Was Captn Kirk und Mr. Spock verbockt haben...

Hand aufs Herz: Jeder von uns war als Teenager beeindruckt von Büchern, Filmen oder TV-Serien, und bestimmt hat der eine oder andere seine Fantasie bemüht, um mit eben jenen Figuren weitere Kapitel oder Szenarien zu Papier zu bringen ohne die Absicht, diese einem breiten Publikum zu präsentieren. Die oftmals verrückten Geschichten dienen hauptsächlich der eigenen Freude, zumindest war das bei mir so.

Ich habe die Mitglieder meiner damaligen Lieblingsband aufregende Abenteuer erleben lassen, sie auf Horrortrips geschickt und einfach wild drauflos fabuliert - auf die Realität kam es gar nicht an, Hauptsache, man unterhielt sich gut dabei. Spaß hatten daran Gleichgesinnte, die meine Albernheit geteilt und keineswegs lächerlich gefunden haben. Damals wusste ich nicht, dass dieses Hobby in den USA durch die Serie "Star Trek" ("Raumschiff Enterprise") schon lange Kultstatus erreicht hat. Manche Quellen behaupten sogar, dass schon Sir Arthur Conan Doyle von Fanfictions über seinen Romanhelden Sherlock Holmes wusste und sie amüsant fand, solange ihm damit niemand das Urheberrecht streitig machte. Anne Rice ("Interview mit einem Vampir") hingegen hat verfügt, dass keine Geschichten über ihre Figuren veröffentlicht werden dürfen. Joanne K. Rowling fühlt sich geschmeichelt, bittet die Autoren aber, nicht allzu derb zu sein, da es sich bei "Harry Potter" ja um Jugendbücher handelt (ist sie da noch auf dem neuesten Stand?). Freilich ist die Voraussetzung dafür, dass die Spinnereien der Anhänger nicht zu Geld gemacht werden. Auf entsprechenden Internetplattformen wird der Autor mit Lob oder Kritik belohnt, und das muss ausreichen.

In den Siebziger Jahren wurde in einem Star Trek-"Fic" (Ja, so nennt man das) die sogenannte "Mary Sue" populär, eine Figur, die identisch ist mit der Autorin (Autor = "Marty Stu"), die sich als strahlende Heldin und/oder Retterin in der Not feiern lässt. Manchmal tummeln sich "Mary Sues" auch in Romanen, in denen sich der Autor mit seinem Protagonist identifiziert. Ein Beispiel dafür ist Claire Randall in Diana Gabaldons Highlandsaga. Woran erkennt man eine Mary Sue, außer an überirdisch anmutenden Eigenschaften und Kräften? Äußerlich ist sie besonders attraktiv, hört auf einen ungewöhnlichen Namen und meistert jede Schwierigkeit mit unerschütterlicher Toughness. Die original Mary Sue stammt aus "A Trekkies Tale" und der Feder von Paula Smith. 1974 rettet sie Kirk, Spock und Dr. McCoy und stirbt am Ende unter tragischen Umständen. Außerdem ist sie Halbvulkanierin. Halt eine Mary Sue, wie sie im Buche steht...

 

Aufgrund meiner Begeisterung für die Serie "House MD" bin ich im Internet auf www.fanfiction.net gestoßen, wo heuer Fans ihre geistigen Ergüsse mit einer millionenfachen Fangemeinde teilen und diskutieren können. Dieses Hobby ist keineswegs altersabhängig. Autoren von 14 Jahren bis unbegrenzt aufwärts erdichten und schreiben, bis die PC-Tastatur qualmt. Die Themen sind dabei schier unerschöpflich. Harry Potter, Twilight, Mangas und jede erdenkliche TV-Serie wird fortgeführt, entfremdet, in andere Zeiten und Welten gebeamt. Allerdings werden zu stark sprießende Stilblüten und Charakterabweichungen schnell mit tadelnden Reviews geahndet. Da heißt es, bloß im Canon bleiben! Was nichts anderes bedeutet als nicht zu sehr abzuschweifen.

 

Im Fanfiction-Universum gibt es eigene Begriffe, die sich für Außenstehende wie eine fremde Sprache anhören. Hier eine kleine Kostprobe.

Crossover: Eine Kombination zweier Serien oder Büchern. Manchmal sind Dr. House oder Trapper John sicher auch bei den Desperate Housewives im Einsatz.

Slash: Geschichten mit homosexuellem Inhalt, meist zwischen Männern (Beispiel Kirk/Spock, Harry Potter/Draco, House/Wilson).

Saffic: ausschließlich weiblicher "Slash", abgeleitet von der lesbischen Dichterin Sappho.

OOC: Out of character. Die Figur handelt nicht wie in der literarischen oder filmischen Vorlage. Bei dieser Warnung wird dem Autor die künstlerische Freiheit gegönnt und über Charakterabweichungen gnädig hinweg gesehen.

MPreg: Das Highlight. In Science Fiction wie Star Trek wurde es etabliert und erfreut sich in der Tat einer großen Leserschaft. Männliche Schwangerschaften sind beliebter denn je.

Crack Fic: gehört eigentlich zur oben genannten Kategorie. Häufig werden die Figuren bis zur Groteske parodiert.

 Fluff: Wie der Name schon sagt: streicheln erlaubt.

Smut: Hier geht's zur Sache. Handfest. Auch bekannt unter Pwp ("Porn without plot")

AT/AU: Alternative time/universe. Es soll schon vorgekommen sein, dass sich die Cartwrights aus "Bonanza" plötzlich in "X-Files" wieder finden.

 

Ehrlich. Über welche Serie/Bücher/Filme habt ihr geschrieben?
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