Lilien und Taglilien - Was ist der Unterschied?
2018 wurde die Taglilie zur Staude des Jahres gekürt. Warum ist aber eine Taglilie keine Lilie, obwohl sie "Lilie" heißt? Ein Grund mehr, endlich die feinen Unterschiede kennen zu lernen.Lilie (Bild: a.sansone)
Lilie - Taglilie: Ganz einfache Unterscheidungsmerkmale
Sie müssen einfach nur ihre Augen die Blume entlang wandern lassen. Nachdem man zuerst auf die spektakuläre Blüte blickt, wandern wir mit dem Auge also von oben nach unten.
Lilium (Bild: a.sansone)
Lilie - einfache Merkmale
- Die Blüte besteht aus 6 (3+3) Blütenblättern (Perigon), die in zwei Kreisen à 3 gleichen Blättern angeordnet sind. Die 6 (3+3) Staubblätter sind dick und ihr Blütenstaub fällt leicht ab. Als Schnittblume deshalb nicht auf empfindliche Unterflächen setzen. Die Narbe am Griffel ist meist verdickt.
- Die Blüten der Lilie sitzen an einem einzelnen aufrechten Stängel.
- Am Stängel befinden sich sowohl die Blätter, als auch die Blüten.
- Die Pflanze entspringt an einem Punkt aus der Zwiebel. Die Lilie ist, wie auch die Tulpe ein Zwiebel-Geophyt.
Taglilienblüte - Lilienblüte (Bild: a.sansone)
Taglilie - einfache Merkmale
- Die Einzelblüte ist 3-zählig mit 6 Staubblättern und einem längeren oberständigen Fruchtknoten. Die 3 äußeren Blütenblätter sind schmäler als die 3 inneren, unterschiedlich lang und zu einer Röhre verwachsen. Die inneren sind meist gewellt. Der Griffel ist lang und schmal. Die Staubblätter mäßig dick.
- Viele einzelne, meist unterschiedlich offene Blüten stehen verteilt im oberen Drittel des Stängels. Es können bis zu 30 Blüten sein. Die Blütenstängel sind immer unbeblättert.
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Taglilien haben lange schilfähnliche Blätter, die meist weit überhängen.
- Blätter und Blütenstängel entspringen aus einem Mittelpunkt, in diesem Fall einem Rhizom.
Hemerocallis (Bild: a.sansone)
Die Taglilie als Staude des Jahres 2018
Der Grund ist einfach. So eine Vielfalt wie bei Hemerocallis gibt es selten.
Einfache und gefüllte Blüten, gerüscht, gewellt, trichter-, stern-, schalen- oder spinnenförmig in Weiß, Gelb, Orange, Rot, Violett, Purpur, Creme, Pink, Lavendel und fast Schwarz. Wer soll da widerstehen. Auch in der Höhe variiert die Taglilie mit 30 cm bis zu 1,50 m.
Deshalb organisieren auch Staudengärtnereien gerne Tage der Taglilie mit vielen verschiedenen Sorten. Übrigens kann man Taglilienblüten auch essen, wobei gelbe oder orange und kleinblütige in der Regel duftiger und aromatischer schmecken. Kosten Sie diese im kommenden Sommer einfach mal!
Lilien - Historie
Lilium, ilili, lili bedeutete in der Antike "Blume schlechthin".
Die Gattung Lilie ist auch Namensgeber für die Familie der Liliengewächse (Liliaceae). Durch die neueren genetischen Forschungen haben sich allerdings so einige Gattungen und Arten aus dieser Familie verabschiedet. (So etwa die von der Blütenform sehr ähnliche Taglilie oder der im Mittelmeerraum wachsende Affodill.)
Schon in der Antike wurde die Madonnenlilie Lilium candidum wegen ihrer Schönheit vielerorts abgebildet. Im Palast von Knossos (Kreta) wurde eine Vase mit aufgemalten Lilien gefunden. Auf zahlreichen antiken Fresken ist ihr Abbild ebenfalls anzutreffen.
- Die Lilie als Heilpflanze
Die Kronblätter der Madonnenlilie sind antiseptisch, wundheilend. Früher wurden dazu die Blätter in Alkohol konserviert und als eine Art Wundverband verwendet. Knollen und Blüten enthalten Bor. Alle Anwendungen der Lilie sind äußerlich.
Der starke Duft der Lilien ist in geschlossenen Räumen allerdings nicht ungefährlich, da er zu Übelkeit bis hin zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
Liliengewächse
Liliengewächse zählen zu den einkeimblättrigen Blütenpflanzen. Sie sind pflanzengeschichtlich die weiter entwickelte Form nach den Sporenpflanzen. Der Blütenstaub wird nunmehr nicht mehr vom Wind sondern von den Insekten weiterverbreitet. Samen besitzen schützende Hüllen.
Die Liliaceae haben schuppige Zwiebeln zum Überwintern. Die 6 Perigonblätter sind frei, die 3 oberständigen Fuchtblätter bilden beim Reifen eine Kapselfrucht. Die Blätter wachsen wirtelig oder spiralförmig angeordnet am Stängel.
Etwa 100 Arten zählen zur Gattung Lilium selbst; die in den gemäßigten Klimazonen Eurasiens und Nordamerika beheimatet sind. Viele Lilienarten gibt es in China und im Himalajagebiet.
Zur Familie der Liliengewächse gehören neben der Gattung Lilie/Lilium auch die Tulpen/Tulipa und Schachbrettblume/Frittilaria.
Lesetipp: Liliengewächse
In unseren Breiten vorkommende Lilien
- Türkenbundlilie Lilium martagon
Die Blüten sind groß, rosa bis braunrot und dunkel gefleckt, nickend. Sie ähneln einem Turban. Der Stängel ist dicht beblättert, die mittleren Blätter stehen in Quirlen. Eine seltene Pflanze auf Bergwiesen, in Laubwäldern und Hochstaudenfluren. Vorzugsweise auf Kalk. Blüht von VII-VIII.
Die Pflanze entwickelt sich als Zwiebel-Geophyt aus den Schuppenzwiebeln, die dachziegelartig angeordnet sind. In Sibirien wird die Zwiebel gekocht gegessen.
- Feuerlilie Lilium bulbiferum
"Die Lilie, die Zwiebel macht" - wörtlich übersetzt; von lat bulbus=Zwiebel. Die Feuerlilie mit ihren feuerroten Blüten, die auf so mancher Alpenwiese hervorsticht, erkennt man eben auch im abgeblühten Zustand. In den Achseln der Stängelblätter findet man nämlich die kleinen Kügelchen= Bulbillen; die Brutzwiebel. Die Blüten bilden einen weiten Trichter; an der Innenseite sind sie braun gefleckt. Die Staubgefäße sind auffällig dunkelbraun.
Weitere bekannte Lilien sind:
- Turban-Lilie Lilium pomponium
- Krainer-Lilie Lilium carniolicum
Türkenbundlilie (Bild: a.sansone)
Wo kann man in Deutschland üppig blühende Feuerlilien/Feldlilien sehen?
Die Feuerlilie Lilium bulbiferum entkam bereits im Mittelalter den Klostergärten und siedelte sich als sogenannte "Feldlilie" auf den Äckern an. Nur in wenigen Bereichen Deutschlands ist sie noch wild anzutreffen. Ein Bauer allerdings, Harry Beergmann, der sich um die Erhaltung der Vielfalt auf seinen Wiesen und Äckern bemüht, hat ein kleines Paradies geschaffen: der Feldlilienpfad in Govelin westlich von Hitzacker.
Ein eigens angelegter Radweg rund um die Felder lässt das Herz von Naturliebhabern leuchten.
Lilien aus dem Mittelmeerraum
Mit zu den schönsten Wildblumen im Mittelmeer, etwa in Griechenland, zählen die Lilien, die natürlich bereits seit Jahrhunderten auch die europäischen Gärten bereichern.
- Madonnenlilie Lilium candidum
- Lilium rhodopaeum, ein gelb blühender Endemit auf Rhodopis (Thrakien)
- Lilium albanicum, ebenfalls gelb blühend im Pindos-Gebirge.
- Chalzedonische Lilie Lilium chalcedonicum; Die roten Blütenblätter sind ähnlich der Türkenbundlilie, auffällig nach hinten gebogen.
Lilien im Garten
Sämtliche Wildformen der Lilien gedeihen gut in den Gärten und können auch ungestört auf ihrem Platz verbleiben. Besonders schön stehen sie natürlich in Wildstaudenpflanzungen. Dabei vertragen Lilien sehr gut auch schattige Plätze.
Beliebte Lilien für den Garten sind Goldbandlilie (Lilium auratum), Madonnenlilie (Lilium candidum), Tigerlilie (Lilium tigrinum) und Königslilie (Lilium regale). An Zuchtformen gibt es außerdem noch eine große Farben und Formen-Vielfalt.
Feuerlilie (Bild: a.sansone)
Gartentipps: Eine Drainageschicht aus Kies unterhalb der schuppigen Zwiebel und eine Mulchschicht aus Laub oben darauf, damit der Boden schön feucht bleibt nach dem Pflanzen und der kommenden Schönheit steht fast nichts im Weg. Die Zwiebel wandert von selbst in die optimale Tiefe. Man hat Lilienzwiebel schon 40 cm tief im Boden eingegraben gefunden.
Die Stiele bitte nach der Blüte unbedingt stehen lassen. An ihnen bilden sich nach der Blüte sogenannte Brutzwiebel, die dann von selbst runterfallen und sich in die Erde ziehen. Auch aus einzelnen Zwiebelschuppen kann man neue Lilien ziehen.
Wann soll man eine Lilie pflanzen?
Die beste Pflanzzeit für Lilien ist im Frühling zwischen März und Mai.
Ausnahme von der Regel:
- Nur Madonnenlilien pflanzt man im Herbst. Am besten bereits Ende August, dann kann sie im September noch ihren Speicher auffüllen für eine wunderschöne Blüte im nächsten Jahr.
(Bild: a.sansone)
Taglilien
Die aus Ostasien stammende Gattung Hemerocallis zählt zu der Famlie der Grasbaumgewächse. Der Name gr. hemerokallis bedeutet "nur einen Tag lang schön" (gr. heméra=Tag und kállos=Schönheit)
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Die einzelnen Blüten gehen immer nur für einen Tag auf - daher der Name "Taglilie", dafür stehen sie so zahlreich auf den Stielen, dass sie scheinbar sehr lange blühen.
- Die offenen Blüten drehen sich immer der Sonne zu.
Seit dem späten 16. Jhdt wird sie auch bei uns kultiviert. Angeblich wurden die ersten Pflanzen der gelben Taglilie (Hemerocallis fulva) über die Seidenstraße in den Nahen Osten eingeführt. Sie war jedenfalls bereits in der Antike den Griechen bekannt.
Anmerkung: Schon früh (Ende 16. Jhdt.) ist die Gelbe Taglilie (Hemerocallis lilioasphodelus) nach Europa eingeführt worden und dort verwildert und gilt als eingebürgerter Neophyt! So gibt es in Deutschland und Österreich etwa mehrere Schutzgebiete.
In Asien, auch in der TCM, wird die Taglilie, sowohl als essbare Pflanze als auch für medizinische Zwecke eingesetzt.
Taglilien und die Grasbaumgewächse
Die Familie der Grasbaumgewächse Xanthorrhoeaceae bestand vor 2009 nur aus der Gattung der Grasbaumpflanzen. Durch neue genetische Untersuchungen wurde sie erweitert. Ehemals eigene Familien, die Affodillgewächse (Asphodelaceae) und Tagliliengewächse (Hemerocallidaceae) zählen nun auch dazu.
Der botanische Gattungsname Xanthorrhoea und der Familienname Xanthorrhoeaceae leitet sich von den griechischen Wörtern xanthós für "gelb" und rhoie für "fließen, Ausfluss" ab und bezieht sich auf das gelbe oder rote Akaroid-Harz.
Taglilien historisch gesehen:
Taglilien wurden bereits im alten China geschätzt; sowohl in der Medizin als auch als Gemüse. In einem Gedicht aus der Zeit um 500 v. Chr. ist bereits von einer Taglilie zu lesen. Die ersten Abbildungen stammen von 1059 n. Chr. In einem 1688 in China erschienenen "Blumenspiegel" werden 3 Formen der Taglilie vorgestellt, eine gelbe, eine rötlich überhauchte und eine rötliche gefüllte. In Europa tauchen Taglilien erst 1576 in Schrift und Bild auf: Hemerocallis flava (syn. H. lilioasphodelus) und H. fulva. Seit 1900 gibt es ein systematische Züchtungen.
Wildarten, sowie Hybridzüchtungen gibt es in vielen wunderbaren Farbtönen von rosa-grün, über gelb bis orange; sogar in ziegelrot gibt es Hemerocallis-Sorten. Zitronengelb und duftend ist etwa Hemerocallis citrina, orangerot Hemerocallis fulva.
Hemerocallis var. "Vienna Night-Street" (Bild: a.sansone)
Taglilien im Garten
Taglilien eignen sich, wegen der Blatthorste, die sie bilden, als Solitärpflanzen. Sie gedeihen in nahezu allen Böden. Je mehr Sonne, desto besser blüht die Pflanze, denn die Blüten richten sich immer nach dem Äquator. Gemeinsam mit blaublühenden Pflanzen kann man ein wunderbares Staudenbeet an einem Wasserbecken damit gestalten.
Staudenzüchter Karl Foerster (1874-1970) meinte zu dieser Pflanze, sie sei: "Die Blume des intelligenten Faulen". Interesssante Seite dazu: Taglilie http://www.taglilie.eu/html/taglilien.html
Gartentipps: Alle 3-4 Jahre kann man getrost die Wurzelstöcke teilen. Meist zieht das Laub im Winter ein. Auch im Topf kann man Taglilien halten. Wer clever ist, pflanzt rund um die Taglilie Frühlingsblüher, wie Narzissen, Hyazinthen oder Tulpen. Das einziehende Laub dieser Pflanzen wird dann locker durch die Hemerocallisblätter verdeckt.
Natur des Jahres 2018
Weitere Artikel und Porträts der Arten, die zur Natur des Jahres 2018 gewählt wurden, finden Sie natürlich auch bei uns:
- Ingwer, Heilpflanze 2018
- Andorn, Arzneipflanze 2018
- Torfmoos-Fingerwurz, Orchidee 2018
- Taglilie, Staude 2018
- Der Große Fuchs, Schmetterling 2018
- Star, Vogel 2018
- Esskastanie, Baum 2018
- Der Langblättrige Ehrenpreis, Blume 2018
- Die Steckrübe, Gemüse 2018
Quellen
Neben der eigenen gärtnerischen Erfahrung informative Sachbücher, wie
- Botanica, Könemann; Verlagsgesellschaft mbH, 2000 Köln
- Kosmos Atlas Mittelmeer- und Kanarenflora, Schönfelder; Franckh-Kosmos Verlag, 2011 Stuttgart
- Teufelsgeige und Witwenblume, Pichler/Geiser/Zuber; Christoph Merian Verlag, 2010 Bern
- Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Verlag das Beste, 1980 Stuttgart
- Heil-, Gewürz-, Nutz- und Giftpflanzen im Botanischen Garten der Universität Innsbruck, Bortenschlager/Vergörer, 2004 Innsbruck
Bildquelle:
https://pagewizz.com/wer-kennt-das-kangurupfotchen-35205/
(Wer kennt das Kängurupfötchen?)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Hyazinthe, mal zart hellblau, mal üppig)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Geranien oder Pelargonien? Schluss mit den Verwechslungen)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Akelei - ein zierlicher Blickfang im Garten)