Straßenkinder bzw. Off Road Kids in Deutschland

Viele Kinder, die in Deutschland aufwachsen, erleben ihre Kindheit leider nicht als Zeit des Wachsens und Entwickelns, in welcher sie auf die Liebe und Geborgenheit seitens der eigenen Eltern oder anderer nahestehenden Personen zählen können. Immer häufiger werden sie auf ihrem Weg in die Selbständigkeit von den eben genannten Personen allein gelassen statt begleitet.

Obwohl wir in einem reichen Sozialstaat leben, leiden auch in Deutschland viele Kinder an den verschiedensten Mängeln. Das beginnt bei mangelnder Bewegung, setzt sich fort in einer Mangelernährung aufgrund finanzieller Not und reicht bis zu mangelnder Zeit und zu wenig Aufmerksamkeit von seiten der Eltern. Vor allem die nicht vorhandene Sorge der Eltern ist sehr problematisch, da gerade Kinder dadurch der Gefahr ausgesetzt sind, emotional zu "verhungern" und Schritt für Schritt jeglichen Kontakt zu ihren Eltern zu verlieren. Auf diese Weise kommt es häufig zu Streitereien innerhalb der Familie, in sozial schwächeren Familien gibt es zudem nicht selten Misshandlung oder gar Missbrauch. Aus dieser Situation versuchen sich die Kinder zu befreien und sehen als letzte Chance die Flucht. Das Ergebnis sind Kinder und Jugendliche, die "die Straße" als ihren Lebensmittelpunkt wählen, in der Hoffnung, dort besser zurecht zu kommen, als im bisherigen Umfeld.

Straßenkinder in Deutschland werden immer jünger

Leider sinkt das Alter derer, die sich für ein Leben auf der Straße entscheiden, rapide. Inzwischen sind die Kinder nicht 14, 15 oder 16 Jahre alt, sondern immer öfter trifft man Kinder im Alter von 12 oder 13 Jahren. Vor allem halten sie sich in der Nähe von großen Bahnhöfen, Einkaufspassagen oder Fußgängerzonen auf. Um den täglichen Bedarf an Nahrung zu decken, müssen sie betteln, stehlen oder sich im schlimmsten Fall prostituieren. Viele Straßenkinder sind schon nach relativ kurzer Zeit krank und auch von Hunger gezeichnet, da die schwierigen Lebensbedingungen ihnen sehr zusetzen. Viele der Kinder und Jugendlichen geraten zudem schnell in die Abhängigkeit von Alkohol und Drogen. Das Schlafen in Bahnhöfen oder an anderen unhygienischen Orten trägt das seine dazu bei, solche Kinder und Jugendlichen gesundheitlich zu schädigen.

Laut Gesetz dürfte es gar keine Straßenkinder geben

Nachdem wir in einem Rechtsstaat leben, in dem Kinder einen besonderen Schutz genießen, darf es Straßenkinder in Deutschland eigentlich gar nicht geben. Denn Kinder und Jugendliche gelten im offiziellem Sprachgebrauch unseres Staates bis zum 18. Lebensjahr als "obhutlos". Werden sie von der Polizei aufgegriffen, bringt sie diese zu den Eltern zurück. Leider sind die Fronten zwischen den Kindern und ihren Eltern so verhärtet, dass es nicht lange dauert, bis die Kinder auf die Straße zurückkehren.

Obwohl es unverständlich ist, weigern sich nicht nur die Kinder, sondern noch häufiger die Eltern, einen neuerlichen Versuch des Zusammenlebens zu starten. Sie fühlen sich überfordert, leben in einer von Gewalt geprägten Beziehung, sind nicht selten alkoholabhängig, haben keinerlei emotionale Bindung zu ihrem Kind oder möchten, was häufig der Fall ist, einfach ihre Ruhe. In solchen Härtefällen ist das Jugendamt gefordert, eine andere Lösung zu finden. Diese heißt in den meisten Fällen, dass das Kind in einem Heim untergebracht wird.

Das Magnet Großstadt zieht viele Straßenkinder an

Ein Großteil der Straßenkinder entscheidet sich früher oder später, in eine der deutschen Großstädte zu gehen, da sie sich dort bessere Bedingungen erhoffen. Vor allem garantiert eine Großstadt ein hohes Maß an Anonymität, denn die meisten versuchen, sich dem Einfluss der für sie zuständigen Behörden zu entziehen, weil sie wissen, dass ihnen die Rückkehr zu den Eltern droht, wenn man sie aufgreift. Leider geht mit dem Eintauchen in die Anonymität auch der Verzicht auf den Schulbesuch einher, was die späteren Chancen auf einen Arbeitsplatz deutlich mindert. So wächst die Zahl der Straßenkinder hauptsächlich in größeren Städten massiv an. Als Beispiel kann Berlin gelten. Nach offiziellen Schätzungen leben von den ca. 10.000 Straßenkindern, die es in Deutschland gibt, weit über 3.000 Kinder und Jugendliche ohne festen Wohnsitz allein in Berlin. Sie kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, hauptsächlich aber aus dem Westen und Osten Deutschlands, sowie aus den osteuropäischen Nachbarländern.

Hilfe für Straßenkinder durch den Kinderschutzbund oder die Kindernothilfe

Die Städte sind bemüht, den Straßenkindern durch Wohnprojekte, Übernachtungsmöglichkeiten, unbürokratisch arbeitende Kontakt- und Beratungsstellen sowie durch Notdienste den Wiedereinstieg in ein geregeltes Leben zu ermöglichen oder ihnen zumindest Anlaufstellen zu bieten. Viele Städte beschäftigen zudem sogenannte "Streetworker" die sich nicht davor scheuen, an die bevorzugten Aufenthaltsorte oder Schlafplätze für obdachlose Kinder zu gehen. Sie machen sich also ganz bewusst auf die Suche nach wohnsitzlosen Kindern und Jugendlichen, stellen einen ersten Kontakt her und versuchen behutsam, ihnen Wege aus ihrer Situation aufzuzeigen. Nicht selten haben diese Streetworker die Aufgabe, erneut zwischen Kindern und Eltern zu vermitteln. Inzwischen gibt es viele Institutionen, die sich dem Thema Straßenkinder annehmen und Hilfe leisten. Genannt seien die "Kindernothilfe" oder der Verein "Off Road Kids".

Autor seit 13 Jahren
212 Seiten
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