Was ist die "Offenbarung des Johannes"?

Der überwiegende Inhalt der Offenbarung sind visionäre Bilder von Katastrophen globalen, wenn nicht sogar kosmischen Ausmasses, die der Menschheit in der Zukunft drohen, so dass die Offenbarung auch als Apokalypse, als prophetische Schrift über das – schreckliche – Weltende bezeichnet worden ist. Diese visionären Bilder sind Johannes - so beschreibt er es in der Offenbarung - durch einen Engel übermittelt worden, den Jesus Christus ihm gesandt hatte. Johannes war ein frühchristlicher Prophet und lebte zu diesem Zeitpunkt in der Verbannung auf der griechischen Insel Patmos.

Sieben Siegel

Bei den endzeitlichen Katastrophen, die Johannes beschreibt, handelt es sich um drei große Strafaktionen Gottes, die gegen die gerichtet waren, die immer wieder vom Glauben an Gott abgefallen waren und seinen Willen missachtet hatten. Bei der ersten Strafaktion ging es um eine Buchrolle, die mit sieben Siegeln versiegelt war, die nur Jesus, das Lamm Gottes, öffnen durfte.

Nach dem Öffnen der Siegel traten zunächst die apokalyptischen Reiter in Aktion. Diese brachten vielen Menschen den Tod durch Machtmissbrauch, Krieg, eine weltweite Hungersnot und durch Seuchen. Dann erschienen die Seelen der Märtyrer, um Vergeltung für ihren Tod zu verlangen. Es folgte ein Erdbeben, die Sonne färbte sich schwarz, der Mond wurde wie Blut, die Sterne fielen auf die Erde, und der Himmel verschwand.

Sieben Posaunen

Dann wurde durch sieben Engel mit dem Blasen von sieben Posaunen die zweite grosse Strafaktion eingeleitet. Zunächst prasselten Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, auf die Erde nieder. Dadurch wurde ein Drittel der Erde verbrannt. Dann fiel ein brennender Berg ins Meer. Ein Drittel der Lebewesen im Meer und ein Drittel der Schiffe wurden daraufhin vernichtet. Danach fiel ein Stern namens "Wermut" in Flüsse und Quellen. Ein Drittel des Wassers wurde bitter, und viele Menschen starben durch das Wasser.

Dann verloren die Sonne, der Mond und die Sterne ein Drittel ihrer Leuchtkraft, der Schacht des Abgrunds wurde geöffnet, und es kamen wie Monster aussehende Riesenheuschrecken heraus, um die Menschen, die nicht das Siegel Gottes auf der Stirn trugen, fünf Monate lang zu quälen. Danach wurde ein Drittel der Menschheit durch Feuer, Rauch und Schwefel aus den Mäulern von vielen tausend Pferden getötet. Den Abschluss bildeten ein Beben und schwerer Hagel.

Die sieben letzten Plagen

Bei der dritten grossen Strafaktion sind von Engeln sieben goldene Schalen, die mit dem furchtbaren Zorn Gottes gefüllt waren, über die Erde ausgegossen worden. Zunächst bildete sich an vielen Menschen ein bösartiges und schmerzhaftes Geschwür. Dann wurde das Meer zu Blut; alle Lebewesen im Meer starben. Auch in den Flüsse und Quellen wurde das Wasser zu Blut. Die Sonne erhielt eine solche Kraft, dass die Menschen in der Hitze verbrannten. Es folgten Blitze, Donner und ein gewaltiges, so noch nie erlebtes Erdbeben. Die Städte stürzten ein, alle Inseln und Berge verschwanden. Gewaltige Hagelbrocken stürzten auf die Menschen herab.

Das "Happy-End"

Nach all dem Grauen entstehen der "neue Himmel und die neue Erde", und von Gott kommt aus dem Himmel das "neue Jerusalem" herab. Diese neue heilige Stadt Jerusalem scheint aus Gold und Edelsteinen zu bestehen, und mitten durch die Stadt führt eine breite Strasse, an der der Strom mit dem Wasser des Lebens entlang fliesst. An beiden Ufern des Stroms wächst der Baum des Lebens. Zwölfmal im Jahr trägt er Früchte, so dass er jeden Monat abgeerntet werden kann. Die Bewohner der Stadt - und das sind diejenigen, die Gott immer die Treue gehalten haben und deshalb im Lebensbuch des Lamms eingetragen sind - werden zusammen mit Gott für immer und ewig regieren.

Warum hat Johannes die Offenbarung verfasst?

Johannes hat die Offenbarung um die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. verfasst, als im damaligen Römischen Reich die systematische Verfolgung der Christen eingesetzt hatte, die bis zum Beginn des vierten Jahrhunderts von zehn römischen Kaisern betrieben wurde. Besonders brutal und grausam liessen die Kaiser Nero und Diokletian die Christen wegen ihres Glaubens all ihrer Rechte berauben und ermorden.

Es ist deshalb zu vermuten, dass Johannes den Christen mit der Offenbarung Mut machen und ihnen die Gewissheit vermitteln wollte, dass ihr entsetzliches Leiden nicht umsonst sein, dass Gott irgendwann für Gerechtigkeit sorgen würde, indem er ihre Peiniger mit ewiger Verdammnis bestrafen und sie selbst mit einem ewigen Leben im neuen himmlischen Jerusalem belohnen würde. Auch in der heutigen Zeit könnte die Offenbarung als Ermutigung und Trost für Christen dienen, da auch heute in vielen Ländern der Erde Christen wegen ihres Glaubens verfolgt und sogar getötet werden.

Leben wir in der Endzeit?

Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt der Offenbarung in christlichen Freikirchen wie den Siebenten-Tages-Adventisten zu, da hier davon ausgegangen wird, dass die Endzeit tatsächlich angebrochen ist, in der globale Katastrophen der Wiederkehr Christi vorausgehen, diese sozusagen ankündigen. Die Freikirchen berufen sich diesbezüglich nicht nur auf die Offenbarung des Johannes, sondern auf Jesus Christus selbst, der angekündigt hat, dass vor seiner Wiederkehr eine Schreckenszeit anbrechen würde, in der sich ein Volk gegen das andere und ein Reich gegen das andere erheben würde, in der Hungersnöte und Erdbeben bald diese Gegend heimsuchen würden und bald jene (S. Matthäusevangelium Kap.24, Vers 7).

Selbst wenn man diese Sichtweise nicht teilen mag, ist es meines Erachtens wirklich erstaunlich, in welch hohem Masse die apokalyptischen Prophezeiungen den gegenwärtigen Zustand der Welt widerspiegeln. So gibt es tatsächlich an allen Ecken und Enden der Welt kriegerische Auseinandersetzungen, und auch verheerende Erdbeben scheinen immer häufiger aufzutreten. Ferner könnte man die Ankündigungen des Johannes, dass das Wasser in den Flüssen und im Meer für alle Lebewesen ungeniessbar werden und die Sonne eine Hitze ausstrahlen wird, die für Menschen unerträglich wird, meiner Meinung nach mit der globalen Verschmutzung der Flüsse und Meere durch Pestizide und Plastikmüll und mit dem Klimawandel gleichsetzen, durch den es auf der Erde immer heisser wird.

Warnung und neue Hoffnung

Meiner Meinung nach sollte man die Offenbarung des Johannes als eine Warnung vor menschlicher Selbstüberschätzung, vor der Missachtung der Schöpfung, betrachten. Denn die Folgen eines solchen Fehlverhaltens werden die Menschheit, wie Johannes gezeigt hat, so oder so treffen, wobei gläubige Menschen wie Johannes diese Folgen als Strafen Gottes betrachten.

Johannes ist auch - wie ich hier noch hinzufügen möchte - gezeigt worden, gegen wen sich der Zorn Gottes explizit richtet, nämlich gegen den Teufel und dessen Handlanger, die die Menschen immer wieder zu einem Abfall vom Glauben verleitet haben. Bei den Handlangern des Teufels handelt es sich – so die Offenbarung - um ein erstes Tier, das aus dem Meer heraufgestiegen ist, und ein zweites Tier, das aus der Erde heraufgestiegen ist. Das erste Tier könnte ein mächtiger endzeitlicher Despot sein und das zweite Tier sein Propagandaapparat. Aber auch diese Widersacher Gottes werden - wie Johannes schildert - unschädlich gemacht werden.

Letztlich vermittelt die Offenbarung die Hoffnung, dass auch grosse Katastrophen nicht das Ende bedeuten, dass Gott den Menschen, die ihm die Treue gehalten haben, einen Neubeginn "unter einem neuen Himmel, auf einer neuen Erde" ermöglichen wird. In der Sichtweise der Malteser wird diese Erwartung auf die Eigenschaft des Menschen bezogen, sich nach etwas zu sehnen, das fehlt, das vermisst wird und das deshalb Gegenstand von Wünschen und Träumen wird, die man – mit Gottes Hilfe - verwirklichen kann.

Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass man offen für die Zukunft ist und sich nicht nach Vergangenem sehnt. Dieses Vertrauen auf die Zukunft, auf die Möglichkeiten, die auf uns in der Zukunft warten, ist für die Malteser die Kernbotschaft der Offenbarung. Menschen, die für uns diesbezüglich Vorbilder sein könnten, sind für die Malteser der ehemalige US-Präsident Barack Obama, der ehemalige Präsident Südafrikas Nelson Mandela und die Ordensgründerin Mutter Teresa – um nur einige Prominente zu nennen.

 

Autor seit 11 Jahren
163 Seiten
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