Nespresso oder Dolce Gusto?
Was ist kalter Kaffee: Nespresso oder Dolce Gusto? Ein Kaffeegenießer testete beide Kapselsysteme ausführlich und fällt sein Urteil.Größere Kapselauswahl bei Dolce Gusto
Was war zunächst da: Huhn oder Ei? Keine Ahnung. In meinem Haushalt jedenfalls stand zunächst die Nespresso, sodass die Dolce-Gusto-Kapselmaschine die Neue in der Kaffeeklasse war. Zuvor hatte ich bereits eine Senseo-Padmaschine und eine Tassimo-Kapselmaschine, ehe ich letztendlich bei einer Nespresso hängengeblieben bin. Da ich trotzdem gerne austeste, legte ich mir eine Dolce Gusto zu, die gerade erheblich günstiger im Angebot stand, namentlich die Nescafé Dolce Gusto Circolo von Krups. Mein vornehmliches Kriterium für den Test war die enorme Auswahl an unterschiedlichen Kapseln, derzeit etwa drei Dutzend, darunter die für einen Kakao-Trinker wie mich interessanten Schokolade-Varianten. Hierzu gleich mehr.
Außerdem sprach für die Dolce Gusto die weitaus einfachere Bezugsmöglichkeit für die Kapseln. Für neue Nespressokapseln muss man sich entweder in einen Nespresso-Shop begeben oder diese per Post liefern lassen. Wenn wie in meinem Fall kein Shop in unmittelbarer Nähe ist und die Post stets während meiner Abwesenheit geliefert wird, ein etwas mühseliges Unterfangen. Die Dolce-Gusto-Kapseln hingegen können in den meisten Supermärkten erworben werden, wenn auch die Sortenauswahl offenbar nach Zufallsprinzip vorgenommen wird.
Preislich bewegen sich die Dolce-Gusto-Kapseln im Bereich der Nespresso-Kapseln, haben allerdings den großen Vorteil, dass sie immer wieder mal während einer Aktion stark verbilligt angeboten werden. Auch auf Amazon lässt sich beim Einkauf größerer Mengen etwas Geld sparen.
Farbenblinder Designer bei Krups?
Die Inbetriebnahme der Dolce Gusto Circolo war denkbar einfach, wie ich es auch von der Nespresso gewohnt bin. Bei Krups sollte man allerdings einen Designer anheuern, der nicht ganz offensichtlich farbenblind ist: Wie kann man einer titanium-grauen Kaffeemaschine ein feuerrotes Kabel verpassen? Von diesem Design-Lapsus abgesehen machte die Dolce Gusto Circolo eine gute Figur. Das runde Gehäuse war ein echter Hingucker und mal was anderes.
Dem Gerät lagen mehrere Kapseln zum Testen bei, die ich der Reihe nach ausprobierte. Warum die Kapseln dermaßen riesig produziert werden, erschloss sich mir nicht. Ist man die Nespresso-Kapseln gewöhnt, erstaunt die Größe der Dolce-Gusto-Kapseln. Aber, dachte ich mir, vielleicht ist das ein gutes Zeichen: Size matters, sagen die Amerikaner, und die müssen es wissen, die Erfinder der riesigen Asphaltschlitten und 200-Millionen-Dollar-Filmen mit Robotern, die sich zwei Stunden lang kloppen.
Der Kaffee hat Bulimie: Dünner geht kaum noch!
Erstes Misstrauen weckte in mir allerdings der Vorgang zur Getränkezubereitung. Der Wassertank wirkte auf mich klobig und in der Handhabung umständlich. Nun gut, Ansichtssache. Doch schon folgte der erste echte Kritikpunkt: Die Füllmenge musste mittels Drehrad eingestellt werden. Für einen Nespresso-Nutzer mutet dies seltsam an. Den Grund hierfür sollte ich schon bald herausfinden: Der erste zubereitete Kaffee schmeckte dünn. Munter probierte ich die beiliegenden Kapseln der Reihe nach aus und gelangte stets zum selben Ergebnis, trotz Einstellung der Füllmenge gemäß Empfehlung auf den jeweiligen Kapseln.
Im Web las ich die Empfehlung, die Füllmenge zu verringern. Zwar schmeckte der Kaffee etwas weniger wässerig, von einem Kaffeegenuss konnte ich aber keinesfalls sprechen. Vielleicht war mein Gaumen von der vorzüglichen Nespresso-Qualität so verwöhnt, dass er keine Konkurrenz mehr duldete? Andererseits stammt Dolce Gusto doch gleichfalls von Nestlé. Enttäuscht vom Kaffee gab ich der Maschine zwei weitere Chancen mit dem Nesquik-Kakao bzw. Chococino sowie dem Chai-Latte-Tee.
Chai Latte wow, der Rest flau
Hier konnte die Dolce Gusto Circolo wenigstens ein bisschen Boden gutmachen, nachdem sie in meiner Gunst ziemlich tief gefallen war. Der Chai Latte schmeckte gut – nicht "okay", sondern richtig gut! Allerdings ist er auch ziemlich teuer, da neben dem Tee selbst jeweils eine Milchschau-Kapsel abgepackt ist. Sprich: Je Tasse werden zwei Kapseln veranschlagt, womit sich der Preis verdoppelt. Für eine Kaffeetasse Tee ganz schön heftig! Dasselbe Spiel beim Chococino: Jeder Kapsel mit Kakao steht eine Kapsel mit Milchschaum gegenüber. Da auch hierbei maximal eine Kaffeetasse herausschau(m)t, darf man flugs neue Packungen kaufen. Der Chococino erinnerte mich ein wenig an Automatenkakao, wenn auch der Schaum deutlich besser aussah und schmeckte. Der Nesquik war für mich nur mit erheblich verringerter Füllmenge halbwegs genießbar und erwies sich somit als weitere Enttäuschung.
Schlecht gelöst war meiner natürlich subjektiven Meinung nach die Kapselentleerung, die dadurch, dass viel Wasser in den Kapseln zurückbleibt, einige Tropfen auf dem Weg in den Mülleimer hinterlassen kann. Es gab einen Trester-Behälter für die verbrauchten Kapseln. Aber auch hier galt: Die Nespresso löst das einfach besser, indem leere Kapseln beim Einlegen einer frischen Kapsel von selbst in den Auffangbehälter fallen, ohne dass es irgendwo tropfen könnte.
Ich bleibe Nespresso treu
Mein Fazit nach intensiver Testung: Das Nespresso- bzw. das Dolce-Gusto-System verhalten sich zueinander wie Schwestern, bei denen man nicht glauben kann, dass sie von derselben Mutter stammen können. Der einzige Pluspunkt für die Dolce Gusto ist die Verfügbarkeit der Kapseln in vielen Supermärkten und der geschmacklich hervorragende Chai Latte. In sämtlichen anderen Punkten hat die Nespresso nicht nur die Nase, sondern den ganzen Körper vorne. Verständlich wäre das ja noch, wenn sich das Dolce-Gusto-Kapselsystem vom Preis her deutlich unter der Nespresso bewegte. Doch sowohl die Dolce-Gusto-Kaffeemaschine als auch die Kapseln befinden sich preislich auf Nespresso-Niveau. Ich kann deshalb auch weiterhin die Nespresso nur empfehlen, die zwar ordentlich ins Geld geht, aber schlichtweg den besten Kaffee und bequemsten Bedienkomfort bietet.