Steckt eine Verschwörung hinter dem Verschwinden der Familie?

Cynthia ist ein typischer, 14-jähriger Teenager in der Pubertät. Die Schule ist ätzend und die Eltern nerven mit ihren ständigen Ratschlägen. Natürlich verbieten sie auch noch den Umgang mit dem coolen, ersten Freund und mischen sich in alle privaten Angelegenheiten ein. Das rebellische Mädchen wirft im Zorn eines Tages ihren Eltern die Worte: "Ich wollte, ihr wärt tot!" an den Kopf.

Als sie am nächsten Tag mit einem Kater von der nächtlichen Zechtour aufwacht, bereut sie die Worte zutiefst. Zumal ihre Eltern und ihr Bruder plötzlich verschwunden sind und nicht mehr auftauchen. Keine Spur, keine Nachricht, absolut nichts, was auf deren Schicksal hinweisen könnte.

25 Jahre später ist aus Cynthia eine attraktive, verheiratete Frau geworden. Sie liebt ihre achtjährige Tochter und ihren Mann Terry über alles, hat aber die Ereignisse ihrer Kindheit immer noch nicht überwunden. Plötzlich tauchen mysteriöse Botschaften auf, die Cynthia glauben lassen, dass ihre Eltern und ihr Bruder vielleicht doch noch am Leben sind. Allerdings erweisen sich die Nachforschungen Cynthias und ihres Mannes als gefährlich: Menschen, die mit ihnen in Verbindung standen, sterben – offenbar sind die Beiden einer Verschwörung auf der Spur …

"Ohne ein Wort" überzeugt mit spannender Ausgangslage

Wie jeder Psychothriller steht und fällt "Ohne ein Wort" mit dem Plot. Dabei erweist sich gerade die Ausgangslage als extrem spannend, weil sie nachvollziehbar ist: Was wäre, wenn plötzlich die eigene Familie spurlos verschwände? Ein Schreckensszenario, das die Protagonistin Cynthia durchleben und verarbeiten muss, was ihr jedoch nie gänzlich gelingt.

Als Stütze erweist sich ihr Ehemann Terry, aus dessen Perspektive "Ohne ein Wort" erzählt wird. Ein kluger Schachzug, da somit eine gegenüber vielen anderen Thrillern geradezu atemberaubende Möglichkeit eröffnet wird: Hatte Cynthia selbst mit dem Verschwinden etwas zu tun? Oder war sie sogar die hierfür Verantwortliche?

Gutes Thrillerdebüt von Linwood Barclay

"Ohne ein Wort" ist einer jener Romane, die klassische Pageturner darstellen: Man kann das Buch nicht aus der Hand legen ohne ständig weiterzulesen und somit zu erfahren, wie die Handlung voranschreitet und was es mit dem Verschwinden auf sich hat. Das Thrillerdebüt von Linwood Barclay macht durchaus Lust auf mehr: Spannende Ausgangssituation, interessante Protagonisten, überraschende Wendungen.

Restlos vermag "Ohne ein Wort" dennoch nicht zu überzeugen. Während die Figur des Terry hervorragend gelungen ist und große Sympathien für den etwas tollpatschigen, alles andere als allwissenden Lehrer weckt, fällt es dem Leser von Beginn an schwer, emotionale Nähe zu Cynthia aufzubauen. Fast unablässig wirkt sie gereizt und labil, stößt schwere Beschuldigungen und Vorwürfe aus und erweist sich als seltsam unsympathische Protagonistin.

Die Auflösung des Mysteriums selbst enttäuscht ein wenig, vor allem, da sie an den Haaren herbeigezogen wirkt. Und hierin verbirgt sich auch die größte Schwäche des ansonsten sehr guten Thrillers: Mit fortschreitender Handlung häufen sich die "Zufälle", die zu einem eher schwachen Showdown führen.

Linwood Barclay empfiehlt sich für weitere Thriller

Davon abgesehen ist Barclay mit "Ohne ein Wort" ein viel versprechendes Thrillerdebüt gelungen, das auf weitere Genrekost aus seiner Feder hoffen lässt. Mit 500 Seiten ist der Umfang des Buches ideal bemessen, um ein spannendes Wochenende zu garantieren oder eine längere Flugreise zu überbrücken.

Gut möglich, dass mit Linwood Barclay ein künftiger Konkurrent für Thrillermeister Jeffery Deaver erwachsen ist.

Nikakoi, am 05.12.2013
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Bildquelle:
W. Zeckai (Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)

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