Bevor der NeoPresse-Erfahrungsbericht weitergeht, erst einmal ein paar Worte zu diesem Portal: Es handelt sich um ein Autorenportal für Journalisten. Prinzipiell funktioniert NeoPresse.com ähnlich wie Suite101, ist aber auf journalistische Inhalte spezialisiert. Wer also lieber die sicherlich lukrativeren Einkaufsratgeber oder SEO-News schreibt, ist damit eher schlecht bedient. NeoPresse beteiligt die Autoren prozentual an den Werbeeinnahmen des gesamten Portals, Berechnungsgrundlage sind die Seitenaufrufe der eigenen Artikel. Man bekommt einen Bonus, wenn man den Inhalt eines Artikels exklusiv NeoPresse zur Verfügung stellt, aber auch wenn man drei oder mehr Bilder in den Artikel stellt. Das Einbinden eigener Werbebanner wie etwa bei Pagewizz ist nicht möglich. Gezahlt wird per Überweisung auf das eigene Bankkonto.

 

Ein besonderes Highlight von NeoPresse ist, dass jeder Online-Autor einen RSS-Feed angeben kann, von dem aus die Inhalte automatisch auf das Portal hochgeladen werden. Es eignet sich also gut für die Zweitverwertung von Inhalten des eigenen Blogs. Diese Funktion habe ich noch nicht ausprobiert, da meine Blogs und Websites alle recht unterschiedliche Inhalte aufweisen und ich daher erst einmal einen "rein journalistischen" Feed erstellen müsste. Aber auf der Agenda steht dies auf jeden Fall.

 

Das Portal besteht seit etwa 2012 und wird zwar immer bekannter, eine richtige Konkurrenz zu SPON und Co. wurde es jedoch noch nicht. Betrieben wird es übrigens aus der schönen Alpenrepublik Österreich.

Neuautoren- und SEO-Test: Vorerst bestanden

Nun zu meinen Erfahrungen mit NeoPresse aus der Sicht eines Neuautors. Es handelt sich, wie man als halbwegs erfahrener Blogger sofort sehen wird, bei NeoPresse um eine kaum verschleierte WordPress-Instanz mit mehreren Benutzern. Doch da WordPress ja ab Werk schon ziemlich benutzerfreundlich ist, sollte dies für die meisten Autoren kein Problem sein. Einen Minuspunkt gibt es allerdings für das Handling der Bilder, dort muss man sich schon etwas mit WordPress auskennen. Zwar bietet NeoPresse einen Baustein an, um Bilder mit ein paar Klicks hochzuladen und mit einer Bildunterschrift zu versehen. Doch ist bei diesem Prozess ein Fehler passiert oder man will z.B. die Bildunterschrift nachträglich ändern, steht man ohne besondere Kenntnisse dieser Blogplattform erst einmal im Regen. Angesichts des geringen Alters von NeoPresse und der weiten Verbreitung von WordPress ist dies aber sicher zu verschmerzen.

 

Ein weiterer Kritikpunkt: NeoPresse veröffentlicht die eigene E-Mail-Adresse ungefragt im Profil am Artikel. Zumindest sollte dieser Umstand klar kommuniziert werden, damit böse Überraschungen ausbleiben und der Autor sich mit seiner "Webmaster"-Adresse statt mit der privaten Adresse anmelden kann.

 

Wie auch immer: Ich hatte nun einen ersten Artikel ohne größere Probleme hochgeladen. Natürlich einen exklusiven Artikel mit etwa 900 Wörtern, um das ganze mal auf Herz und Nieren zu prüfen, und mit etwas abseitigen Inhalten, die aber bisher im deutschsprachigen Netz nahezu einzigartig sind. Etwas Kritik muss ich dabei an der Bearbeitungszeit üben, denn die lag bei über 10 Stunden. Zwar hatte ich den Artikel aus mitteleuropäischer Sicht in der Nacht abgegeben (ich wohne in einer anderen Zeitzone), doch freigeschaltet wurde er (an einem normalen Werktag) erst am folgenden Nachmittag. Da gibt es sicher Potenzial zur Optimierung – bisher eignet sich NeoPresse daher wohl leider nicht für richtige News.

 

Positiv überrascht war ich dagegen von der SEO-Performance. Der Artikel rankte schon kurz nach der Veröffentlichung auf den ersten Rängen beim Hauptkeyword. NeoPresse hatte damals (Ende 2012) einen PageRank von 2, daher hatte ich dies nicht unbedingt erwartet. Das Keyword gehörte zwar zum Longtail, aber es war Google durchaus schon bekannt und ist in meinem Themenbereich nicht besonders abseitig. Etwas nervig ist, kurz am Rande angemerkt, die Eigenart des bei NeoPresse verwendeten WordPress-SEO-Plugins, nur exakt gleich geschriebene Keywords als SEO-konform zu akzeptieren.

Inhaltstest: Noch etwas dürftig

Eine gerade heute in den Zeiten nach Penguin und Panda nicht zu vernachlässigende Variable ist ja die Erfahrung des Benutzers oder User Experience. Findet der Benutzer die Inhalte auf NeoPresse, die er wirklich sucht? Handelt es sich um seriöse Online-Autoren oder um Hinz und Kunz?

 

Um nicht um den heißen Brei herumzureden: Die Richtung in diesem Bereich bei NeoPresse stimmt, aber hoffentlich ist hier noch nicht alles gesagt. Positiv ist es sicherlich, dass man zu vielen verschiedenen Themen und insbesondere zu vielen Ländern der Welt Inhalte findet. So fand ich auch zu meinem eigenen Thema schon einige Artikel. Doch der Ton einiger Texte kam mir verdächtig bekannt vor. Es handelt sich bei nicht wenigen der jetzigen Autoren wohl um den Typus "über alle Dinge auf der Welt entrüsteter Blogger, der jeder Verschwörungstheorie begeistert hinterherrennt". So ist der meistgelesene Artikel derzeit einer, der die Anzeige gegen Pussy Riot zu verteidigen versucht, was natürlich auch als provokativer "Linkbait" geplant sein könnte. Dennoch aus heutiger Sicht klar ein Minuspunkt.

 

Aber ich will hier nicht zu hart sein, denn diese Leute sind eben oft Early Adopter von derartigen Portalen. Es ist also gut möglich, dass sich die Qualität bei einer größeren Zahl von Autoren verbessert. Zumindest die Artikel, die von der Redaktion von NeoPresse selbst veröffentlicht werden, scheinen seriös und oft auch interessant zu sein. Nicht verschwiegen soll hier werden, dass NeoPresse durchaus eine ideologische Schlagseite hat und eher im linken Bereich verortet werden darf. Doch darauf weist das Portal in den Nutzungsbedingungen auch dezent hin, und extremistisch ist die vorgebrachte Ideologie trotz der schon genannten "entrüsteten Bloggern" nicht – eher rot-grün oder Mitte-links. Wer also Medien zwischen Spiegel und Taz oder zwischen Standard oder Freitag schätzt, sollte mit den meisten Inhalten gut zurechtkommen.

Anmerkung: Dieser Eindruck stammt aus dem Jahr 2013. An der inhaltlichen Schwäche hat sich aber auch 2016 nichts wirklich geändert. Zum Teil kam sogar Kritik auf, NeoPresse sei Teil eines Propaganda-Netzwerks. Diese Beurteilung halte ich für überzogen, dennoch ist die mangelnde Seriösität und Meinungslastigkeit nach wie vor klar ein Problem.

Fazit: Geld verdienen ist möglich, aber noch nicht viel

Als Einleitung zum Fazit möchte ich den beliebten Internet-Statistikdienst Alexa zitieren. Nach dessen Daten hat NeoPresse derzeit einen Rang von 281.817 weltweit und 24,947 in Deutschland (Stand April 2013}. Das ist natürlich nicht viel. Doch sehen die Zuwachszahlen der letzten Monate (40 % allein in den letzten 30 Tagen) durchaus vielversprechend aus. NeoPresse steht eben noch ganz am Anfang – deswegen sollte man auch noch über die Inhalte nicht vorschnell urteilen.

 

Bisher lautet daher das Fazit meines NeoPresse-Erfahrungsberichts: Autoren und besonders Blogger mit journalistischen Themen sollten dieses Portal auf jeden Fall ausprobieren und im Auge behalten. Gerade durch die RSS-Funktion ist dies fast ohne Aufwand möglich. Außerdem bietet NeoPresse ein Profil mit Backlink auf eine eigene Website. Das Projekt scheint seriös zu sein und ist daher sicher einen Blick wert, wenn es durch seine geringere inhaltliche Bandbreite auch natürlich keine wirkliche Konkurrenz zu Pagewizz oder Suite101 darstellt.

 

Außerdem: Ich habe auf dem Portal mit einem einzigen Artikel zu einem recht abseitigen Thema schon nach 2 Tagen fast einen ganzen Euro verdient. Das ist weit mehr, als ich mir in diesem Stadium der Website erwartet hatte. Natürlich ist bei journalistischen Themen die Halbwertszeit geringer als bei How-To's und Einkaufsratgebern, und man sollte auch daher NeoPresse noch nicht als Hauptplattform zum Geld verdienen ansehen. Doch dies sollte "journalistisch" orientierte Bloggern und Online-Autoren nicht daran hindern, es einmal bei NeoPresse zu versuchen, zumal ja laut Alexa das Wachstum hoch ist.

 

Ob sich das Portal tatsächlich zur Alternative zum aktuellen Journalismus mausern kann, wird die Zeit zeigen. Mich stören wie gesagt zur Zeit noch die "entrüsteten Blogger" und mir würden auch zeitnah veröffentlichte News, Scoops (einzigartige selbstrecherchierte Inhalte) und aufwändige Reportagen fehlen, deshalb ist es für mich als Nutzer noch keine Alternative zu den großen Nachrichtenportalen. Aber ich glaube, das kann man in der derzeitigen Phase des Projektes auch noch nicht erwarten. Bisher bin ich jedenfalls positiv überrascht von meinen Erfahrungen mit NeoPresse, und ich glaube, dass das Konzept Potenzial hat. Auf jeden Fall werde ich diese Website weiter beobachten.

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