Das Erbe der Füchsin ist ein historischer Roman aus dem 19. Jahrhundert. Warum hast du diese Zeit gewählt?

Ich finde das 19. Jahrhundert ungeheuer spannend. Es ist eine Zeit der Umbrüche, von denen wir uns bis heute nicht erholt haben. Vieles, was über Jahrhunderte hinweg Bestand gehabt hat, wurde innerhalb weniger Jahrzehnte komplett über den Haufen geworfen. Seine Figuren in eine solche Zeit hineinzuversetzen, bringt quasi von alleine Spannung mit sich.

Das hört sich jetzt fast so an, als sei dir für die Handlung nicht viel eingefallen.

Das Erbe der Füchsin ist eine Familiensaga, in dem Genre gibt es in den seltensten Fällen ausgemachte Bösewichte, lebensgefährliche Intrigen und atemberaubende Verfolgungsjagden. Es wird geschildert, was eine Gruppe von Menschen so macht, über mehrere Jahrzehnte weg. Wenn da schwierige Zeiten dabei sind, dann müssen die Familienmitglieder da halt irgendwie durch.

Mein Freund hat es gelesen, der liest normalerweise Thriller, und der fand es ungemein spannend. Offenbar hat er für ein paar Tage in einer anderen Welt gelebt und mit meinen Figuren mitgelitten und sich mit gefreut. Zwischendurch hat er mich sogar beschimpft und gemeint, ich hätte doch freundlicher mit ihnen umgehen sollen. Das ging aber nicht; die Zeiten waren nicht so, ich kanns nicht ändern.

Das Herdfeuer, der Weg: Mittelalterroman von Eva Finkenstädt
Das Herdfeuer, der Weg

Wie bist du auf die Idee gekommen?

Da muss ich jetzt ein bisschen ausholen.

Ich hatte ja vorher einen Mittelalterroman geschrieben, in dem es um eine historische Figur ging. Und zwar war das eine Müllerin im 13. Jahrhundert, die gegen den Deutschen Ritterorden prozessiert hat. Der Deutsche Ritterorden war zu der Zeit eine internationale Großmacht, es ist also so ein bisschen eine Michael-Kohlhaas-Geschichte.

Als das Buch massenhaft gekauft wurde und die Leser nach einem neuen Buch von mir verlangten, da meinte mein Bruder: "Mach's doch einfach wie der Gordon mit dem Medicus, setz die selben Menschen in eine andere Zeit und guck, was sie da dann tun". Fand ich eine gute Idee.

Deshalb ist jetzt meine neue Hauptfigur in der selben Mühle geboren und ebenfalls ohne Mutter aufgewachsen. Aber im 19. Jahrhundert konnte sie nicht selbst Müllerin werden. Außerdem war inzwischen die romantische Liebe erfunden. Sie hat viel engere Grenzen als ihre Vorfahrin. Und während die Müllerin im 13. Jahrhundert nichts weiter will, als innerhalb ihrer Grenzen sicher sein, bricht Müllerstochter Martha im 19. Jahrhundert aus.

Das ist nicht gut. Die Gesellschaft ist noch so starr, dass da rechts und links nicht viel Platz ist für Ausbrecher. Martha ist also in echten Schwierigkeiten. Sie kämpft ums reine Überleben. Und als es ihr gelungen ist, ihrem Sohn Alfred eine Lehrstelle zu besorgen, da meint sie, sie hätte es jetzt geschafft.

Aber die Zeiten haben sich geändert. Eine Handwerkslehre bietet keine Sicherheit mehr. Die alten Strukturen, die Zünfte, in denen man sicher war, sind am Zerbrechen. Alfred wird in eine neue Welt hineingeworfen, in der er sich nun zurechtfinden muss. Sehr viele Menschen, vor allem Wandergesellen wie Alfred, sind in diesen Jahren jämmerlich zugrundegegangen. Einige wenige sind hochgespült worden. Alfred muss auf seine Weise ebenso ums Überleben kämpfen wie seine Mutter Martha.

Was hat es mit der Füchsin auf sich?

Die Füchsin ist vielleicht die heimliche Hauptfigur des Romans. Sie taucht immer mal wieder auf, vor allem dann, wenn es schwierig wird oder wenn grundlegende Entscheidungen anstehen. Man könnte sagen, die Füchsin ist so etwas wie ein schamanisches Krafttier für Martha.

Du musst bedenken, dass die Welt, in der Martha aufgewachsen ist, noch sehr urtümlich ist. Da hat sich seit dem Mittelalter nur wenig verändert. Wäre sie ein paar Jahrhunderte früher geboren, wäre sie vielleicht als Hexe verbrannt worden. In ihr ist noch etwas Altes lebendig, was man vielleicht für Hexerei gehalten hätte.

Und dann kommen Industrielle Revolution, Kapitalismus, Marktwirtschaft und was noch alles, und innerhalb weniger Jahrzehnte verändert sich die Welt. Und hier kommen wir auf die Frage nach dem Erbe: Gibt es das heute noch, in unserer veränderten Welt, was in Martha noch lebendig war?

Höre ich da eine gewisse Kritik heraus?

Ich sags mal so: Wir haben unser Wirtschaftssystem, unsere Produktionsmethoden, unsere Art des Zusammenlebens, unsere Prioritäten geändert, ohne groß darüber nachzudenken. Kein Mensch hat jemals innegehalten und nachgefragt, welche Veränderungen nun auch wirklich Verbesserungen waren und welche nicht. Ich finde, das könnte man schon allmählich mal tun.

Warum bist du nicht bei einem richtigen Verlag?

Das "richtig" würde ich jetzt mal in Gänsefüßchen setzen. Es gibt keine mehr oder weniger richtigen Verlage; es kommt drauf an, was man will. Und ich wollte mein Buch erscheinen sehen, sobald es fertig lektoriert und überarbeitet war.

Allerdings hab ich im Vorfeld an drei Literaturagenturen geschrieben. Eine schrieb zurück, es habe sie nicht angesprochen. Eine schrieb, es habe ihr zwar sehr gut gefallen, sie wisse aber keinen Abnehmer dafür. Und die dritte hat sich gar nicht gemeldet.

Ich wollte den "richtigen" Verlagen, wie du sie nennst, eine Chance geben. Das hab ich damit getan, und damit ist es denn auch gut. Ich mach mich doch nicht zum Affen.

Das Erbe der Füchsin: Historischer Roman von Eva Finkenstädt
Das Erbe der Füchsin

Ich habe das Erbe der Füchsin bei dem Print-on-Demand-Verlag tredition veröffentlicht, und ich möchte auch gleich dazusagen, dass ich mit diesem Verlag außerordentlich zufrieden bin. Das Buch ist hervorragend gearbeitet, die Zeilen liegen beispielsweise auf Vorder- und Rückseite exakt übereinander, die Seitenzahlen springen nicht, die Bindung scheint stabil zu sein. Das ist alles nicht selbstverständlich heutzutage. Allenfalls könnte man einwenden, dass das Cover ein bisschen empfindlich ist. Beim nächsten Mal werde ich jedenfalls die Option glänzend wählen, dann kommt vermutlich noch eine Schicht Lack drüber.

Hat es nicht auch Nachteile, in einem PoD-Verlag wie tredition zu veröffentlichen?

Man muss wissen, was man will. Und man muss natürlich vieles selbst tun. Ich hab mir zum Beispiel selbst eine Lektorin gesucht, Kristina Lieschke, ohne die das Buch nicht so gut geworden wäre, wie es heute ist. Ich arbeite selbst als Freie Lektorin, und ich weiß, dass jeder sich da helfen lassen sollte, selbst wenn er seit Jahrzehnten Korrektor ist. Es ist einfach eine Frage der Betriebsblindheit. Der Balken im eigenen Auge, wenn du so willst.

Das Titelbild von Marco König hab ich im Internet gefunden und ihn angemailt, und die Covergestaltung hat ein Mediengestalter gemacht und sich dabei ein ganz klein wenig an Steampunk-Bücher angelehnt, weil die ja von der selben Zeit ausgehen. All das hätte ansonsten ein Verlag getan.

Und dann ist da natürlich noch der wunde Punkt mit der Vermarktung. Ich bin ein eher zurückhaltender Mensch, Typ Bücherwurm eben. In eigener Sache die Werbetrommel zu rühren, möglicherweise gar mich selbst aggressiv zu vermarkten, das fällt mir schwer. Aber mal ehrlich: Das machen doch herkömmliche Verlage auch nur mit ihren Spitzenautoren. Ein völlig unbekannter Newcomer hat da doch auch keinen nennenswerten Werbeetat, oder?

Tredition sorgt dafür, dass das Buch überall zu haben ist: bei allen Großhändlern, also auch im Buchhandel, bei Weltbild und Thalia, bei Amazon und was es noch so gibt. Sie haben sogar selbst eine Presseerklärung geschrieben und über offene Presseportale verbreitet. Irgend jemand bei denen muss das Buch gelesen und darüber geschrieben haben. Das hat mich echt überrascht, so viel Engagement hatte ich nicht erwartet. Also ich bin mit meinem Verlag rundum zufrieden.

Autorenseite: Eva Finkenstädt bei Amazon

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