Volles Wahlprogramm 2016 in den Ländern

Den nur zwei Wahlen 2015 in den deutschen Bundesländern folgt 2016 ein "volles Programm". Gewählt werden dann die Landtage in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt und auch das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin, in Niedersachsen die Kreistage, Stadträte, Gemeinderäte, Samtgemeinderäte, Stadtbezirksräte, Ortsräte sowie die Regionsversammlung Hannover und in Hessen die Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen und Ortsbeiräte. Überall finden die Zählverfahren nach D'Hondt, Sainte-Lague/Schepers oder Hare/Niemeyer Anwendung.

Vergleich der Zählverfahren in den einzelnen Bundesländern

Einige Bundesländer sind in den letzten Jahren in ihrem Zählverfahren für die Sitzzuteilung von D'Hondt auf Sainte-Lague/Schepers umgeschwenkt. Davon versprechen sich die Parteien ein genaueres Spiegelbild des Wählerwillens bei den Zweitstimmen. Inzwischen verfahren sechs der insgesamt 16 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zählverfahren der Stimmen nach Sainte-Lague/Schepers, acht nach Hare/Niemeyer und zwei nach D'Hondt.

Sainte-Lague/Schepers gilt wie auch für den Deutschen Bundestag in Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Nach Hare/Niemeyer zählen Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus. Das Saarland und Sachsen richten sich nach dem Verfahren nach D'Hondt.

Die Unterschiede der drei Zählverfahren

Die Erklärung der einzelnen Zählverfahren geht in die höhere Mathematik. Je mehr Sitze zu verteilen sind und je mehr Parteien Stimmen erhalten, desto größer ist die Rechnerei und desto größer der Unterschied der Ergebnisse nach den unterschiedlichen Zählverfahren.

Deshalb hier ein einfaches Modell zu Erläuterung der drei sich unterscheidenden Zählverfahren, bei dem von drei Parteien ausgegangen wird mit einem Stimmenanteil der A-Partei von 20.000 Stimmen, der B-Partei von 12.000 Stimmen und der C-Partei von 3.000 Stimmen.

Die Ergebnisse nach den drei Verfahren

D'Hondt

Bei diesem Zähl- und Auswertungssystem werden die Stimmen einer jeden Partei für sich zuerst durch 1 geteilt, dann durch 2, dann durch 3 und so weiter. Wenn nur acht Sitze zu vergeben sind, dann entscheiden über diese Sitze die acht höchsten Ergebnisse der Division. Danach erhält die A-Partei fünf Sitze, die B-Partei drei Sitze und die C-Partei null Sitze.

Sainte-Lague/Schepers

Hierbei werden die Stimmen einer jeden Partei für sich zuerst durch 0,5, dann durch 1,5, dann durch 2,5 und so weiter geteilt. So finden durch den niedrigeren Divisor kleinere Parteien eher Berücksichtigung. Statt der Division findet bei den Bundestagswahlen ein modifiziertes Sainte-Lague/Schepers-Verfahren statt: das iterative Verfahren, bei dem die Gesamtzahl aller gültigen Stimmen durch die Gesamtzahl der Sitze geteilt wird= Zuteilungsdivisor.

Im obigen Muster wäre der Zuteilungsdivisor 35.000: 8 = 4.375. Für Partei A ergäben sich 20.000: 4.375=4,57= 5 Sitze, für Partei B 12.000: 4.375 = 2,74 = 3 Sitze und für die C-Partei 3.000: 4.375 = 0,69 = 1 Sitz.. Das ergibt 9 Sitze. Da aber nur acht Sitze zu vergeben sind, muss der Zuteilungsdivisor leicht erhöht werden, bis sich aus dem leicht erhöhten Zuteilungsdivisor die richtige Zahl der Sitze ergibt. Im vorliegenden Fall wäre die Zahl 4.600 der richtige Zuteilungsdivisor. Partei A erhält vier Sitze, Partei B drei Sitze und Partei C einen Sitz.

Hare/Niemeyer

Zuerst werden jene Stimmen eliminiert, die an Parteien gingen, die an einer eventuellen Prozenthürde ( fünf Prozent oder drei Prozent) gescheitert sind. Diese bereinigte Stimmenzahl ist Basis für die Berechnung der erreichten Sitze jeder Partei. Bleiben wir bei dem obigen Beispiel, entfallen 35.000 Stimmen auf die A-Partei (20.000 Stimmen), die B-Partei (12.000 Stimmen) und die C-Partei (3.000 Stimmen). Sind wie im obigen Beispiel acht Sitze zu verteilen, so hat die A-Partei ohne Auf- oder Abrundungen 57,1 Prozent der Stimmen, die B-Partei 34,2 Prozent und die C-Partei 8,5 Prozent erreicht. Bei acht zu vergebenden Sitzen entspricht das für die A-Partei 4,56 Sitze, die B-Partei 2,72 Sitze und die C-Partei 0,64 Sitze. Allerdings zählen für die Berechnung nur die Zahlen vor dem Komma. Die A-Partei erhält danach vier Sitze, die B-Partei zwei Sitze und die C-Partei keinen Sitz. Jetzt wären erst sechs der acht Sitze vergeben. Nun folgt der zweite Schritt: Wenn die Summe der errechneten Sitze nicht der Gesamtsitzzahl entspricht, werden die verbliebenen Restsitze den Wahlvorschlägen mit den höchsten Stellen nach dem Komma zugeschlagen. Das ergibt für die B-Partei und die C-Partei je einen Sitz.

Insgesamt kommt die A-Partei somit auf vier Sitze, die B-Partei auf drei Sitze und die C-Partei auf einen Sitz.

Die Erfinder der drei Zählverfahren

Victor D'Hondt war ein belgischer Jurist und Professor für Zivil- und Steuerrecht an der Universität Gent. Sein Anliegen war es, auch Minderheiten in gewählten Gremien vertreten zu sehen.

Der französische Mathematiker André Sainte-Lague begründete seine Berechnungsmethode mit der Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen. Hans Schepers brachte als Physiker und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung dieses Verfahren für die Verteilung der Ausschusssitze des Deutschen Bundestages ein.

Seit der Bundestagswahl im Jahr 1987 bis zur Wahl 2005 wurde das Hare/Niemeyer-Verfahren für die Berechnung der Sitzverteilung im Deutschen Bundestag angewandt. Es geht auf den Londoner Rechtsanwalt Thomas Hare und den deutschen Mathematiker Horst F. Niemeyer zurück.

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