Warum ist das letzte Bild wichtig?

Nach einem aufregenden Abenteuer, bei dem ihr als Zuschauer wirklich mitgefiebert habt, sollt ihr entspannen und euch gut fühlen. Doch es ist nicht nur das. Ihr werdet aus einem Drama mit einem banalen Satz und einer machmal seltsam anmutenden Szene zurückgelassen, damit der Übergang in eure eigene Normalität einfacher wird.

Am besten lässt sich das an einem Beispiel veranschaulichen. An welches Ende erinnern sich die meisten Leute? Casablanca.

Rick (sie nennt ihn Richard) und Ilsa (im engl. Original) Elsa (in der dt. Fassung) am Flughafen. 'Here's looking at you, Kid.' ('Ich seh' dir in die Augen, Kleines') lautet sein letzter Satz zu ihr? Gucken wir doch noch mal...

Der letzte Satz und das letzte Bild - was bleibt in Erinnerung?

Der letzte Satz aus Casablanca ist also wirklich banal. 'Louis, I think this is the beginning of a beautiful friendship.' ('Louis, ich denke, das ist der Beginn einer wundervollen Freundschaft).

Was besagt das? Nun, Ilsa und Victor sind in Sicherheit, Rick wurde gerade von Louis gerettet und wird in Casablanca bleiben und weiterhin sein 'Rick's Café' führen. Alle sind zufrieden, wenn auch im Herzen etwas wehmütig und Louis und Rick gehen gemeinsam zurück in ihre Welt. Genauso wie die Zuschauer, die mit diesem Gefühl beruhigt das Kino verlassen können.

Überprüfen wir die Theorie des banalen letzten Satzes. Erinnert ihr euch an 'Es war einmal in Amerika'? Ein schöner, langer, aufwühlender Film mit Robert de Niro und James Woods. Ich werde dieses letzte Bild nie vergessen...

Was ist passiert?

Im Grunde genommen passiert in diesen letzten Moment in 'Es war einmal in Amerika' nichts. Robert de Niro, der den 'Noodles' in diesem Film spielt, ist am Ende und weiß gerade nicht weiter. Er sieht sich ein Japanisches Puppenspiel an und legt sich dann hin, um sich mit einer Opiumpfeife zu betäuben und die dramatischen Erlebnisse vergessen, wie auch die Tatsache, dass er seine besten Freunde aus der Kindheit verloren hat. Berauscht kann er gelöst lachen und der Zuschauer kann nach Hause gehen.

Sergio Leone war ein meisterhafter Regisseur. Das Ende seiner Filme war stets etwas, das man aus dem Kino nach Hause mitnahm. Hier noch ein Beispiel aus einem seiner Filme...

Spiel mir das Lied vom Tod - das Duell war leider nicht die letzte Szene

Auch wenn es euch so in Erinnerung ist, das Duell der beiden Hauptcharaktere war nicht die letzte Szene in Spiel mir das Lied vom Tod. An das wirklich Ende erinnert sich nur niemand, weil die Musik fröhlich wird, obwohl ein weiterer Mann stirbt und alle froh sind, dass der Bösewicht nun seine gerechte Strafe erhalten hat.

Doch in diesem Film schließt sich mit den letzten Bildern der Kreis. Es fährt wieder ein Zug in den kleinen Ort, die Arbeiter verlegen noch immer Gleise, neue Menschen kommen an - das Leben geht weiter. Großes Kino, stimmt's? Man war ein paar Stunden lang mit Charles Bronson und Claudia Cardinale in einem spannenden Abenteuer und hat Henry Fonda gejagt. Nun ist alles wieder wie vorher.

Nun noch ein Film eines anderen berühmten Regisseurs, den ich auch sehr mag: Billy Wilder. Ich wollte erst 'The Odd Couple' mit Walter Matthau und Jack Lemmon nehmen, doch leider konnte ich den Film und die letzte Szene nicht auf YouTube finden. Deshalb soll die letzte Szene, das letzte Bild, aus 'Manche mögen's heiß' (Some Like It Hot) als Beispiel dienen. Kurz zusammengefasst haben sich Jack Lemmon und Toni Curtis in diesem Fall als Frauen verkleidet, um als Musiker Arbeit zu finden - in diesem Fall in einer Frauenband. Sie gehen mit all den Frauen auf Tournee und verlieben sich natürlich. Toni Curtis bekommt schließlich Marilyn Monroe - hat sich aber stets für seine Dates als Mann umgezogen. Jack Lemmon hingegen bekommt einen männlichen Verehrer, der sich in ihn als verkleidete Frau verguckt hat. Das bedeutet, er muss die ganze Zeit seine weibliche Rolle weiterspielen. Doch am Ende des Films versucht er den Galan auf höfliche weise loszuwerden und dem Verehrer klar zu machen, dass sie nicht zusammenpassen. Den Verehrer schrecken alle Versuche nicht ab, bis Jack Lemmon entnervt aufgibt, die Maskerade beendet und zugibt, ein Mann zu sein. Die schlichte Antwort ist: 'Nun, niemand ist perfekt.' ('Well, Nobody's perfect.')

Ein Lacher am Ende erlöst die Zuschauer und Jack Lemmon gleichermaßen. Humor ist ein oft gewähltes Mittel für das Ende, weil das Lachen einfach sämtliche eventuell noch bestehende Anspannungen auflöst. Da der ganze Film natürlich komisch und witzig ist, geht man so mit dem Gefühl nach Hause, viel Spaß gehabt zu haben - was bei Billy Wilder fast immer der Fall ist. Auch dies ist eine hohe Kunst des Erzählers, ebenso wie den oben erwähnten Kreis zu schließen.

Wie gut könnt ihr euch erinnern?

Könnt ihr euch erinnern, was euch in einen Film oder auch in ein gutes Buch hineingezogen hat? Was war der Auslöser? Und wenn ihr darüber nachdenkt, wie hat euer Lieblingsfilm geendet? War es ein beeindruckendes Ende, wenn ja, warum?

War es emotional, hat es euch beruhigt oder zufriedengestellt?

Hat das Ende des Films zum Film gepasst oder war es unbefriedigend? Wenn ja, was hat euch geärgert oder gestört?

Anfang und Ende eines Films sind selbst bei TV-Serien wichtig. Ihr könnt es selbst kontrollieren. Achtet doch einmal darauf, wie Castle, Navy CIS, Immer wieder Jim, King of Queens, Grey's Anatomy, Desperate Housewives, Sex and the City und wie sie alle heißen in den einzelnen Folgen beginnen und wie sie enden. Bei Castle wird es ganz schnell deutlich, doch es ist auch in allen anderen Serien zu entdecken - ebenso natürlich in den deutschen Serien. Ihr werdet nun vermutlich mit anderen Augen gucken, doch das kann sehr interessant sein, weil euch mit der Zeit Dinge auffallen werden, auf die ihr nie zuvor geachtet habt. Viel Vergnügen!

 

Die letzten Szenen 'Casablanca' - zuerst das 'Must Have', der Abschied zwischen Rick und Ilsa/Elsa
Hier die allerletzte Szene aus Casablanca, mit einem berühmten Satz ...
Seht selbst: Once Upon a Time in America - letzte Szenen
Dies ist die wirklich letzte Szene in Spiel mir das Lied vom Tod
Manche mögen's heiß - Some Like It Hot - die allerletzte Szene
Betty, am 23.12.2014
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Bildquelle:
Jessica Schroth/pixelio.de (Margret Mitchell - 'Vom Winde verweht' und die Parallelen im echten...)
© Elisabeth R. Meier (photographer) (Der erste Satz einer Geschichte)
Thunderheart-Filmplakat (Ausschnitt) (Thunderheart - ein Film über indigene Traditionen, produziert von R...)
via fanpop.com (Working Girl (Die Waffen der Frauen) - ein amerikanischer Kultfilm)

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