Gregor Sander: Kritik von "Alles richtig gemacht"
Der 51-jährige Schriftsteller Sander hat einen neuen Roman vorgelegt. Es ist ein Wende-Roman, der in Rostock beginnt und ins heutige Berlin hineinreicht.
Foto Penguin Verlag
Berliner Schauplätze
In diesem Roman wird viel geraucht, gelegentlich auch gekifft und gesoffen, das Kotzen hat Sander dem Leser erspart. Anfangs, nach der Wende leben die beiden Freunde noch bescheiden in Berlin, später ziehen sie zusammen mit Kerstin in eine geräumige Wohnung in der "Schönhauser" (Allee). Kerstin, so heißt Thomas' neue Freundin, sie wird allerdings durch Manne ersetzt wird, die wegen ihres Nachnamens des Schauspielers Krug so genannt wurde, dabei ist Manne Stefanie, eine veritable Künstlerin, die Thomas aufgrund intensiver Gefühle zwei Kinder schenkt oder andreht, je nach Interpretation, und eine postnatale Depression durchmacht. Gegen Ende, nach schönen Phasen und bitter durchlebten Krisen, verlässt Stefanie den Juristen, zusammen mit ihren bereits pubertierenden Töchtern. Im Roman werden Reisen geschildert, Dublin, New York und mehr, aber das Ganze spielt sich hauptsächlich in Berlin ab. Straßen, Orte, Kunstplätze und Kneipen sind zuhauf präsent, der von Lokalkolorit geprägte, halbwegs kultivierte Berlin-Kenner mag mit der Zunge schnalzen. Der Wiedererkennungseffekt ist groß: Die Joseph-Roth-Diele, der Duncker-Club, der Sprengel-Kiez, die Volksbühne, Jonathan Meese – man kennt das alles. Es entsteht der Eindruck, als wolle Sander als Berliner aus Effektgründen alles nur anreißen oder mal erwähnen, ohne in die Details zu gehen.
Seelische Probleme
Nur die Galerie Eigen + Art wird näher beleuchtet, Gregor Sander hat hier Stefanie als Mitarbeiterin installiert, immerhin eine Frau, die Auftritte von Neo Rauch nicht nur aushält, sondern mitgestaltet.
Genaue Schilderungen über die Galerie existieren nicht. Allerdings macht das Trio einen großen Coup mit einer Fälschung eines Neo-Rauch-Bildes, das die Drei an einen Sammler verkaufen. Über die Eigenarten der Galerie Eigen + Art wird genauso wenig berichtet wie über das anscheinend kümmerliche Seelenleben von Thomas, der, so will es oder kann es der Schriftsteller, über zarte Gefühle und Romantik nicht verfügt. Ein wenig reißerisch wird es zum Teil, da schlägernde Skinheads Daniel schwer verletzen, die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen ins Rampenlicht rücken sowie die Gewalttaten der Demonstranten beim G8-Gipfel in Heiligendamm. Am Ende wird der Jurist Thomas von den Kompagnons eines brutal agierenden Wohnungs-Gentrifizierers zusammengeschlagen – da wird eine Menge reingepackt, es ist zu viel des Guten, und auch des Schlechten. Verblüffend ist die erstaunliche Diktion von Sander, der nie langweilt und ingeniös die Zeitsprünge bewältigt. Er schreibt eine plastische Sprache, als seien die Leser'innen mittendrin, wenngleich die Empathie manchmal auf der Strecke bleibt. Trotz aller Abstriche: Es ist zwar ein schlicht daherkommender, aber ein großer und gewaltiger Roman.
Gregor Sander: Alles richtig gemacht. Penguin Verlag 2019, München. 240 Seiten.
Cover: Foto Penguin Verlag
Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)