Rezension zu "Warum soll ich nicht fröhlich sein?"
In dieser Rezension widme ich mich der Veröffentlichung "Warum soll ich nicht fröhlich sein?" des Karina Verlag in Wien. Was man davon erwarten darf. Autoren und Fazit.Gleichzeitig möchte ich euch dieses Buch hier nun kurz etwas vorstellen.
Manche der Texte, die wir darin finden können, sind sehr persönlich... sie haben mir übrigens alle sehr, sehr gut gefallen, und ich möchte hier nicht werten.
Es ist mit Sicherheit für jeden etwas dabei.
Wirklich gelungen fand ich übrigens auch, dass eine der Mit-Autorinnen, nämlich Verena Grüneweg, darauf eingegangen ist, dass sie erst einmal gar nicht allzu viel Freude hatte mit diesem Thema... "Warum soll ich nicht fröhlich sein?"...Behinderung... Krankheit...unheilbar...auf jeden Fall Lebensverändernd...
Ja. Ich verstehe sie gut. Wir haben doch alle so unsere Ängste, die uns durch unser Leben begleiten, und eine dieser wirklich großen Ängste ist...
Eine wunderbare Veröffentlichung mit tollen Autoren, die ich nur empfehlen kann! (Bild: Mag.a Bernadette Maria Kaufmann)
Das Ende von allem?
Sie beschäftigt mich selber nicht mehr, diese Situation, wie das so ist, wenn dir dein Neurologe eröffnet, dass du unheilbar krank bist. Ich formuliere das jetzt extra so dramatisch:-)
Erst einmal konnte ich das nicht wirklich einordnen. Es ist vielleicht auch besser so, dass wohl die meisten Menschen erst einmal auf eine Art Verdrängung der Tatsachen setzen können...denn bis ich wirklich entscheidend realisiert hatte, dass MS nichts anderes bedeutet als Multiple Sklerose...verging sicher einige Zeit. Ich weiß nicht mehr, ob es nur ein paar Wochen waren. Oder ein paar Monate. Jedenfalls habe ich mich zu diesem Zeitpunkt in den Beginn meines Studiums gestürzt – und das war ganz sicher besser so. Dass ich fast zeitgleich im Alter von zwanzig Jahren Schwester eines wunderbaren Bruders wurde, und außerdem mein Westiegirl Charlotte geschenkt bekommen habe, hat sicher viel dazu beigetragen, dass ich es durch eine harte Beginnzeit geschafft habe.
Vor allem, dass ich mir jeden zweiten Tag Interferon verabreicht habe (selber, subkutane Injektionen) war keine so besonders tolle Erfahrung...aber im Fall der Fälle würde ich es wieder tun. Mit allem, was dazu gehört. Auch dieses wunderbare Teebaumöl zur Beruhigung der Haut an den Einstichstellen, mit dessen abscheulichem Geruch man mir Lebenslang keine Freude mehr machen wird ;-)
All das ist für mich weitgehend reine Erinnerung, und vielleicht wüsste ich nach Lektüre meiner Tagebuchaufzeichnungen jener Zeit, wie ich damals genau empfunden habe. Aber... es ist so: Ich denke heute kaum mehr an das Gestern. Die Zeit, die vergangen ist, brauch ich nicht wieder...ich kann nichts mehr daran ändern. Sie interessiert mich auch nicht mehr, ebenso wie ein großer Teil jener Menschen, die ich mit meiner Vergangenheit hinter mir gelassen habe.
Und DAS verdanke ich meiner MS.
Ganz sicher interessiert mich die Zukunft – Pläne mache ich jedoch keine mehr. Das beschreibe ich übrigens auch in einem meiner beiden Texte, die ihr darin finden werdet.
Diese beiden Tatsachen zeigen mir nur, dass auch die Diagnose einer unheilbaren Krankheit niemals das Ende sein muss. Es ist einfach der Anfang von etwas Neuem....eines neuen Lebensgefühls, etwa. Mit drei Jahren, als ich total wild drauf war, möglichst schnell Fahrrad fahren zu können OHNE Stützräder...hätte ich wahrscheinlich gelacht, wenn mir wer erzählt hätte, dass ich heute als Erwachsene Stützräder an mein Rad anschrauben werde, falls ich fahren will – an jenen Tagen, an denen es anders eben nicht geht. (Aber glücklicherweise gibt es eh klappbare. Also alles nicht so tragisch.)
Vergleichsweise glücklich?
Man braucht gar keine besonderen Krankheiten zu haben, um zu wissen – Vergleiche sind sinnlos.
Allerdings muss ich schon sagen...im Vergleich zu manchen Texten und zu manchen der Autoren der Texte! Habe ich bestenfalls Luxusprobeme, wenn ich daran denke, dass mein Fahrrad Stützräder gebrauchen kann, manchmal... Und wenn ich mir denke – nein, also Rollator möchte ich keinen. Ich kann es zwar nicht ausschließen, dass ich wirklich niemals einen brauchen werde. Aber ich arbeite eigentlich aufs Gegenteil hin.
"Der orange Blitz" der Autorin Britta Kummer hat mir wahnsinnig gut gefallen. In diesem Text lädt sie uns ein, einmal an ihrer Perspektive teilzuhaben, wenn sie mal mit ihrem schnittigen orangen Elektrorollstuhl unterwegs ist. Dieser Text ist - wie alle ihre Texte – wieder einmal sehr geglückt!
Ich liebe diese Erzählung und kann mich gut in die Situation einfühlen.
Überhaupt bewundere ich Britta, für ihren Humor, ihren Mut, und weil sie uns ein gutes Vorbild sein kann. Ich finde es sehr schön und auch ganz richtig, dass sie diese Sammlung an Erzählungen eröffnet. So wie Verena Grüneweg in "Willkommen in meiner Welt!" es auch beschrieben hat – Britta ist eine ganz tolle Person! Und wenn es mir mal nicht so besonders geht...dann denke ich gerne auch an sie, und dass man sich ein wenig von ihrem Mut und ihrem Biss abschneiden soll.
Daran werde ich auch beim nächsten Hitzetag denken, der mich im wahrsten Sinn des Wortes zu lähmen imstande ist...an heißen Tagen geht es mir in aller Regel gar nicht gut. Das werden dann auch jene sein, an denen ich vielleicht doch mal zum Rollator greifen werde – natürlich nur im Tigerstreifenlook.
"Warum soll ich nicht fröhlich sein?"
Ja, lieber Artur Belja – das weiß ich allerdings auch nicht!
Die Titelgebende Geschichte dieser Veröffentlichung ist ebenso gelungen und hat mich ein wenig nachdenklich zurück gelassen.
Viel zu wenig denken wir alle an jene Kinder und Jugendlichen, die praktisch von Anfang an "irgendwie anders" sind...wie ihr Leben in der Schule aussieht... was sie selber denken... ich kann nach wie vor nur Vermutungen anstellen. Aber dieser Text von Artur Belja war schon mal recht hilfreich, um zu einem Bild "dieser Welt" zugelangen.
Wobei wir ja alle nur in einer Welt leben.
Eigentlich.
Caroline Regnard-Mayer gefällt mir ebenso: "Warum sollte ich nicht fröhlich sein?"
Ja, liebe Caro ;-) gerade MICH fragst du besser nicht! Auch ich werde mir sehr gerne unter anderem deine neue Veröffentlichung zur Blase kaufen. Habe mittlerweile meinen Frieden damit gemacht, dass nichts sicher ist...und man sich daher für das Bewältigen des Alltags immer den einen oder anderen Trick bereithalten muss.
(Das ist ja schon fast wie das Leben mit drei ewigen Dreijährigen...sicher ist nichts...ob alles gut geht...sieht man nicht erst am Ende des Tages...für das Gelingen gibt es eventuell sogar doch eine Garantie...Nervenstärke...und auch auf den Humor nie vergessen! Den brauche ich immer wieder mal.)
Die Texte aller Autoren zeichnen sich aus durch einen authentischen Blick auf "das Leben anders", aber auch auf "das Leben mit der Konfrontation mit dem Leben anders" (Dankeschön an Christine Erdic und Verena Grüneweg)...ja, wenn das Leben so einfach wär. Ich bin da ganz bei euch. Logischerweise habe ich großes Verständnis dafür, dass Unsicherheiten da sind im Umgang mit Menschen, die Behinderungen oder Krankheiten betreffen...mehr oder weniger offensichtlich.
Wie ich "vorher" auf einen Menschen mit MS reagiert hätte? Um jetzt nur ein Beispiel zu nennen. Keine Ahnung. Ich denke, wenn überhaupt...war meine Idee dazu vielleicht, der oder diejenige landet irgendwann mal im Rollstuhl. Falls er nicht eh schon drin sitzt.
Fazit
Thematisch vielfältig, eine tolle Sprache, gute Ideen... alles das bekommen die Lesenden von "Warum soll ich nicht fröhlich sein?"
Außerdem einen Einblick darin, wie Lebenswelt auch sein kann...
Abschließend möchte ich auch kurz noch alle Autoren, die im Werk vorkommen, nennen:
Karin Pfolz (Herausgeberin, Fotografin), Britta Kummer, Christine Erdic, Sandra Böttrich, Artur Belja, Veronika M. Dutz, Verena Grüneweg, Walter Penfine, Lisa Grüner, Franz Josef Bernhart, Werner Thiecke, Erich Röthlisberger, Asmodina Tear, Sally Bertram, Caroline Regnard-Mayer, Elfriede Stehle, Maria Göthling, Sebastian Görlitzer, Bernadette Maria Kaufmann, Wiebke Worm
Ich wünsche auch euch mit dieser Veröffentlichung viel Freude, ein bisschen Nachdenken ;-) und...denkt dran...Humor ist alles. Das Leben ist ja schon ernst genug.
Wo kommt man da hin, wenn man sich jetzt gar nichts mehr gönnt?
Alles Liebe, Bernadette
Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)
dco-Verlag
(Rezension: Wenn dich jemand sieht)