Fiktive Personen erfinden - Beschreibung für Typen, die es gar nicht gibt
Wie beschreibst du am besten eine Person, die du nicht kennst? Gute Frage? Stimmt. Ich erhöhe den Schwierigkeitsgrad: Beschreibe eine Person, die es noch gar nicht gibt, die du aber kennst. Seltsam?Von Kopf bis Fuß
Aus den üblichen Krimisendungen im TV Programm kennt ihr alle die Routinearbeiten der Polizei: Die Zeugen werden befragt und sollen berichten, woran sie sich erinnern. Die meisten tun sich dann mit der Antwort schwer. Doch ihr könnt das üben! Es ist ein witziger Zeitvertreib und mal was Anderes. Ganz egal, ob ihr mit dem Auto im Berufsverkehr steckt, an der Kasse steht oder in der S-Bahn sitzt - guckt euch die Menschen an und dann stellt euch vor ihr solltet beschreiben wer vor euch in der Schlange an der Kasse gestanden hat. Bitte eine möglichst genaue Beschreibung der Person, besondere Merkmale, Kleidung und was hat sie getan und/oder gesagt. Wie geht ihr vor? Von Kopf bis Fuß oder umgekehrt? Ganz anders:
- Was sticht euch ins Auge? Nichts? Die Person ist also eine graue Maus und sieht so unscheinbar aus, dass ihr sie nie und nimmer irgendwo wieder erkennen würdet? Das bezweifele ich!
- Scannt die Menschen mit euren Augen ab. Geschlecht, Größe, Haarfarbe, Figur, Kleidung, körperliche Merkmale, seltsame Dinge (trägt Hausschuhe, bohrt in der Nase, trägt Kontaktlinsen mit der japanischen Flagge, kämmt sich das gegelte Haar mithilfe seines Spiegelbilds in der Scheibe...).
- Überprüft euch: Könnt ihr 10 Minuten später die Person noch beschreiben? Woran würde sie jemand, der sie nicht gesehen hat, erkennen?
- Ihr könnt euch am Anfang Notizen machen. Ich mache mir Notizen, wenn mir ein besonderer Typ interessant oder spannend vorkommt. Diese Notizen fließen dann irgendwann in eine Figur meiner Geschichten.
Charakterisierung einer erfundenen Person
Wie bei Artikeln, Inhaltsangaben und anderen Texten, lassen sich auch bei einer Charakteristik die Fragen wer, was, wann, wo und warum stellen. Das 'Wie' kann bei Bedarf ergänzt werden.
1. Wer: Benenne den Namen, das Geschlecht, das ungefähre Alter, den Beruf und, sofern möglich, die Lebensumstände (verheiratet, Anzahl der Kinder, Familienverhältnisse, Wohnsituation, Arbeitssituation, Krankheiten, Angewohnheiten etc.) des zu charakterisierenden Protagonisten.
2. Was: Welche Rolle spielt diese Person in der Geschichte? Welche Beziehungen hat die Person und welchen Einfluss hat sie auf die Geschichte? Hat sie ein Problem, löst sie einen Konflikt aus oder auf - oder beides?
3. Wann: Gibt es bestimmte Momente, in denen die Person in der Geschichte erscheint - oder auch fernbleibt, obwohl sie gebraucht wird? Wie viel Zeit/Platz nimmt die Person in der Geschichte ein? Ist sie vielleicht der Ich-Erzähler oder ist sie die Hauptperson, über die immer nur in Abwesenheit gesprochen wird?
4. Wo: An welchem Ort lebt die Person? Taucht sie in der Geschichte an verschiedenen Orten auf? Oftmals zeigen sich dadurch Gewohnheiten (z.B. regelmäßige Reisen, tägliche Fahrten, der Gang in die Kirche oder Synagoge, jedes Wochenende aufs Land fahren). Sind die Orte, an denen die Person auftaucht, wichtig für sie oder für die Geschichte (im besten Fall sind sie es)?
5. Warum: Welche Motive und Gedanken hat die zu charakterisierende Person? Warum tut sie etwas auf die eine oder andere Weise? Und als Ergebnis der Überlegungen nach den Motiven: Wie ist sie charakterlich einzuschätzen? Außerdem: Wie wichtig ist diese Figur für die Geschichte? Stellt sich dabei heraus, dass sie relativ unbedeutend ist, sollte man überlegen, ob sie in der Geschichte bleiben sollte oder ganz gestrichen wird. Meistens sind Figuren für einen Teil der Geschichte wichtig und werden dann nicht mehr erwähnt. Für die Leser/Zuschauer ist es wichtig zu erfahren, was mit Figuren passiert ist, die plötzlich nicht mehr auftauchen. Dabei ist es egal, ob die Figur stirbt, verreist oder auswandert.
Abschließend gehört in eine Charakteristik die Beurteilung, ob sich die Person im Laufe der Geschichte entwickelt. Wird sie ein besserer Mensch? Lernt sie etwas? War sie zu Beginn harmlos und entpuppt sich als der Mörder? Auch hier sind die Motive/Gründe wichtig als Backup für mich als Autorin. Zudem muss ich die Person interpretieren. Ist sie sympathisch oder voll daneben, reich und dämlich oder arm und unbeholfen? Wie klug ist sie, wie ehrlich, wie gut oder böse? Möchte der Leser sie kennenlernen oder kann er dankend darauf verzichten? Abgerundet wird eine Charakteristik mit der Position der Figur. Steht sie auf einer Ebene mit den anderen Charakteren oder über/unter anderen, steht sie im Mittelpunkt der Geschichte oder eher am Rand?
Wenn man für alle Figuren der Geschichte diese Fragen beantwortet hat und beantworten konnte, hat die Geschichte ein ziemlich gutes, stabiles Gerüst. Vor allem kann der Autor beim Schreiben jederzeit sagen, wie diese oder jene Figur reagieren wird. Das erleichtert den Entstehungsprozess und ein Drehbuch oder ein Roman oder auch eine Kurzgeschichte wird deutlich schneller fertig.
Bildquelle:
twinlili/pixelio.de
(Kreativer werden und mehr daraus machen)
© Elisabeth R. Meier (photographer)
(Der erste Satz einer Geschichte)