„Verblendung“ startet am 12. Januar ...

„Verblendung“ startet am 12. Januar 2012 in den deutschen Kinos (Bild: © 2011 Sony Pictures Releasing GmbH)

Verblendung, das Original der Millennium-Trilogie: Austarierte Beziehung zwischen den Akteuren

Fünfzehn Jahre später. In der Zwischenzeit haben sich die skandinavischen Länder als ein schier unerschöpflicher Quell an Krimi- und Thrillerliteratur herausgestellt. Henning Mankell aus Schweden, Liza Marklund, ebenfalls Schweden, Jo Nesbø aus Norwegen, sie schreiben, als ob sie direkt aus der Hölle berichteten. Den Sensationserfolg allerdings lieferte der Schwede Stieg Larsson mit seiner so genannten "Millennium-Trilogie", einem dreibändigen Kriminalroman um Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist.

Die drei Bände heißen auf Deutsch "Verblendung", "Verdammnis", "Vergebung". Und ergoss sich schon die Romanvorlage wie eine erfrischende Dusche in die doch oft genug mit bloß traditionellem Schrecken durchsetzte Literaturszene, so galt das umso mehr für die Verfilmung: Noomi Rapace als Lisbeth Salander spielt außerhalb jeder Vorstellungskraft, sie scheint wie von der Straße, der Gosse weg engagiert. Hochgepierct, verschlossen, irritierend direkt, ausgestattet mit autistisch anmutenden Fähigkeiten und Durchsetzungsfähigkeit, erzeugt Rapace einen Sog in ihren Zuschauern.

Ihr Gegenpart, der schwedische Theater- und Filmschauspieler Michael Nyqvist, kann als Mikael Blomkvist nur aus einem Grund neben ihr bestehen: Er kontrastiert das scheinbar konzeptlose Dahinleben von Lisbeth durch eine von Moral geprägte Haltung, durch eine Form der Aufrichtigkeit, die sich nach und nach auch in Lisbeths Leben andeutet – auf einem allerdings gänzlich anderen "Planeten": Ihm, Mikael, dem Journalisten aus Leidenschaft, geht es um Gerechtigkeit – Lisbeth sucht die Rache. Moral kontra Altes Testament.

Christopher Plummer als Henrik ...

Christopher Plummer als Henrik Vanger (links) und Daniel Craig als Mikael Blomkvist in „Verblendung“ (Bild: © 2011 Sony Pictures Releasing GmbH)

Hollywoods "Verblendung": verfehltes Prinzip von "viel hilft viel"

In der skandinavisch-deutschen Filmproduktion ging die Rechnung auf. Die drei Sequels behandeln drei abgeschlossene, in sich stimmige Fälle, die einem alles verbindenden Hintergrund untergeordnet sind. Im Laufe der Zeit enthüllt sich das Drama um Lisbeth; sie, die Unnahbare, gewinnt die Sympathien, der aufrechte Recke Blomkvist steht ihr zur Seite. 

Daniel Craig hat sich festgelegt: Er ist und bleibt James Bond

Nun also hat Hollywood den Kämpfer gegen alles Böse schlechthin in die Arena geholt und ein Remake produziert: James Bond persönlich, Entschuldigung, sein derzeitiger Darsteller Daniel Craig wurde aufgeboten, aus der nahezu perfekten Vorlage ein Geschäft à la Hollywood zu machen. Die Trailer lassen befürchten, dass es den Produzenten gelingen wird – um den Preis der Beliebigkeit. 

Daniel Craig wirkt muffig. Als James Bond darf er hart sein, und das kann er ganz hervorragend, aller anfänglichen Skepsis zum Trotz. In "Verblendung" jedoch wirkt das seltsam deplatziert. Und dass Led Zeppelin herhalten muss für die akustische Untermalung, die Band, die in den späten sechziger Jahren ganz unglaubliche Musik produzierte, wirkt nur komisch: Ihr "Immigrant Song" als Hintergrund für die Schneelandschaft um Stockholm empfindet man als unzulässige Dopplung, als ob der Zuschauer aufmerksam gemacht werden müsste, wo das alles spielt: "We come from the land of the ice and snow" … Verantwortlich für das pulsierende (na ja:) Remake des Hits sind Atticus Ross und Trent Reznor (Nine Inch Nails), es singt Karen O, Frontfrau der New Yorker Band Yeah Yeah Yeahs. (Der Soundtrack erscheint einen Tag nach der allgemeinen Deutschlandpremiere, am 13. Januar 2012; offizielle Premiere in Anwesenheit von Daniel Craig, Rooney Mara und David Fincher ist am 5. Januar 2012 in Berlin im CineStar Sony Center am Potsdamer Platz.)

„Verblendung“ aus Hollywood: Rooney ...

„Verblendung“ aus Hollywood: Rooney Mara als Lisbeth Salander (Bild: © 2011 Sony Pictures Releasing GmbH)

Mara Rooney als Lisbeth Salander lässt Noomi Rapace vermissen

Und wer ist nun die Schauspielerin, die in die großen Fußstapfen der überaus zierlichen Noomi Rapace treten darf, soll, muss? Von Rooney Mara hat man hierzulande eher noch nichts gehört, und die Produktionsgesellschaft beeilt sich, das wiedergutzumachen durch die Bemerkung, Mara habe eine "kleine, aber denkwürdige Rolle in Finchers Social Network … als Mark Zuckerbergs Freundin Erica Albright gehabt". David Fincher hat auch Regie geführt bei der Neuauflage von "Verblendung", man kennt sich also. Dass Mara deshalb mit einem Bonus in die Castings gestartet ist, lässt sich nicht behaupten: Fincher hat sie wohl ziemlich gequält mit endlosen Sitzungen, in denen sie unter Beweis stellen musste, dass sie für die Rolle bereit ist.

Ein winziger Moment aus den Trailern aber lässt befürchten, dass die Fußspuren Rapace' zu groß sind für Mara: Als sie zum Rapport bestellt wird ins Hauptquartier ihres Arbeitgebers, tritt sie mit einer irritierend unsicheren, der Konfrontation ausweichenden Geste an den Schreibtisch, so als wüsste sie nicht, wo ihr Platz ist. Eine Einstellung, die uns von der Lisbeth Rapacescher Prägung völlig unbekannt ist: Ihre Lisbeth weiß immer und zu jedem Zeitpunkt, wohin sie gehört, Zweifel kennt sie nicht, selbst wenn sich ihre Unkenntnis als Gefahr, als Fehler herausstellen sollte. Die Lisbeth, die Romanautor Stieg Larsson geschaffen hat, ist die unaufhaltsam agierende Lisbeth – kein Teenie, der sich mehr oder weniger zufällig gut auskennt in Ermittlungen.

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Verblendung

Eine Chance für „Verblendung" mit Daniel Craig und Rooney Mara

In der Psychologie kennt man das Phänomen des "Halo-Effekts": aus Randerscheinungen aufs Wesentliche schließen (können). Wenn man den Halo-Effekt sucht für das Remake des Streifens "Verblendung", kann man natürlich vollkommen daneben liegen mit einer letztgültigen Einschätzung. Trotzdem eine Prognose: Es werden zweieinhalb spannende Stunden sein, die ab 12. Januar in unseren Kinos zu sehen sind. Nachdruck hinterlassen werden sie kaum. Aber selbstverständlich muss man dem Film "eine Chance" geben. 

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jofl, am 13.12.2011
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