dem DKP-Volksfest, Samstag, 25.6.2011 (Bild: Vera Kriebel, 25.6.2011)

Infos zum Fest der DKP - Revierpark Wischlingen, Dortmund

Wann findet das DKP-Fest statt? Einfache Kalenderregel: Das DKP-UZ-Pressefestgibt's alle zwei Jahre, und zwar in jedem ungeraden Jahr am Wochenende nach Fronleichnam. Es geht los am Freitagnachmittag ab etwa 16 Uhr, Samstag von 10 bis 23 Uhr und Sonntag von 11 bis 16 Uhr.

Der Eintritt ist frei, um eine Spende zur Finanzierung des Fests in Form eines Button-Kaufs (5,-) wird aber gebeten. Das Veranstaltungsprogramm gibt es ziemlich unübersichtlich im Internet und - übersichtlich - in der "UZ" für 2,- Euro überall auf dem Festivalgelände.

Adresse: Das UZ-Pressefest findet im Revierpark Wischlingen, Höfkerstr. 12, 44149 Dortmund, statt. Anfahrt: Wer mit dem Auto kommt, ist dumm, denn das heißt: weit laufen, da alles rund um den Revierpark weiträumig zugeparkt ist. Am besten also gleich per ÖPNV fahren oder einen Park & Ride-Platz suchen - zum Beispiel an der S-Bahnstation Dorstfeld (nicht Dorstfeld-Süd!). Dort Auto stehen lassen und per Bus (465) oder S2 weiter, die beide direkt bis Wischlingen fahren. Beim VRR findet man die Ab- und Anfahrten der gesamten Region und kann dort die Reise einfach zusammenstellen. Die S-Bahnstation Dorstfeld ist etwa anderthalb Kilometer vom Revierpark entfernt - man kann also auch laufen. 

Kulinarische Tipps:

  • Überall gibt es selbstgemachten Kuchen (Stück zwischen 1 und 1,50 Euro).
  • Veganes Schnitzel ist zwar 2011 der Renner, nichtsdestotrotz aber von ledrig-gummartiger Konsistenz und überwürzt.
  • Die besten Empanadas (sowohl aus dem Ofen und mit Hackfleisch (empanadas de horno con pino, 2,50 Euro)) als auch frittiert) gibt es beim Soli-Stand für die chilenischen Mapuche-Indianer, am Platz an der Hauptbühne 1.
  • Die Falafel gegenüber der Bühne der DKP Ruhr-Westfalen ist ausgezeichnet. 
  • Und der DKP-Stand Hamburg an der Bühne 1 hat ein sehr leckeres Hauptgericht mit Salat, kisi, Hackfleisch, Röllchen und so weiter (5,-).

Da das DKP-Fest seit Jahren Schauer fest gebucht hat, ist Regenschirm und/oder wetterfeste Kleidung angesagt!

Übrigens: Wer wirklich Dortmunder proletarische Kultur live erleben möchte, dem seien die Schlagerfestivals in Wischlingen oder (noch härter) der so genannte Rewe-Familientag (2011 beim BVB) empfohlen.

DKP-UZ-Pressefest 2011, Dortmund, Revierpark-Wischlingen, 24.6.-26.6.2011 (Bild: Vera Kriebel, 23.6.2011)

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