Gibt es ein Leben außerhalb der Texterbörsen?
Ja, gibt es. Man muss es nur wählen und dazu lernen. Welche Vorteile ein Texterleben außerhalb der Börsen hat, erfahrt ihr hier.(Bild: OpenClipartVectors / Pixabay)
Ich hab 4 Sterne, ich bin super!
Texterbörsen funktionieren ein bisschen so wie Schule. Man bekommt statt Noten Sternchen zugewiesen. Das Lektorat der Börsen prüft und bewertet die abgegebenen Texte und stuft die Texter ein. Die Notengebung ist dabei umgekehrt. 1 ist das schlechteste und die letzte Stufe, 5 oder 6 oder ganz einfallsreich 4+++, sind die besten Noten.
Man kann sich denken, oder vielleicht auch nicht, dass erwachsene Menschen sich gerne noch mal bewerten lassen wie in der Schule. Vielleicht versucht der eine oder die andere damit auch etwas zu kompensieren, etwa eine schlechte Note in Deutsch...
Für Neueinsteiger ins Business sind diese Bewertungen ja noch hilfreich, um überhaupt irgendeine Orientierung zu haben und sich zurechtzufinden. Irgendwann aber wird es dann albern, oder nicht?
Einige "Texterkollegen" können aber gar nicht genug von der Sternchenbewerterei bekommen und posten ihr Börsenprofil sogar öffentlich oder integrieren es in ihre Webseite. Voller Stolz! Auch wenn sie nicht die volle Punktzahl erreicht haben oder auch mittelmäßige Bewertungen von Kunden einsehbar sind. Egal, Hauptsache man findet sich selber toll und vergleicht sich nicht groß mit anderen.
Leider kommt durch die Fließbandarbeit in den Börsen und die hübschen Sternchen und zufriedene Kunden aufgrund von Billigpreisen gerne Größenwahn auf. Das kleine Börsentexterlein wähnt sich als Superautor, als 1A-Texter. Der Wahn geht so weit, dass manche Börsentexter sich einbilden, die Texter außerhalb der Börsen wären "gescheiterte Börsentexter". Ja! Kein Witz! Man redet sich ein, wer es in den Börsen nicht geschafft hat, muss es außerhalb versuchen.
Da bleibt zumindest mir nur ein trockenes, kehliges Lachen so blödsinnig ist diese Annahme. Warum erfahrt ihr gleich.
Raus aus den Börsen - mach dir deine eigene Texterwelt
Ich bin seit 6 Jahren raus aus den Texterbörsen und es gibt keinen Tag etwas zu bereuen. Manchmal gebe ich einer neuen Börse ein Chance und schau mal rein. Aber es macht mir einfach keinen Spaß so zu arbeiten. Warum eigentlich?
- In den Börsen bist du als Texter nur eine Nummer.
- Die Kunden sind den Börsenbetreibern wichtig, sie bringen das Geld. Texter sind nur Handlanger.
- Du kommunizierst mit den Kunden anonym.
- Du weißt meist nicht, wo deine Texte landen.
- Du sollst regelrecht "blind" Aufträge erfüllen, ohne groß nachzufragen, wofür, für welche Zielgruppen etc. Nachfragen ist nicht verboten, kostet aber Zeit!!
- Bei einigen Börsen kannst du mehrere Aufträge reservieren, manchmal aber nur einen einzigen bearbeiten. Also kannst du nicht groß Fragen stellen und kommunizieren.
- Du musst deinen Text in ein Kästchen schreiben oder kopieren. Netterweise werden Keywords gezählt.
- Die Kästchen sind nicht so schön groß mit eigenem Editor und Funktionen wie hier!
- Es gibt keinen Html-Editor oder Quelltext. Du musst also oft für die Kunden noch Html-Codes einbauen. Dies wird aber nicht an den Wortpreis angerechnet..
- Du musst ellenlange Briefings und Vorgaben, oft regelrecht schwachsinnig und höchstpingelig, erfüllen.
- Du darfst in den meisten Fällen deine Texte nicht als Referenzen verwenden!! Du kannst zwar nachfragen, aber das kann schon als Kontaktversuch missverstanden werden und zum Rausschmiss aus der Börse führen.
- Du kannst dir innerhalb der Börsen nichts aufbauen. Die Kunden dürfen ja nicht genannt werden, also kannst du sie auf deiner Homepage nicht erwähnen.
- Du schreibst dir die Finger wund und zwar für die Texterbörsen, aber nicht für dich selbst.
Jaa, natürlich gibt es die tollen DO's, die Direktaufträge. So soll das System eigentlich auch funktionieren. Man überzeugt Kunden von sich und die erteilen einem dann Aufträge zu einem Preis, den man vorher öffentlich im Profil festgelegt hat. Dumm nur, dass dieser Wortpreis dann für alle Aufträge gilt. Im freien Markt berechne ich meinen Preis je nach Aufwand und es ist nicht immer ein Wortpreis, warum auch?
Die DO's sind eben auch an das System gekoppelt. Man kommuniziert zwar mit dem Auftraggeber und der Druck und die Hetze sind weg. Trotzdem schreibt man weiter brav Texte in die Kästchen. Viele Textaufträge sind so gar nicht möglich. Freies redaktionelles Arbeiten ist auch nicht gefragt. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber mir macht ein solches Arbeiten keinen Spaß! Und ich bin gottseidank auch nicht darauf angewiesen.
Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben - Handbuch... | Als Texter Geld verdienen: Ohne Fleiß kein Preis | Werbetext Basics. Die Grundlagen guter Werbetexte |
Die eigene Texterwelt
Als guter Texter hast du bestimmte Fähigkeiten, die andere nicht haben. Du hast hoffentlich einen eigenen Stil, kannst stilistisch aber auch hin- und herswitchen. Das heißt, du kannst locker, flockig, jugendlich schreiben, aber auch sachlich und seriös. Das muss leider gesagt werden! Das ist keine Selbstverständlichkeit! Es gibt genug Texter, die auch Informationstexte in Umgangssprache schreiben und meinen, das wäre ihr toller Stil. Ebenso gibt es viele Kunden, die genauso wenig Ahnung haben und solche Texter beauftragen.
In der eigenen Texterwelt verpasst du dir ein eigenes Image. Das ist keine Arbeit. Das macht Spaß und todsicher bist du als guter Texter eigen und dir fällt etwas ein, was du zu deinem Markenzeichen machen kannst. In den Börsen brauchst du sowas nicht, da bist du eine Nummer, die brav Texte heruntertippt und auf Lob von Auftraggebern wartet, die oft selber keine Ahnung vom Texten haben.
Du erstellst dir eine eigene Website und befüllst sie ganz individuell, denn du willst dich von deinen Kollegen absetzen.
DU LERNST DAZU!!
Vor allem lernst du dazu! Du bleibst nicht auf der Stelle stehen und erfüllst dumpf die Wünsche irgendwelcher AG, die oft nur Affiliate-Seiten günstig hochziehen wollen. Du musst den Markt kennenlernen, deine Kunden einschätzen lernen und erfahren, was sie selber eigentlich mit deinen Texten verdienen!
Schreibst du hier mit auf Pagewizz, dann lernst du schnell wie Affiliate-Marketing funktioniert und wie viele deiner Kunden eigentlich ticken! Jaaaaa. Es sind keine seriösen Verlage und Zeitungen wie der Spiegel, Burda, die FAZ und co., die dich in den Börsen beauftragen. Nein oft sind es nur kleine junge Einsteiger ins Internet-Business, die auf das große Geld warten, weil ihnen das irgendein Guru erzählt hat. Und es sind ganz oft Online-Shops wie Zalando und Ebay, die über die Börsen billig massenhaft Content kaufen.
Und jetzt verrate ich ein Geheimnis: Leider kaufen auch große Magazine und Zeitungen hier Texte ein (oder es sind die Angestellten selber). Sie nutzen die Texte dann um sie weiter zu verarbeiten. Der Texter hat aber nichts davon, dass er irgendein namhaftes Magazin unterstützt hat. Wenn er es erfährt, darf er es nicht sagen.
Sobald du kapiert hast, wie der Laden läuft, hast du gar keinen Bock mehr, noch weiter für die Börsen zu schreiben. Du willst dein eigenes Ding drehen!
Ich hatte vor 6 Jahren Glück. Mein erster Stammkunde außerhalb von Textbroker war jemand, der einen großen Wordpress-Blog führte. Ich wurde von einer Mitarbeiterin in Wordpress eingeweiht und ich war schnell infiziert. Das Arbeiten in einem solchen CMS mit eigener redaktioneller Verantwortung, Bildern einfügen und Blog-Struktur machte so viel Spaß, dass ich wirklich keine Lust mehr auf Kästchen befüllen für die Börsen hatte. Und so ist es geblieben. Mittlerweile habe ich 4 eigene Wordpress-Blogs mit Werbeeinnahmen, die mir großen Spaß machen.
Man muss weiter täglich dazu lernen! Denn, wer eigene Seiten führt, hat auch immer mit technischen Schwierigkeiten zu tun und man muss vieles wissen, damit die Seite benutzer- und googlefreundlich bleiben.
Kunden im freien Markt gibt es genug. Wer sich mit Wordpress auskennt, kann die Blogs der Kunden befüllen. Aber auch abseits von Wordpress gibt es viele tolle Texteraufgaben, die das Texterleben bunt machen. Vor allem agiert man mit dem Kunden auf Augenhöhe, kann eigene Ideen einbringen, kann Absprachen treffen und muss keine strengen Deadlines einhalten.
Man sieht recht schnell, wo die eigenen Texte landen, und kann ganz individuell die Texte auf die Zielgruppe und die jeweilige Seite anpassen.
Wer so agiert als Texter braucht auch immer neue Herausforderungen. Meine letzte war mein erster eigener Affiliate-Shop mit einem neuen CMS, das nicht auf Wordpress basiert. Weitere Shops können noch folgen.
Meine eigenen Blogs und Shops baue ich über die Jahre immer mehr auf. Sollte ich mal keine Lust mehr haben, sie zu befüllen, kann ich sie verkaufen, denn gut laufende Blogs haben einen richtigen Wert und sind gefragt. Über die Jahre baut man sich als Texter im freien Markt etwas auf. In den Börsen verdient man nur passiv Geld.
Unausgeglichene Börsentexter
Wie unausgeglichen und frustriert oder eben größenwahnsinnig reine Börsentexter oft sind, merken sie selber nicht, aber es fällt total auf, wenn solche auf die freien Texter in den sozialen Medien treffen.
Die überzeugten Börsentexter rotten sich in kleine Gruppen zusammen und müssen sich dauernd gegenseitig aufbauen und stützen. Wird eine/r von ihnen angegriffen, kommen die anderen herbeigelaufen und kommen zur Hilfe. Sie treten gerne sehr hochmütig und arrogant auf, denn die vielen, vielen Bewertungen der anonymen Kunden haben ihnen ordentlich das Texterselbstbewusstsein poliert. Auch haben sie sich ja über die Jahre ein paar Sternchen verdient, wenn es auch nicht zur vollen Punktzahl reichte. Und da dieser Weg recht beschwerlich war, glauben sie, sie hätten den freien Textern etwas voraus. Ja, das geht so weit, dass einzelne Börsentexter die freien Texter als "gescheiterte Börsentexter" bezeichnen.
Diese bestimmte Gruppe von Börsentextern schaut nicht über den Tellerrand, ist zu faul sich weiterzubilden. Mit Mühe und Not wird oft eine eigene Website gezimmert, nur auf Druck von außen. Diese weist dann diverse Schwächen auf, die einfach ignoriert werden und gerne wird das eigene Unvermögen als besonderer Pluspunkt hervorgehoben. ("Sie erwarten hier eine Hochglanz-Seite?" "Sie erwarten hier Referenzen"... "Das bekommen Sie woanders. Hier bekommen Sie gute Texte. Punkt." und ähnliche wahnhafte Selbstbeweihräucherung bekommt man dann zu lesen, wenn jemand keine Lust hat, sich mit den grundlegenden Dingen im Internet-Business zu befassen und eine 08/15 Web-Präsenz vorlegt). Über ein korrektes Impressum wird ebenfalls nur gewitzelt und Html-Codes einfach stehen gelassen. Man will zeigen, dass man auf alles, was die Profis ausmacht, keinen Deut gibt. Denn man ist ja in seiner Börse King. Nur halt einer von Tausenden.
Das alles wäre noch gar nicht so arg, wenn die Börsentexter, die neuerdings Facebook-Gruppen und andere Soziale Medien bevölkern, nicht so einen übergroßen Geltungsdrang hätten. Da wird dann jeder noch so peinliche und private Blogpost in den Textergruppen gepostet und Applaus erwartet wie bei einem Kind, das ein Bild gemalt hat. Dass etliche andere längst professionelle Seiten und Blogs führen, wird ignoriert. Man vergleicht sich auch nicht, man hat sich ja bereits Sternchen erarbeitet, in den Börsen, das reicht.
Leider ist es so, dass der reine Börsentexter oder der/diejenige, der/die die meisten Jobs nur über die Börsen bekommt (warum eigentlich? Schon mal nachgedacht, woran das liegen könnte?) chronisch unzufrieden ist. Und dies äußert sich in dauernder Profilierungssucht. Man möchte sich gerne als Supertexter fühlen können und alle anderen überstrahlen. Das wiederum ist für die große, große Textergemeinde bestehend aus Werbetextern, Journalisten, Autoren und freien Textern, die sich spezialisiert haben und sich einen Ruf erarbeitet haben, sehr anstrengend...
Was war noch mal der Vorteil der Börsen?
Achja. Die bösen, schlimmen Rechnungen, die man als freier Texter stellen muss, die sind der Grund, warum man für die Börsen arbeitet. Ja, das wird tatsächlich als Grund angegeben. Dass man keine Rechnungen schreiben muss.
Es gibt aber noch einen Grund, warum besonders viele Nebenverdiener und Hartz4ler in den Börsen arbeiten: Man kann bei manchen ein Paypal-Konto nutzen. Äußerst bequem um die eine oder andere Auszahlung am Finanzamt vorbei zu kassieren. Und dies hab ich nicht erfunden, das ist längst bekannt.
Fällt euch noch irgendetwas ein, das für die Börsen spricht? Dann kommentiert doch einfach! Und bitte schreibt dann nicht als Nebenverdiener, denn das ist klar, dass es ein netter Nebenjob ist aber nichts für hauptberufliche Texter.