Kindererziehung in der heutigen Zeit - Konflikte aushalten, Kompromisse suchen

Wer heute Kinder zu erziehen hat, sieht sich einer großen Herausforderung gegenüber. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft stark verändert und nimmt auf vielfältigere Weise Einfluss auf Kinder und Jugendliche, als dies noch vor 20 oder 30 Jahren der Fall war. Diese Tatsache bringt es mit sich, dass die Erziehung sich schwieriger und komplexer gestaltet.

Gesellschaftliche Einflüsse auf Kinder und Jugendliche

Die bei vielen Familien zu beobachtenden Erziehungsprobleme sind durch die Gesellschaft sozusagen hausgemacht. Stärker als in früheren Zeiten sind Kinder in die Komplexität der Gesellschaft eingebunden. Reizüberflutung durch die Medien, stärkere Gewaltbereitschaft durch den negativen Einfluss von brutalen Videospielen und der Gewaltverherrlichung im Fernsehprogramm und immer öfter auftretende Stresssituationen durch die hohen Anforderungen in der Schule sind nur einige Gründe für die steigende Zahl von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen. Die Kinder treten in eine virtuelle Fantasiewelt ein, in der sie Aufmerksamkeit erfahren und sei es auch nur durch ein gewonnenes Computerspiel. Nicht wenige Kinder und Jugendliche verbringen bis zu 12 Stunden am Tag vor dem TV-Gerät oder dem Computer. Aber auch die fast unbegrenzte Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu treten, führt dazu, dass Kinder sich mehr und mehr von ihren Eltern distanzieren und lieber mit Hilfe ihres Handys oder des Internetanschlusses mit Freunden in Kontakt treten. So hat eine Umfrage gezeigt, dass mancher Jugendliche beispielsweise bis zu 500! SMS am Tag verschickt und empfängt. Da muss die Kommunikation mit den Eltern letztlich auf der Strecke bleiben.

Viele Eltern sind überfordert mit der Erziehung

Wer sich heute entscheidet, einem Kind das Leben zu schenken, der entscheidet sich fast immer auch für den Spagat zwischen Elternrolle und Berufstätigkeit. Die wirtschaftliche Situation verbietet es den meisten, für längere Zeit aus dem Berufsleben auszusteigen. Durch ständig steigende Lebenshaltungskosten reicht ein Gehalt schon lange nicht mehr aus, um eine Familie ausreichend zu versorgen. Deshalb kehrt auch die Mutter schon kurz nach der Geburt in ihren Beruf zurück. Die Folge ist eine massive Doppelbelastung durch Beruf und Familie. Durch diese zweifache Belastung kommt es sehr oft zu Defiziten in der Kindererziehung, einer Vernachlässigung der Erziehungsaufgaben und einer gefühlsmäßigen Vereinsamung des Kindes aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit von Seiten der Eltern. Nach der Schule ist kein Elternteil daheim, das Essen kommt aus der Mikrowelle und der erste Griff nach Schulschluss gilt nicht den Hausaufgaben, sondern der Fernbedienung des Fernsehers oder dem Startknopf am Computer.

Leider zeigt sich auch, dass viele Eltern aufgrund der hohen beruflichen Belastung nur noch selten die Zeit finden, sich intensiv mit den Sorgen, Freuden und Wünschen ihres Kindes zu befassen. Das führt nicht selten dazu, dass sich das Kind unverstanden fühlt, sich zurückzieht, von den Eltern distanziert und sie nicht mehr als Autorität wahrnimmt. Hier sind Konflikte vorprogrammiert, wenn das Kind plötzlich mit Forderungen der Eltern konfrontiert wird. Gespräche mit Kindern und Jugendlichen haben gezeigt, dass diese sich fragen, warum sie in bestimmten Situationen auf ihre Eltern hören sollen, obwohl diese sich sonst nicht für das interessieren, was sie tun.

Interesse, Kompromissbereitschaft und Grenzen sind wichtig

Viele Kinder erleben ihre Eltern nicht mehr in dieser Rolle und verlieren zunehmend den Respekt. Um sich diesen wieder zu erarbeiten, ist es für Eltern wichtig, ihrem Kind wieder das Gefühl zu geben, dass sie sich für die Belange des Kindes interessieren und an seinem Leben Anteil nehmen möchten. Denn nichts braucht ein Kind so sehr, wie die Aufmerksamkeit seiner Eltern. Eine weitere Beobachtung zeigt, dass viele Kinder von ihren Eltern keine Grenzen mehr aufgezeigt bekommen. Hierbei geht es nicht einmal um besonders massive Grenzziehungen, sondern um allgemeine Verhaltensregeln, ohne die keine Lebensgemeinschaft auskommt. Solche Grenzen erst im Jugendalter zu setzen, ist häufig nicht von Erfolg gekrönt. Vor allem geht es wohl um die Vermittlung von Werten schon von frühester Kindheit an, denn nur dann wird das Kind verstehen und akzeptieren, dass deren Einhaltung grundlegend das Zusammenleben gestaltet und gelingen lässt.

Vor allem Jugendliche haben Ansprüche, die sie durchsetzen möchten. Hier ist es wichtig, diese nicht von vornherein abzulehnen, sondern gemeinsam mit dem Jugendlichen Kompromisse zu finden, die beide Seiten zufriedenstellt. So spürt der Jugendliche, dass er mit seinen Wünschen wahr- und ernstgenommen wird.

Autor seit 13 Jahren
212 Seiten
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