Prometheus, der Film: Kritik und Szenenfotos
„Prometheus – Dunkle Zeichen“, der Film von Ridley Scott bereitet Bauchschmerzen: Das Produkt aus fulminanter Optik, Seins-Philosophie und Action lässt seine Besucher ratlos zurückPrometheus, der Film: ein „Konstrukteur“ in Wartestellung (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Wenn diese Erinnerung an "2001" eine Hoffnung sein sollte, so zerstört sie Regisseur Scott in "Prometheus" gründlich, rasch und nachhaltig: Vom sphärischen, melancholischen Anfang bleibt nichts mehr übrig, nachdem eine Forschergruppe auf der schottischen Isle of Skye Höhlenmalereien entdeckt, die darauf hindeuten: "Wir sind nicht allein!" Nun ist der Affe auf dem Baum, nun kann die Jagd beginnen: Im Raumschiff "Prometheus" fliegt eine Forschergruppe zu der Sternzeichengruppe, in der die Ursprünge der Menschheit vermutet werden.
(Hier geht es zu einer ausführlichen Inhaltsangabe des Films "Prometheus".)
Oft Gesehenes im Film „Prometheus“
Zwei Stunden später. Der Zuschauer hängt verwundet und verwundert im Kinosessel. Vom Auftakt ist absolut nichts übriggeblieben außer der banalen Erkenntnis, dass auch Aliens menschlich sind – und zwar auf eine entsetzlich destruktive Art. Das hat der Film "Prometheus" vorgeführt mit Schnickschnack in 3D, mit zauberhaften holographischen Tricks, mit den üblichen, aber immer noch stupenden Schreckensmomenten, wenn eine Axt in den Zuschauerraum zu fliegen scheint, mit geradezu klassischen Sequenzen, die das Bedürfnis nach Action stillen, mit grauenvollen Szenen eines Pseudokaiserschnitts.
Samt und sonders aber leiden sie unter einem Mangel: Sie sind alles andere als neu – das hat man alles schon einmal gesehen.
Prometheus, der Film, beeindruckt mit optischen Finessen. Hier eine holographische Zauberei des Universums (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Prometheus – vertraute Einzelgeschichten
Wenn die Bilder bekannt sind, stellt sich die Frage, ob denn wenigstens Story und Substories neu oder neuartig sind? Ob die Geschichte einer gläubig-naiven, zugleich aber hartnäckigen und an der Gefahr und am Widerstand wachsenden Wissenschaftlerin wie Elizabeth Shaw (gespielt von einer vorzüglich agierenden Noomi Rapace) bereits erzählt worden ist in anderen Filmen? Ob es bereits die Erzählung gibt vom alternden Magnaten, der alles kaufen kann außer dem ewigen Leben, und der vorm Tod scheitern muss? Ob man im Kino oder in der Literatur bereits einem Androiden begegnet ist, der sich letzten Endes als der wahrhaft humane Part in der Story erweist? Eine Antwort erübrigt sich.
Das Problem des Films "Prometheus" liegt in seiner Struktur. Wer auch immer der Versuchung erlegen ist, ob Drehbuchautoren, ob Regisseur, ob Produktionsfirma: Man wollte wohl auf das gehen, was allgemein "Nummer sicher" genannt wird.
Weder wollte oder durfte Ridley Scott zeigen, was er drauf hat; weder durften, wie zu vermuten ist, die Drehbuchautoren die Tiefe des Ansatzes ausloten, noch war die Produktionsfirma (20th Century Fox) bereit, Geld für ein erzählerisch ambitioniertes Projekt zu riskieren.
Was der Film Prometheus bietet, ist eine unauffällige Regiearbeit, ist ein nach Hollywoods Maßstäben in Sachen Dramaturgie idealtypisch ablaufendes Drehbuch, ist eine finanziell üppige Ausstattung, die in puncto Optik Genuss bereitet. Man müsste wohl resümieren: Popcorn-Kino auf hohem Niveau.
Ehrfurcht packt die Besatzung der Prometheus im Innern der Kuppel. Elizabeth Shaw, links Holloway, rechts Android David (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Als Unterhaltungsfilm allemal sein Geld wert - Der Film „Prometheus“ ist solide Hollywood-Ware
Unter diesem Aspekt sind die 10 bis 12 Euro Eintritt sicherlich nicht vergeudet. Und wer Science-Fiction mag, wird hier nicht schlecht bedient. Enttäuschend bleibt, dass große Namen hinter dem Projekt stehen und nur Mittelmaß abgeliefert haben. (Der bei Kritikern beliebte Schlenker "handwerklich gut gemacht" ist im Grunde nichts anderes als eine aus Hilflosigkeit geborene Beleidigung: Ein Film, der handwerkliche Mängel zeigt, sollte genausowenig ins Kino kommen wie ein Designerschrank in den Verkauf, wenn er schiefe Böden besitzt. Also dann doch im Klartext: der Film "Prometheus" ist handwerklich perfekt produziert.)
Ridley Scott, Regisseur des Films „Prometheus“, am Set (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Ridley Scott, der Regisseur des Films "Prometheus"
Immer wieder hat Ridley Scott starke Charaktere brillant in Szene gesetzt. Seine "Thelma & Louise" (gespielt von Susan Sarandon und Geena Davis) sind unvergessliche, weil gegen jede Konvention aufbegehrende Frauen; sein "Maximus (gespielt von Russel Crowe in "Gladiator") ist die kongeniale Umsetzung eines von Überlebenswillen, Rachedurst und Gerechtigkeitsempfinden angetriebenen Protagonisten; sein "Blade Runner" (mit Harrison Ford und Rutger Hauer) steht noch immer ganz oben in der Filmrezeption; sein "Hannibal" (mit Anthony Hopkins und Julianne Moore) hatte es schwer neben dem Vorgänger "Das Schweigen der Lämmer", geriet aber andererseits zu einem auf mehreren Ebenen staunenmachenden Sequel.
Und schließlich das Meisterstück, der Film, der wohl auf ewige Zeiten mit Ridley Scott in Verbindung gebracht werden wird: "Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt" mit einer Sigourney Weaver, die der Welt 1979 ein für allemal klar machte, was Feminismus tatsächlich bedeutet: knallhart zu sein und Kinder auf die Welt zu setzen. (Dass diese Kinder Monster sind, darf getrost als nicht bloß ironisch, sondern als ernsthaft gemeint verstanden werden: Kinder sind nun mal Monster!)
Figuren im Film „Prometheus“: reine Erfüllungsgehilfen
Der Film "Prometheus" knüpft nun inhaltlich an "Alien" an, geriert sich aber als Prequel: als Versuch einer Antwort auf die Frage: "Was tat Gott, bevor er die Welt erschuf?" Mit anderen Worten: Woher kommen all die Aliens aus "Alien Teil I — III"?
Die Geschichte, die im Film "Prometheus" erzählt wird, enttäuscht. Auf Jahrmarktsniveau wird eine Gruselgeschichte geboten, die philosophisch anhebt, um dann ins Militärische abzugleiten. Keine der Personen darf mehr sein als Erfüllungsgehilfe: Vickers ist Erfüllungsgehilfe ihres Vaters Weyland; Weyland erweist sich als Erfüllungsgehilfe der "Konstrukteure" (der Außerirdischen); ein Konstrukteur muss sterben, damit Shaw für eine Fortsetzung von "Prometheus" sorgen kann; Shaw lässt sich unwissentlich von Holloway schwängern, auf dass ein Alien entstehe, das dann in den Filmen vor dreißig Jahren auftaucht …
Einzig Shaw entwickelt sich, die junge Wissenschaftlerin. Aus dem begeisterungsfähigen, religiös angehauchten Mädchen vom Beginn des Films wird eine toughe Dame, die sich den Bauch aufzuschlitzt, um ein Monster loszuwerden – Ripley (Alien I) lässt grüßen.
Fazit: Der Film "Prometheus" ist (leider) nur gute Unterhaltung
3D ist in Mode. Und was etwas schade ist: Während des Anschauens eines Films verliert sich der Effekt – der Zuschauer hat sich schnell an die neue Sichtweise gewöhnt und empfindet sie nicht mehr als etwas Besonderes. Das ist beim Film "Prometheus – Dunkle Zeichen" wie bei jedem anderen Film in 3D.
Dabei eignet sich gerade die Weite des Universums für den Vorführeffekt. Anders als beispielsweise in James Camerons Film "Sanctum", der in der Enge eines Höhlenlabyrinths spielt, könnte man hier die Tiefe des Raums effektvoll einsetzen. Leider geschieht das viel zu selten. Überhaupt spielen die Szenen im Weltall im Film "Prometheus" eine absolut nachrangige Rolle – was manch einer vermissen dürfte, der bei Science-Fiction erst einmal an "Krieg der Sterne" denkt.
Gelungene Unterhaltung: sehenswerter Zeitvertreib
"Prometheus" ist ein solider Film – der enttäuscht. Die Riege der Stars, die an diesem Werk beteiligt ist, hätte Besseres, Größeres möglich gemacht. So ist nur etwas entstanden, das für ein Warming-up zum Samstagabend hilfreich sein kann, mit Sicherheit aber nicht dazu führen wird, dass man sich länger über den Film unterhalten wird. Es sei denn, man hat sich über "Prometheus – Dunkle Zeichen" geärgert …
Mein Urteil: 6 von 10 Punkten.
Volle Kraft voraus! Prometheus auf Kollisionskurs (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Vorsicht, Aliens! Das Innere des Kuppelbaus in holographischer Ansicht, unten das Raumschiff (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)
Nur ein Urnengrab oder Basis von Massenvernichtungswaffen? Im Innern der Kuppel des Films „Prometheus“ Film (Bild: © 2012 Twentieth Century Fox)