Wie entsteht ein Carthago Reisemobil?
Ein Blick hinter die Kulissen der Wohnmobil-Fertigung beim Ravensburger Hersteller Carthago.Genauigkeit ist Trumpf beim Reisemobilbau (Bild: Carthago Reisemobilbau GmbH)
Geschichte der Marke Carthago - Mit Individualausbauten nach Kundenwunsch fing alles an.
1979 gründete Karl Heinz Schuler die Firma Carthago. Zunächst waren Individualausbauten auf allen möglichen Basisfahrzeugen das Hauptgeschäft.
1985 spezialisierte man sich auf VW-Bus Ausbauten. Der Carthago Malibu erschien auf dem Markt.
1987 bezog man eine neu gebaute Halle in Schmalegg.
1991 wurde der Malibu auf dem neuen Volkswagen T4 präsentiert. Schon ein Jahr zuvor war Carthago der zweitgrößte Kastenwagenausbauer Europas auf Volkswagenbasis.
1996 wird die Alkovenbaureihe Mondial auf dem ein Jahr zuvor erschienenen Mercedes Sprinter vorgestellt.
1999 kommen die Integrierten M-Liner auf Mercedes Sprinter und Iveco Daily auf den Markt.
Im Jahr 2001 trennt sich Carthago von VW als Basisfahrzeuglieferant, man setzt nun auf Fiat, Mercedes und Iveco.
Veranlasst durch den großen Erfolg der Chic-Baureihe wird 2005 eine neue Produktionsstätte im Ravensburger Gewerbegebiet Deisenfang in Betrieb genommen. Das Wachstum geht weiter, so dass 2008 ein weiteres Werk in Slowenien die Produktion aufnimmt.
Im Januar 2011 wird der 1.500ste Chic c-Line ausgeliefert.
Carthago City in Aulendorf (Bild: Carthago Reisemobilbau GmbH)
Carthago heute - Aktuell (Juli 2012) bauen 800 Mitarbeiter ca. 2.500 Reisemobile pro Jahr.
400 Arbeitsplätze sind im slowenischen Werk, die übrigen auf die Standorte Schmalegg und Deisenfangstraße in Ravensburg verteilt. Diesem Umstand will man durch Neubau der "Carthago-City" im 25km entfernten Aulendorf abhelfen. Die Eröffnung des neuen Standorts ist für 2013 geplant.
Bis dahin erfolgt die Fertigung der Möbelteile in Schmalegg, die dann 6km ins Werk an der Deisenfangstraße zum Zusammenbau gebracht werden. Dabei ist von Anfang an klar, welches Holzteil später wo in welchem Reisemobil eingebaut sein wird. Die Verbindung der Möbelteile erfolgt über Nut und Zapfen, was den Möbeln eine hohe Stabilität verleiht. Die Möbel sind dadurch selbsttragend. Weil eine tragende Verbindung zwischen Möbeln und Aussenwand nicht zwingend erforderlich ist, können die Möbel besser hinterlüftet werden.
Die Möbel werden zu einzelnen Funktionsblöcken zusammengefasst, also Bad, Küche, Sitzgruppe oder Betten. Eventuelle Wasseranschlüsse sind als Schläuche mit Verbindern aus den Blöcken herausgeführt und werden beim Zusammenbau an die Wasserversorgung angeschlossen.
Die Wassertanks sind zweigeteilt: Ein 50-Liter Tank für die Wochenendtour, zusätzlich ein 130-Liter Tank für die große Reise. Die Abwassertanks sind entsprechend gleich groß. Die größeren Modelle haben einen Fäkaltank, sonst eine Cassettentoilette.
Beheizt werden die Carthago Reisemobile mit einer Truma Luftheizung. Für die großen Baureihen ist eine Alde-Warmwasserheizung mit Wärmetauscher zum Motor vorgesehen, so dass auch die Abwärme des Motors zum Heizen genutzt werden kann.
Einbau der Installationen im Doppelboden (Bild: Carthago Reisemobilbau GmbH)
Der Wandaufbau - Wände, Dach und Boden bestehen innen aus hochfestem RTM-Schaum.
Dieses Material ist stabil genug, dass die Wände ohne tragendes Fachwerk gebaut werden können. Die Wände sind ein Sandwich aus Aluminium außen, RTM-Schaum zur Isolierung und Aluminium innen. Dach und Boden haben als äußere Schicht GFK statt Aluminium. Die Isolierung ist mindestens 38mm dick, was einer Ziegelmauer von 70cm Stärke entspricht. Bei den Liner-Modellen ist die Isolierung 50mm dick, was 75cm Ziegelmauer entspricht.
Das Aluminium bzw. GFK wird vollflächig mit dem RTM-Schaum verklebt. Die RTM-Schaumplatten haben kleine Rillen an der Oberfläche, über die sich der Klebstoff gleichmäßig verteilt. Durch das Fehlen eines Fachwerks sind die Wände relativ leicht. Eine Seitenwand für ein normal großes Wohnmobil könnte bequem von zwei Mann weggetragen werden.
Beim Zusammenbau wird zunächst die Bordtechnik auf der Bodenplatte aufgebaut, also Wassertanks, Wasserverteilung und Batterien. Die befinden sich somit im bei Carthago serienmäßigen Zwischenboden. Auf die Bordtechnik kommt die zweite Bodenplatte, also der Fußboden des eigentlichen Wohnraums, auf dem dann die Möbel angeordnet werden.
Parallel werden aus den, auf großen Pressen verklebten, Wänden die Öffnungen für Fenster, Klappen und Türen ausgeschnitten. Die Klappen fertigt man selbst aus den zuvor herausgeschnittenen Teilen, Fenster und Türen kommen vom Zulieferer.
Verbunden werden Dach, Boden und Wände über einen Ringanker, also ein Aluminiumprofil, das die Platten im entsprechenden Winkel aufnimmt.
Die Innenseite der Wände wird mit Stoff bespannt, der die Feuchtigkeit aufnimmt und sie langsam wieder an die Raumluft abgibt. Dadurch wird Kondenswasser so gut wie möglich vermieden.
Ein Stück RTM-Schaum (Bild: Henning Schünke)
Carthago-Modelle - Gebaut werden bei Carthago nur noch Integrierte und Teilintegrierte Wohnmobile.
Die Alkovenbaureihe Mondial wurde 2008 eingestellt. Als Fahrgestelle werden Chassis von Fiat, Mercedes und Iveco verwendet. Wobei auch der Mercedes Sprinter ab 2013 nicht mehr als Basisfahrzeug verwendet wird, denn es sind keine Fahrzeugmassen größer als 5,6 Tonnen möglich. Außerdem kostet der längs eingebaute Motor zu viel Fahrzeuglänge, ohne sich positiv auf den Wohnraum auszuwirken.
Im Inneraum befindet sich im Anschluss an das Fahrerhaus die Sitzgruppe mit einer Sitzbank quer zur Fahrtrichtung. Optional ist das ein L-Sofa oder es gibt eine Längsbank an der Beifahrerseite. Die Fahrerhaussitze können in die Sitzgruppe einbezogen werden, wie bei Integrierten und Teilintegrierten Wohnmobilen üblich. Das ergibt einen guten Rundumblick, macht es aber auch nicht ganz so einfach, den Wohnraum gegen Hitze oder Kälte zu isolieren.
Hinter der Sitzgruppe befindet sich die Küche mit einem Dreiflammen-Kocher, einem Kühlschrank mit Eisfach und optional einem Backofen. Dazu natürlich viel Stauraum für Küchengeräte und Töpfe.
Das Bad ist als sogenanntes Raumbad ausgeführt, das heißt Dusche, sowie Toilette und Waschbecken sind normalerweise durch den Mittelgang getrennt, können aber durch das Schließen zweier Türen zu einem Raum verbunden werden.
Hinter dem Bad befindet sich der Schlafbereich mit wahlweise einem Doppelbett quer im Heck, Einzelbetten längs mit einem Gang dazwischen oder einem Queensbett in der Mitte mit schmalem Gang an den Seiten.
Unter dem Bett befindet sich die Heckgarage mit Platz für Fahrräder, Campingzubehör oder was der Camper sonst so braucht. Weiterer Stauraum ist auch im Zwischenboden oder in Hängeschränken. Einen Kleiderschrank gibt es natürlich auch, je nach Grundriss im Bereich zwischen Küche und Bad.
Die Grundpreise für Carthago Reisemobile liegen zwischen 60.000€ für den C-Tourer t und 200.000€ für den Mega Liner.
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