Demografischer Zwang erfordert neue Lösungen - Ein Science-Fiction-Szenario wird Wirklichkeit

In Zukunftsvisionen fehlen Roboter selten. Sie sind die zumutbare Fortentwicklung von Frankensteins Monster. Nicht aus Leichenteilen zusammengeflickt, sondern aus hygienischem Stahl und mit elektrischem oder elektronischem Antrieb unterstützen sie im Alltag ihre Besitzer.

Dass Roboter auch real längst dabei sind, Einzug in den Alltag zu halten, verdrängen weiterhin viele Menschen. Hin und wieder erscheinende Zeitungsartikel geraten rasch wieder aus dem Fokus. Es scheint sich um einen Verdrängungsmechanismus zu handeln. Roboter im echten Leben werden vorrangig als Bedrohung empfunden. Sie gelten als Arbeitsplatzvernichter, finden sie doch seit Jahren Einsatz in der Autoindustrie sowie in weiteren Fertigungsbetrieben. Hintergründe wie Gesundheitsschutz und Wirtschaftlichkeit sollen hier nur erwähnt, aber wegen ihrer Komplexität nicht erörtert werden.

 

Neben dem noch rationalen Hinterfragen des Roboters als Arbeitsplatzbeansprucher treten heftige irrationale Ängste auf. So ist es kein Geheimnis, dass Entwicklungen für Roboter als Haushaltshilfen laufen. In Diskussionsrunden werden hierzu Befürchtungen laut, ein Roboter könne aufgrund eines technischen Defekts "durchdrehen" und seinen Besitzer angreifen oder gar töten. Die Frage, ob ein hoch technisierter Roboter ein Bewusstsein entwickeln könne, ist ebenfalls ein beliebtes Thema, das Raum für fantasievolle Spekulationen eröffnet. Als Grundmuster zeigt sich in solchen Betrachtungen fast immer leichter Grusel bis strikte Ablehnung. Selten kann sich jemand vorstellen, einen Roboter als neues Familienmitglied oder Mitbewohner um sich zu haben. Noch – denn die bisherige Zukunft wird gerade zur Gegenwart.

Künftig unentbehrlich in der Altenpflege: Roboter - Eine neue Pflegemannschaft tritt an

Die neuen Kollegen haben ein kaltes Herz aus Metall und Nerven aus Kabeln wie Drahtseile. Aus kollegia­len Kaffeepausen halten sie sich heraus, beteiligen sich nicht an Tratsch und gelten als Hoffnungsträger: Ro­boter im Pflegebereich. Sie entpuppen sich rasch als echte Streber – murren niemals über Nachtdienst und nehmen keinen Urlaub. Krank beziehungsweise defekt sind sie nur selten und ihre Vertretung ist sofort abrufbereit.

Die skeptischen oder sogar empörten Altenpfleger aus Fleisch und Blut dürften jedoch ihre Meinung bald ändern, wenn sie erleben, dass die zwar ungeselligen und kühl wirkenden neuen Mitarbeiter gar nicht so unkollegial sind, sondern nur anders. Mehr noch: Sie engagieren sich bevorzugt in den besonders anstrengenden, monotonen oder sonst wie unbeliebten Arbeiten. Es gibt spezialisierte Roboter und andere, die nach Bedarf programmierbar sind. Sie können schwere Betten über die Flure schieben, Bewohner heben, windeln, vielleicht auch waschen. Roboter behalten in Stresssituationen ihren kühlen Kopf und sind denkbar als Idealbesetzung für die tägliche Medikamentenverwaltung. Außerdem können sie Essen verteilen sowie nach den Mahlzeiten das Geschirr einsammeln. Auch das lästige Wäscheholen und -bringen können Roboter übernehmen. Als Nachtwache sind sie zuverlässig, müssen sie doch nicht gegen Müdigkeit ankämpfen.

 

Roboter entlasten Pflegekräfte von zeitraubenden Routineaufgaben. Es entsteht mehr Zeit für anspruchsvollere Aufgaben mit resultierender niedrigerer Fehlerquote. Ebenso ist sehr zu wünschen, dass die gewonnene Zeit für intensivere Zuwendung an die Senioren genutzt wird, was seit Langem häufig zu kurz kommt.

 

Das ist doch jetzt wohl gewaltig übertrieben?

Ein Stuttgarter Altenheim hat sogenannte "Care O-Bots" bereits getestet. Sie sind in der Lage, Kisten zu tragen und den Menschen Wasser zu bringen. Außerdem können sie einfache Sätze sprechen, allerdings noch nicht verstehen. Eine neue Robotergeneration soll mit den Bewohnern Spiele spielen und sie so unterhalten. 

Rasante Fortschritte in der Entwicklung von Robotern in der Pflege macht Japan, das sich in einer vergleichbaren demografischen Situation befindet. Dort arbeiten die Konstrukteure bereits an den sozialen Kompetenzen ihrer Roboter. Beim "Hören" bestimmter Schlüsselwörter passen sie die Mimik ihres aus gummiartigem Material bestehenden Gesichts entsprechend an. In Altenheimen füttern sie geduldig bewegungseingeschränkte oder demente Personen. Hierzu ist zu sagen, dass – anders als in westlichen Gesellschaften – in Japan Roboter deutlich positiver betrachtet werden. Sie haben nicht das Image von unheimlichen Horrorwesen. Vielmehr sind sie dabei, dort zu normalen Akteuren des Alltags zu werden mit der Prognose, dass eines Tages Menschen und Roboter nicht mehr so einfach voneinander zu unterscheiden sein werden.

 

Wie reagieren die zu Pflegenden auf diese Aussichten?

Albrecht E. Arnold_pixelio.de

"Bevor ich mich von überfordertem und schlecht gelauntem Pflegepersonal abfertigen lasse, ziehe ich einen neutral gestimmten und schweigsamen Roboter allemal vor!" So drastisch fallen die Rückmeldungen selten aus. Die Reaktionen sind meistens freundlicher formuliert. Der Gedanke ist allerdings zunächst gewöhnungsbedürftig. Doch die Vorteile überwiegen. Es leuchtet ein, dass das menschliche Pflegepersonal entlastet wird und sich so Chancen für ein entspannteres und zugewandteres Miteinander ergeben. Bei so intimen Verrichtungen wie Waschen oder Windelwechsel würden nicht wenige Senioren den emotionslosen Roboter einem letztlich doch zu fremden oder immer wieder neuen menschlichen Pfleger sogar vorziehen.

Zu überlegen ist ferner, wie menschlich Pflegeroboter aussehen dürften. Anders als zum Beispiel in Japan ist hierzulande der Umgang mit androiden Robotern nicht so unbefangen. Es ist damit zu rechnen, dass menschenähnliche Roboter, die aktuell noch deutlich als Kunstfiguren erkennbar sind, gerade bei verwirrten oder dementen Personen Angst auslösen können. Auch einige Kinder fürchten sich ja vor Clowns oder Puppen, selbst einige Erwachsene leiden unter einer derartigen Angststörung. Daher kann es unproblematischer sein, bei kognitiv beeinträchtigten Menschen Roboter einzusetzen, die nichts Menschenähnliches an sich haben, sondern wie funktionelle Geräte wirken. Als Unterhaltungsmedium hat sich in Japan bereits ein Roboter-Kuscheltier bewährt wie "Paro", eine Baby-Robbe mit niedlichen Kulleraugen.

 

(Bildquelle: Albrecht E. Arnold / Pixelio.de)

Nicht nur in der Altenpflege - Roboter helfen, wo sie können

Gedanklich ist es kein weiter Weg zu der Vorstellung, Roboter obendrein in Krankenhäusern oder der häuslichen Pflege wirken zu lassen. Außer der Personalverstärkung in pflegerischen Arbeitsbereichen würden Pflegeroboter wahrscheinlich die Kostenexplosion im Gesundheitswesen dämpfen, trotz ihres zunächst relativ hoch erscheinenden Anschaffungspreises. Bei der Verwendung in Privathaushalten sollten sich Krankenkassen oder Pflegeversicherungen an den Kosten beteiligen oder sie sogar ganz tragen. Unterm Strich dürfte sich der Einsatz der neuartigen Assistenten für die Versicherungen im Gesundheitssektor rechnen.

Was andere Roboter noch so alles draufhaben:

Roboter feiern an der Uni Weihnachten
"Jingle Bells" auf dem Xylophon - zu Weihnachten 2012 gespielt vom waschechten Roboter namens Nao!

Roboter als Film-Stars
Gibt es nicht? Oh doch! Wetten, dass Sie sogar welche davon kennen?

Der hält den Rasen ohne Murren kurz
Ein Rasenmäher-Roboter ist stets zur Stelle, wenn mal niemand Lust zum Mähen hat.

Textdompteuse, am 26.08.2011
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Bildquelle:
johannes flörsch (So findest du die Sternschnuppen der Perseiden)

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