Jugendliche und die Entwicklung der Sexualität - Wie junge Menschen mit dem Thema umgehen?

Die jüngsten Berichte über Sexualpraktiken bei Jugendlichen (und oft schon Kindern) hat viele aufhorchen lassen und neue Diskussionen hervorgerufen. Die Erzählungen von Jugendlichen über häufig wechselnde Sexualpartner, hemmungslose (und oft ungeschützte) Gruppenorgien und viel zu frühe Schwangerschaften zeichnen kein gutes Bild unserer heutigen Gesellschaft.

Viele Gründe haben zu sexueller Haltlosigkeit geführt

Begibt man sich auf die Suche nach den Gründen für die heutigen Verhaltensweisen Jugendlicher in Bezug auf Sexualität, wird man schnell fündig. In den Medien ist das Thema fast täglich präsent, das Internet ermöglicht den Zugang zu unzähligen Seiten, auf denen Filme oder Bilder mit pornographischem Inhalt nur darauf warten, angeklickt oder gedownloaded zu werden. Dazu kommen unzählige Fernsehsendungen und auf junges Publikum zielende Zeitschriften, die die Sexualität und ihre Praktiken im Bewusstsein halten und ihr einen öffentlichen Charakter verleihen.

Der Mensch als Lustobjekt ist Ergebnis von Verrohung

Hört man genauer hin, wenn Jugendliche über ihre sexuellen Erfahrungen berichten, dann gewinnt man den Eindruck, dass es für sie mehr ein sportlicher Wettkampf und weniger ein von Zuneigung und Liebe geprägtes Geschehen ist, wenn sie mit jemandem geschlechtlich verkehren. Der jeweilige Partner wird (vor allem von männlichen Jugendlichen) als Trophäe angesehen und verkommt auf diese Weise zu einem reinen Lustobjekt. Echte und tiefe Gefühle spielen bei bestimmten Gruppen von Jugendlichen nur noch sehr selten eine Rolle. Dies wird auch in einer Studie von Dr. Eva-Verena Wendt thematisiert.

Ein wichtiges Kriterium für die heute gängige Praxis ist der sogenannte "Herdentrieb". Kein Jugendlicher will hinter Freunden und Bekannten zurückstehen. Schließlich, so argumentiert ein großer Teil, will man ja nicht der/die Letzte sein, der seine Unschuld verliert. Dieses Verhalten hat dazu geführt, dass Jugendliche ihre erwachenden Sexualtriebe sehr viel früher ausleben und Erfahrungen auf diesem Gebiet machen als Menschen älterer Generationen. Leider ist dieser Weg nur allzu oft gesäumt von Unwissenheit, was Verhütung betrifft. So kommt es heute sehr viel öfter zu ungewollten Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten schon im ausgehenden Kindesalter.

Liebe und Sexualität werden getrennt

Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch, dass viele Jugendliche nicht mehr selbst die Erfahrung von Liebe und Zuneigung machen. Oft haben die Eltern wenig Zeit oder sind mit der Erziehung schlichtweg überfordert. Eine bekannte Fernsehsendung, in der eine Pädagogin versucht, zerrüttete Familien wieder auf einen guten Weg zu bringen, führt es uns jede Woche vor Augen. In vielen Familien sind nicht die Kinder das Problem, sondern die Eltern und ihre Erziehungsmethoden. Verbale und physische Gewalt sind immer öfter an der Tagesordnung, es fehlt an Verständnis und dem Kind entgegengebrachter Zuneigung. Wer in solch einer Familie aufwächst, kann gar nicht mit der Erfahrung von Zärtlichkeit und Liebe in Berührung kommen. Aufgabe der Eltern ist und bleibt es, ihre Kinder zu verantwortungsvollen Menschen zu erziehen. Wie aber sollen Kinder und Jugendliche einen würdevollen Umgang mit sich selbst und anderen erlernen, wenn die Eltern ihnen durch falsches Verhalten genau das Gegenteil vorleben.

Das Ergebnis ist eine Verrohung, denn man geht mit anderen Menschen immer so um, wie man es gelernt hat. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind durch solche Erfahrungen nicht mehr (oder nur noch sehr begrenzt) beziehungsfähig. Das führt zu einer Entkoppelung von Sexualität und Liebe.

Familie und Gesellschaft stehen in der Pflicht

Wenn von Kindern und Jugendlichen ganz offen berichtet wird, dass der Großvater ihnen Zugang zu pornographischen Filmen verschafft, Eltern den eigenen Kindern bei der Selbstbefriedigung zuschauen oder selbst vor ihren Augen sexuelle Erlebnisse haben, dann muss die Feststellung erlaubt sein, dass hier, vorsichtig gesagt, einiges im Argen liegt. Sicherlich ist die Erziehung von Kindern nicht einfacher geworden. Die Eltern stehen durch Berufstätigkeit oder auch Arbeitslosigkeit und die damit einhergehenden Sorgen zunehmend unter Druck. Dennoch darf sie dies nicht davon abhalten, sich ihren Kindern zu widmen, ihnen zuzuhören, ihr Ratgeber zu sein und sie auf diese Weise verantwortungsvoll in ihrem Erwachsenwerden zu begleiten. Aber auch die Gesellschaft muss das ihr Mögliche tun, um die momentane Tendenz zu stoppen. Kindergärten und Schulen mit ihren vielfältigen, pädagogischen Mitteln, aber auch die Jugendämter sind gefordert, in Risikofamilien hineinzuwirken, um eine altersgerechte Erziehung und die damit verbundene, vernünftige Entwicklung der Sexualität zu gewährleisten. Eigentlich jeder, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, sollte überlegen, wie er durch sein eigenes Vorbild unterstützen kann.

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