Die Arena: Thriller von Stephen King
Unzerstörbare Kuppel trennt Kleinstadt vom Rest der Welt ab. Mit fatalen Folgen für die Einwohner, die sich gegenseitig an die Gurgeln gehen. Spannender Stephen-King-Thriller.Maine kleine Welt
Unfassbares ereignet sich in der beschaulichen Stadt Chester's Mill in Maine: Eine unsichtbare kuppelförmige Barriere trennt die Einwohner vom Rest der Welt ab. Wer sich an diesem speziellen Oktobertag in Chester's Mill aufhält, wird zum hilflos Gefangenen. Die Kuppel erweist sich rasch als unzerstörbar und umfassend: Selbst die mächtigsten Waffen der US-Armee prallen wirkungslos an dem rätselhaften Gebilde ab.
Einer der Eingeschlossenen ist Dale Barbara, ehemaliger Irak-Soldat und Koch eines Schnellimbisses, der nach einer Schlägerei eigentlich die Stadt verlassen wollte. Nun ist er ebenso wie zweitausend andere Menschen Gefangener der unzerstörbaren Kuppel und den Intrigen des Zweiten Stadtrats Jim Rennie ausgeliefert. Rennie ist ein mit allen Wassern gewaschener Gauner, der vor keinem Mittel zurückschreckt, um sich Macht und Einfluss zu sichern.
Die Kuppel ist wie ein Gottesgeschenk für ihn. Denn plötzlich kann sich der psychopathische Politiker durch geschicktes Ziehen der ihm zur Verfügung stehenden Fäden zum alleinigen Herrscher dieser Mini-Welt aufschwingen. Nur Dale Barbara und einige andere aufrechte Bürger stehen der totalen Diktatur entgegen. Für Rennie kein Grund zur Besorgnis: Er hat jede Menge schmutziger Tricks auf Lager, um seine Gegner auszuschalten - bis hin zum Mord.
Apokalypse im Kleinstadt-Idyll
Nach einer Reihe zäher Selbstfindungsromane wie "Wahn", kehrt Horror-Altmeister Stephen King mit "Die Arena" endlich dorthin zurück, wo seit jeher seine größten Stärken liegen: Apokalyptische Szenarien in Maine! Diesmal schlägt der Blitz des Bösen in der fiktiven Kleinstadt Chester's Mill ein. Buchstäblich von einer Sekunde auf die nächste stülpt sich eine gewaltige Kuppel über die Stadt und schließt die Bewohner ein. Bereits die ersten Seiten des Romans enthüllen, wohin die Reise geht: Ins Kernland King'schen Horrors! Kompromisslos steigt der Bestsellerautor mitten ins Geschehen ein und hält sich nicht lange mit leerem Vorgeplänkel auf. Ein ungünstig herumstehendes Murmeltier wird von der Kuppel in zwei Hälften geschnitten und stirbt mit dem nebulösen Gedanken: "Was ist denn geschehen?"
Den menschlichen Nebenfiguren ergeht es nicht viel besser, denn gemeinerweise ist die Kuppel nicht nur unzerstörbar, sondern auch unsichtbar. Folglich zerschellen Flugzeuge und Wagen mitsamt Insassen an dieser Barriere und es dauert, bis sich die Bewohner, aber auch die neugierigen und bisweilen sensationslüsternen Außenstehenden an die neue Situation gewöhnt und damit abgefunden haben.
Kuppel-Idee lange vor den "Simpsons"?
Angeblich trug sich Stephen King schon lange vor dem 2007 in den Kinos gelaufenen "Simpsons"-Film mit dem Gedanken an eine Kuppel, die eine ganze Kleinstadt von der restlichen Welt abschneidet. Fast klingt es wie eine Rechtfertigung, derer es ohnehin nicht bedurfte. Sein Szenario hat mit jenem des Zeichentrickhits rein gar nichts gemeinsam. Eher schon könnte man interessante Parallelen zu Marlen Haushofers berühmtestem Werk "Die Wand" ziehen, in dem eine namenlos bleibende Frau durch eine geheimnisvolle Wand von der übrigen Welt völlig isoliert wird.
Freilich: King füllt den fast 1.300 Seiten starken Roman nicht nur mit allerlei Action, Gewalt und Intrigen, sodass an keiner Stelle Langeweile aufkommt, sondern auch durchaus ernsthaften Überlegungen und Betrachtungen, wozu Menschen in Extremsituationen fähig sind. Sowohl in positiver, als auch verabscheuenswürdiger Hinsicht. Obwohl die Rollen der Pro- wie auch Antagonisten von Beginn weg klar verteilt sind, bewegen sich viele Nebencharaktere in einem Graubereich des Wertespektrums.
Allegorien auf 9/11
Wie viele andere Romane der letzten Jahre auch, befasst sich der Thriller "Die Arena" unwillkürlich mit den Folgen der 9/11-Anschläge und spricht die Angst vor dem Terror mehrfach direkt an. Dabei ist es nicht nur die Furcht vor Terroranschlägen selbst, die sich tief ins Unterbewusstsein der Amerikaner eingegraben hat, sondern auch das Unwohlbefinden angesichts der Reaktionen auf die Schrecken: Einschränkung der Bürgerrechte, Irak, Afghanistan. Nicht zufälligerweise handelt es sich beim Protagonisten Dale "Barbie" Barbara um einen verbitterten Irak-Veteranen, der die im Namen von Freiheit und Gerechtigkeit begangenen Scheußlichkeiten der US-Truppen nicht vergessen kann und will.
Über weite Strecken hinweg ist "Die Arena" aber das für King typische Szenario einer scheinbar friedlichen Kleinstadt, unter deren glänzender Oberfläche es aber brodelt. Und es bedarf nur eines winzigen Funkens, um den schönen Schein zu zerstören und das hässliche, wahre Antlitz der Stadt zum Vorschein zu bringen. Gewiss: Phasenweise übertreibt es der am 21. September 1947 in Portland geborene Red-Sox- und Hardrock-Fan mit der Bösartigkeit des "Big Jim" Rennie, sodass sich der Leser unwillkürlich fragt, wie ein solcher Psychopath über Jahre hinweg die Menschen täuschen kann. Aber derlei überzeichnete Bösewichte finden sich gerade in der Unterhaltungsliteratur mit Vorliebe und wird von den meisten Lesern geradezu erwartet.
Die Kuppel: Verschwörung der Regierung oder Außerirdische?
Ob man die schlussendliche Auflösung des Mysteriums, wer oder was hinter der Errichtung der Kuppel steckt, befriedigend findet oder nicht, ist natürlich Geschmackssache. Erstaunlicherweise nimmt diese Frage gar keine elementare Schlüsselrolle im Roman ein. Wichtiger ist die Frage, was sich "Big Jim" an Gemeinheiten einfallen lässt, um Dale Barbara auszuschalten, wie es den Eingeschlossenen im Allgemeinen ergeht und welche Auswirkungen die Isolation auf die geistige Gesundheit zeigt.
Stephen Kings bis dato drittlängster Roman nach den ungekürzten Versionen von "Das letzte Gefecht" und "Es" vermag auf Grund des fehlenden mythologischen Hintergrunds nicht dieselbe dichte Atmosphäre aufzubauen und dermaßen nachhaltige Wirkung beim Leser zu erzeugen. Aber "Die Arena" ist Kings bester Roman seit langem und ein äußerst spannender Thriller mit viel grimmigem Humor und zahlreichen sarkastischen Seitenhieben auf eine paranoid gewordene Gesellschaft.
Die Arena: Roman | Die Arena |
Originaltitel: "Under the Dome"
Autor: Stephen King
Veröffentlichungsjahr: 2009 (auf Deutsch)
Seitenanzahl: 1280 Seiten
Verlag: Heyne
Autorenwebsite: www.stephenking.com
Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)