3½ romantische Liebesfilme
Liebe im Kino aus einem halben Jahrhundert: von 1957 bis 2007. Hat sich unsere Vorstellung von Romantik in dieser Zeit verändert? Und wie kommen die Stoffe überhaupt ins Drehbuch?Doch wenn Weihnachten vorbei ist, werden wir etwas weniger sentimental. Schon zum Valentinstag am 14. Februar rückt mit dem zunehmenden Tageslicht auch die Realität wieder etwas näher. Romantik von der DVD ist zwar immer noch angesagt, aber durchaus mit ein paar humoristischen Spitzen und Seitenhieben gespickt. Drei Beispiele für heitere Liebesfilme mit etwas mehr Tiefgang stelle ich hier vor. Und was es mit dem "halben" romantischen Liebesfilm auf sich hat? Einfach weiterlesen!
Nr. 1: Die Zürcher Verlobung
Ein paar satirische Anklänge in einem ansonsten recht harmlosen Film wusste man auch in den 50er Jahren schon zu schätzen. Die Zürcher Verlobung ist sozusagen ein Anti-Film. Er nimmt die zahlreichen Heile-Welt-Schmachtfetzen aus Adels- und Naturburschen-Kreisen auf die Schippe. Das beginnt schon mit dem Personal. Die Heldin ist weder Prinzessin noch Försterstochter, sondern Schriftstellerin und – nur zeitweise, aus Geldmangel – Zahnarzthelferin. Ihren Zukünftigen lernt sie nicht auf einem Ball kennen, sondern im Behandlungszimmer des Zahnarztes. Prosaischer geht es wohl kaum. Die darauf folgende Komödie bezieht ihren Witz aus der Gegenüberstellung eines Drehbuchs, das die Heldin – angespornt durch ihre Verliebtheit – über eine Zahnarzthelferin und einen berühmten Schweizer Dirigenten schreibt, mit der tatsächlichen weiteren Entwicklung ihrer Zufallsbekanntschaft.
Der Film wird auch nach mehrmaligem Anschauen nicht langweilig, denn immer wieder entdeckt man neue Anspielungen auf andere 50er-Jahre-Filme. Vor allem Kenner dieser historischen Streifen werden ihren Spaß daran haben, wenn der Filmproduzent den Dirigenten lieber durch einen Förster ersetzen und unbedingt ein zahmes Reh im Film haben will, um dem Publikumsgeschmack entgegenzukommen. Sissi und die Försterchristel lassen grüßen …
Nr. 2: Shakespeare in Love
Um das Verhältnis von Realität und Fiktion geht es auch in dem mit mehreren Oscars und anderen Preisen ausgezeichneten Film Shakespeare in Love. Über Shakespeares Leben ist wenig bekannt, und so sind der Fantasie der Filmemacher keine biografischen Fesseln angelegt. Wie könnte wohl ein so tragisches Stück wie Romeo und Julia entstanden sein? Direkt nach dem Leben, wenn man den Drehbuchautoren glauben darf. Allerdings doch nicht ganz direkt, denn die Verwicklungen in Romeo und Julia, die letztlich zum Tod der Liebenden führen, wirken bei näherem Hinsehen doch arg konstruiert. In der filmisch fingierten Entstehungsgeschichte kommen zwar erstaunlich viele Motive aus Romeo und Julia und anderen Werken Shakespeares vor, aber sozusagen in die Realität zurückübersetzt und aus dem dramatischen Zusammenhang gerissen.
Es ist ein Film, den sowohl Shakespeare-Kenner und am Elisabethanischen Zeitalter Interessierte genießen können als auch Shakespeare-Newbies, die sich einfach bei einer romantischen Komödie entspannen wollen. Denn der Film bringt das Kunststück fertig, eine letztlich unglücklich endende Liebesgeschichte in ein heiteres Gewand zu kleiden. Zugleich ist er eine bemerkenswerte Studie über die Wurzeln des kreativen Schaffens. In dieser Hinsicht ähnelt er ein wenig der Zürcher Verlobung. Und ebenso wie dort fehlen auch hier nicht die Seitenhiebe auf Film- bzw. Theaterregisseure, die nur ungern auf Publikumsmagneten wie zahme Rehe oder – wie hier – einen Hund auf der Bühne verzichten wollen.
Nr. 3: Tafelspitz
Wechseln wir die Bühne und begeben wir uns aus der Welt der Schriftstellerinnen und Dichter in die der Märchen und Köche. Auch Kochen ist eine Kunst und wird in Tafelspitz ausgiebig zelebriert. Die Tochter einer österreichischen Restaurantbesitzerin hat Probleme, eine berufliche Laufbahn zu finden, und muss erst mit einigen Tricks dazu gebracht werden, eine Ausbildung zur Köchin zu absolvieren. Nach bestandener Prüfung darf sie ein Jahr lang die Welt kennenlernen und beginnt ihre Reise als Au-pair-Mädchen bei einer amerikanischen Familie in Berlin. Ihre Kochkünste führen sie jedoch bald nach New York als Köchin zu einem der reichsten Männer der Stadt. War ihr Weg bis hierher schon kaum glaubhaft, so wird er nun vollends märchenhaft. Sie verliebt sich bei einem ihrer Ausflüge durchs abendliche New York in einen Unbekannten, der sich später als Prinz, äh, nein, als Angehöriger des Geldadels entpuppt. Und noch andere unwahrscheinliche Zufälle führen letztendlich zusammen, was zusammengehört, aber lange Zeit nicht wollte … Der Film ist gespickt mit Klischees über Österreich, über New York, über die Amerikaner, über die Männer, über die Frauen … aber trotzdem lustig und liebenswert.
Nun zu Nr. 3½: Die Zürcher Verlobung – Drehbuch zur Liebe
Remakes sind ja heute keine Seltenheit mehr, und gerade bei historischen Stoffen oder Literaturverfilmungen, mit denen man es früher nicht so genau nahm, häufig eine echte Bereicherung. So manches Remake hätte man sich aber auch sparen können und einige sind sogar ausgesprochen ärgerlich. Zur ärgerlichen Kategorie würde ich die Neuauflage der Zürcher Verlobung aus dem Jahr 2007 zwar nicht zählen, aber einen Gewinn kann ich darin auch nicht sehen. Daher nur ein "halber" Film.
Die Handlung wurde an den Beginn des 21. Jahrhunderts verlegt, was nicht ganz stimmig wirkt, denn es geht ja nach wie vor um Mr Right und die Ehe. Die Veränderungen sind marginal und betreffen nur Unwesentliches. Die Auslassungen dagegen sind gravierend und nehmen der Filmhandlung einen Teil der inneren Motivation. So greift im Original zum Beispiel ein elfjähriger Junge immer wieder in die Handlung ein und trägt am Schluss auch zur Entscheidung bei. Dessen Rolle wurde im Remake stark beschnitten, was den Film wohl moderner wirken lassen soll, ihn aber um einen Teil seiner Aussage bringt.
Das idealisierte Familienleben, das in den Filmen der 50er Jahre propagiert wird, gibt es heute in dieser Form nicht mehr. Darüber können auch ein paar moderne Requisiten wie Handy und Laptop nicht hinwegtäuschen. Das weiß der Regisseur, denn er lässt die Protagonistin die Story aus dem Off erzählen und blendet obendrein noch zusätzlich Kommentare ihrer Mutter ein. Offenbar traut er der Geschichte nicht über den Weg und befürchtet das Unverständnis der Zuschauer ohne diese Hilfestellung. Meiner Meinung nach ein Armutszeugnis für einen Film. Was den Zeiger auf der Waage dann doch fast in Richtung "Ärgernis" ausschlagen lässt, ist ein völlig unmotivierter Gastauftritt von Liselotte Pulver am Schluss, die im Original von 1957 die Hauptrolle spielte.
Bildquelle:
Hugo Gerard Ströhl [Public domain], via
('Sissi' und andere Kaiser-Filme der Fünfzigerjahre)
By Cassandra Austen (1773-1845) [Public
('Stolz und Vorurteil' mit Keira Knightly – warum gerade dieser Film?)
Maria Wodzińska
(Chopin - Sehnsucht nach Liebe)