Was ist der Knowledge Graph?

Googles Knowledge Graph stellt die grundlegenden Daten und Fakten zu Gegenständen direkt bei der Suche auf einem neuen Panel rechts neben den Suchergebnissen dar. Eine sehr nützliche Funktion, gibt dieses Panel doch sofort einen ersten Eindruck von dem gesuchten Gegenstand oder der gesuchten Person, ohne dass man etwa auf die Wikipedia ausweichen muss. Nicht weniger als 18 Milliarden Fakten zu 570 Millionen Gegenständen soll der Knowledge Graph bisher zählen. Nachzählen dürfte schwierig sein (eine API bietet Google für den Knowledge Graph bisher nicht an), also nehmen wir einmal an, dass es stimmt.

 

So kann man bei seinen Lieblings-Celebrities direkt das Geburtsdatum abrufen, in Alben von Musikern und Büchern bedeutender Literaten stöbern sowie sich durch die Geographie der Welt klicken – bei geographischen Objekten ist auch ein Google-Maps-Ausschnitt dabei. Man kann aber auch sehen, welche Dinge von denselben Menschen gesucht werden. So öffnet sich oben direkt bei der Suchleiste oftmals eine Leiste mit Fotos und Links zu weiteren Gegenständen. Diese Leiste öffnet sich auch, wenn man Listen von ähnlichen Gegenständen sucht, z.B. "Alben von den Beatles". Gibt man eine Frage direkt in das Suchfeld ein, wird sie sofort beantwortet.

Schwachstellen und mögliche zukünftige Entwicklungen

Insgesamt ist also ein nettes Tool entstanden, das allerdings das wahre Potenzial der semantischen Suche noch bei Weitem nicht ausschöpfen kann. Denn die Infoboxen für die Gegenstände gleichen im Wesentlichen einem kurzen Wikipedia-Artikel, und nur einfache, klar fassbare Gegenstände werden von der Datenbank erfasst. Bisher sind dies vor allem Personen, geographische Objekte wie Städte und Flüsse, Kunstwerke sowie einige wissenschaftliche Begriffe, wie z.B. biologische Taxa und Himmelskörper. Organisationen und Unternehmen (mit Ausnahme von Sport-Teams und Künstlergruppen wie z.B. Bands) werden beispielsweise nicht erfasst – vielleicht auch, weil dies mit den Werbeanzeigen in Konflikt geraten könnte.

 

Eine weitere Schwäche ist die sehr geringe Komplexität der Fragen, die an das Tool gestellt werden können. Bisher ist hier nämlich nur die Abfrage einer einzigen Eigenschaft (im Fachjargon: eines Attributs) eines Gegenstandes möglich. Beispielsweise kann man nur das Alter einer Person abfragen, aber nicht das Alter zweier Personen vergleichen. Sicher reicht dies für viele Fälle aus, doch die wahre Mächtigkeit einer semantischen Suche würde sich dann ergeben, wenn man zwei oder mehr Attribute oder mehrere Gegenstände miteinander kombinieren könnte. Im Artikel "Semantische Suche und Semantisches Web – was ist das?" wird ein nützliches Beispiel für die Kombination mehrerer Eigenschaften oder Attribute genannt: Wenn man die Frage "günstigster Flug von Frankfurt nach New York" stellen könnte und darauf die richtige Antwort bekäme, wären automatische Assistenten, die beispielsweise für uns im Web selbstständig einkaufen oder uns zumindest auf wirklich nützliche Weise beraten könnten (sogenannte semantische Empfehlungsdienste, die dieses Jahr bereits auf der Semantic-Web-Konferenz ISWC diskutiert wurden), nicht mehr weit entfernt.

 

Doch die Entwicklung des Tools wird sicherlich nicht stillstehen. Ob allerdings ausgerechnet Google als Werbeunternehmen eine wirklich mächtige Semantic-Web-Anwendung bereitstellen wird, kann man bezweifeln. Denn in vielen Fällen dürften die in den Werbeanzeigen verbreiteten Botschaften, wie bereits oben angedeutet, mit den Antworten eines derartigen Tools in Konflikt geraten. Wenn eine Fluggesellschaft für die Anzeige "Günstige Flüge von Frankfurt nach New York" bezahlt, aber bei einer Anfrage nach günstigen Flügen niemals in den Ergebnissen auftaucht, so wäre die Dauer der Anzeigenschaltung sicherlich begrenzt – und wenn die Airline tatsächlich den günstigsten Flug anbietet, würde sie von dem Tool sofort gefunden, womit wiederum eine Anzeige unnötig wäre. Es bleibt also spannend, wie sich die Sache weiterentwickelt.

Suchmaschinenoptimierung und Google Knowledge Graph

Zu guter Letzt noch zu den möglichen Auswirkungen des Knowledge Graphs auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO). Es ist sehr wahrscheinlich, dass damit die Tage bestimmter Geschäftsmodelle, denen allerdings schon durch die Google-Updates Panda, Penguin und Co. zugesetzt wurde, weitgehend gezählt sind. Denn mit simplen automatisiert zusammengesuchten Datensammlungen kann man nach der Veröffentlichung des Google Knowledge Graph niemand mehr vom Hocker reißen. Auch Keyword-Strategien, die auf Antworten auf einfache Fragen basieren und sich damit mit den Daten aus dem Google Knowledge Graph überschneiden, dürften damit Makulatur sein. Insgesamt ist der Knowledge Graph damit ein weiterer Schlag gegen zweifelhafte SEO-Techniken.

 

Doch die meisten textbasierten Web-Angebote sollten nichts zu befürchten haben, solange sie interessante Inhalte bieten, die nicht einfach so auf ein paar Daten reduzierbar sind. Das "Web zum Lesen" ist nämlich vom semantischen "Datenweb", das konkrete logische Fragen beantworten soll, klar zu unterscheiden – beide bedienen ganz andere Bedürfnisse. Blogs und Onlinemagazine werden also weiter ein wichtiger Bestandteil des Webs bleiben. Semantische Auszeichnungstechniken wie Microdata und RDFa, die heute bereits von den Standard-CMS wie WordPress oder Drupal unterstützt werden, dürften damit allerdings weiter an Bedeutung gewinnen, da sie nun höher gewichtet werden. Semantisch ausgezeichnete Seiten dürften Analysen zufolge als Quellen für weitere Recherche für den Suchmaschinennutzer an Bedeutung gewinnen, wenn die Daten des Knowledge Graph nicht mehr ausreichen. Es lohnt sich also, auf dem Laufenden zu bleiben.

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