Die dritte Franklin-Expedition scheiterte trotz moderner Ausrüstung

Als Franklin im Jahre 1845 zu seiner dritten und letzten Expedition zur Erforschung der Nordwestpassage aufbrach, war man im viktorianischen England stolz auf die gute Ausrüstung der beiden Expeditionsschiffe HMS Erebus und HMS Terror. Die Schiffe waren mit Stahlplatten gepanzert um dem Packeis standhalten zu können. Sie verfügten über eine Heißwasseraufbereitung und eine Meerwasserentsalzungsanlage. Die 129 Besatzungsmitglieder wähnten sich siegessicher. Schließlich hatte man 4200 Liter Zitronensaft gegen Skorbut und 8000 Dosen Fleischkonserven mit. Zwei Drehorgeln, zahlreiche Musikinstrumente, echtes Silberbesteck und eine umfangreiche Bibliothek zählten ebenso zur luxuriösen Ausrüstung. Vergessen hatte man hingegen auf Schutzbrillen gegen Schneeblindheit im gleißenden Sonnenlicht der ewigen Eiswüste und auf taugliche Waffen zum Erlegen von Wildtieren zur Fleischversorgung.

Bild: Fundstücke von der HMS Erebus und der HMS Terror, Wikimedia Commons

Trotz moderner Ausrüstung gerät die Expedition zum Desaster

Die beiden Schiffe gerieten auf der Suche nach der Nordwestpassage zu tief nach Süden und wurden im Packeis eingeschlossen, wo sie drei mal überwintern mussten, ohne im Sommer wieder aus dem Eis frei zu kommen. Mittlerweile gilt als erwiesen, dass John Franklin und einige andere Mitglieder der Expedition bereits im zweiten Winter an einer Bleivergiftung starben. Die damaligen Konservenbüchsen waren mit einer Bleiverbindung gelötet, das Blei gelangte so in die Nahrung.  Die restlichen Besatzungsmitglieder versuchten nach der dritten Überwinterung einen 350 km entfernt liegenden Außenposten der Hudson Bay Company zu Fuß zu erreichen und gaben die Schiffe auf. Keiner erreichte das rettende Ziel. Trotz einer umfangreichen Rettungsaktion von Europa aus, konnten nur einige Leichen und Hinweise auf das Schicksal der Expedition gefunden werden.

Skorbut, Bleivergiftung, Hunger und Kälte rafften die gesamte Mannschaft dahin

Es wird vermutet, dass alle Teilnehmer durch Skorbut stark geschwächt waren, denn das Vitamin C aus dem mitgeführten Zitronensaft hatte seine Wirkung längst verloren. Die Bleivergiftung  aus den Konserven könnte zu schweren psychischen Beeinträchtigungen und zu geistiger Verwirrtheit geführt haben. Die schweren, zu Schlitten umfunktionierten Beiboote, waren zum händischen Ziehen für die geschwächten Männer denkbar ungeeignet. Umso mehr verwundert, dass sogar das Silberbesteck auf den Fußmarsch mitgenommen wurde.

Die Mannschaft hatte mangels Waffen auch kaum die Chance sich von frischen Karibu- oder Robbenfleisch zu ernähren. Durch Hunger, Skorbut, Bleivergiftung und Kälte kamen alle 129 Teilnehmer der Franklin-Expedition ums Leben. Moderne forensische Untersuchungen haben die Berichte einiger Inuit bestätigt, wonach es zu kannibalistischen Übergriffen unter den letzten Überlebenden der Expedition kam.

Nansen und Amundsen kopieren Überlebenstechniken der Inuit

Sowohl Nansen als auch Amundsen fanden schnell heraus, dass sie bessere Überlebenschancen durch Übernahme der Lebensweise der Inuit hatten. Nansen verbrachte nach seiner erfolgreichen Grönlanddurchquerung einen Winter in Grönland um von den Inuit zu lernen. Auch Amundsen nützte einen arktischen Winter um die Lebensweisen und Jagdtechniken der Inuit zu studieren.

Als Fridtjof Nansen, nach seinem erfolglosen Versuch zu Fuß mit Hundeschlitten zum Nordpol zu gelangen, sein Forschungsschiff, die Fram, im Packeis nicht wieder fand, war er gezwungen den arktischen Winter auf Franz Josefs Land zu verbringen. Nansen und sein Begleiter ernährten sich von erlegtem Eisbären- und Walrossfleisch. Durch die Versorgung mit Frischfleisch blieben sie auch vor Skorbut verschont.

Auch die beiden Amerikaner Peary und Cook, die jeweils für sich in Anspruch nahmen als Erster am Nordpol gewesen zu sein, setzten auf Hundeschlitten, Pelzkleidung, Jagd als Quelle für Frischfleisch und tatkräftige Unterstützung durch eingeborene Inuit bei ihren Expeditionen.

Bild: der Norwegische Polarforscher F. Nansen, wikimedia commons

Der Wettlauf zum Südpol war auch ein Wettlauf der Ausrüstungen

Als Schutz gegen die enorme Kälte trugen die Norweger Nansen und Amundsen Leder- und Pelzkleidung und Stiefel aus Karibu-Fellen. Der Brite Robert Scott, der sich mit Amundsen den Wettlauf zum Südpol lieferte und am Rückweg mit seiner Mannschaft an Hunger und Kälte starb, setzte auf Kleidung aus Canvas und Kammgarn von Burberry. Diese erwies sich als ungeeigneter Kälteschutz. Auch was die Wahl der Fortbewegungsmittel betraf war Amundsen seinem Konkurrenten überlegen. Während die norwegische Mannschaft auf Skiern und mit Hundeschlitten schnell vorwärts kam, versuchte sich Scott mit Motorschlitten und Ponys. Die Ponys kämpften mit dem rutschigen Untergrund und der Kälte und auch die Motorschlitten erfüllten die in sie gesetzten Erwartungen nicht.

Für nachfolgende Expeditionen waren all diese Erfahrungen hilfreich und zeigten, dass es nicht möglich war, den Extrembedingungen alleine mit modernen Errungenschaften der damaligen Zeit die Stirn zu bieten. So wie Amundsen und Nansen, setzten auch nachfolgende Forscher auf Wissen und Technik der Inuit.

Laden ...
Fehler!