Weihnachten im Schuhkarton
Können Geschenke für bedürftige Kinder in armen Ländern Kritik hervorrufen? Ja, wie die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" beweist!Dabei sollte man annehmen, eine karitative Aktion wie diese könnte keine Kritikpunkte liefern. Doch wie läuft die Geschenkeaktion "Weihnachten im Schuhkarton" aus Sicht der edlen Spender eigentlich ab? Grundlage ist, wie schon der Name verrät, ein handelsüblicher Schuhkarton. Dieser wird mit allerlei Geschenken gefüllt, die das Kinderherz mit Freude erfüllen, als da wären Spielwaren, Kuscheltiere, Süßigkeiten, Schals und was der nützlichen oder über den tristen Alltag hinwegtröstenden Gegenstände mehr wären.
Wichtig ist darauf zu achten, dass die gekaufte Ware neu bzw. im Falle von Süßwaren nicht abgelaufen ist. Eine genaue Auflistung der Kriterien, was in den Karton hinein darf und was nicht, bietet die Website www.geschenke-der-hoffnung.org
Auf den Deckel wird ein Etikett geklebt, das Auskunft darüber gibt, ob das Geschenk an einen Jungen oder an Mädchen gehen und welcher Altersgruppe dieser oder diese angehören soll. Abgegeben wird der mit Geschenken gefüllte Karton in einer der rund fünftausend Annahmestellen in Deutschland.
Um das Geschenk persönlicher zu gestalten, können auch ein Foto und eine Widmung des Spenders beigelegt werden. Abgabeschluss ist alljährlich Mitte November.
Alleine im deutschsprachigen Raum sollen sich jedes Jahr rund eine halbe Million Menschen an dieser Geschenkaktion beteiligen. Initiiert wurde "Weihnachten im Schuhkarton" bereits 1990, in Deutschland startete sie 1996. Die Geschenke werden in überwiegend osteuropäischen Staaten in Kooperation mit den lokalen Behörden an Kinder verteilt, die in besonders ärmlichen Verhältnissen leben müssen.
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Maschinengewehr Gottes
Dennoch wird diese Geschenkaktion nicht einhellig begrüßt. Zu den schärfsten Kritikern zählt das Bistum Trier, das in einer Stellungnahme begründet, weshalb es die Beteiligung seiner Einrichtungen an der Aktion strikt ablehnt.
Trägerorganisation von "Weihnachten im Schuhkarton" ist das US-Hilfs- und Missionswerk "Samaritan's Purse", das eng mit den umstrittenen Predigern Billy Graham und dessen Sohn Franklin verbunden ist. Billy Graham, Spitzname "Das Maschinengewehr Gottes", gilt als christlicher Fundamentalist, der im Vietnam-Krieg einen Kreuzzug gegen den "teuflischen Kommunismus" sah, Homosexualität ablehnt und die Todesstrafe befürwortet. Sein Sohn Graham sorgte 2012 für Empörung, als er den Islam als "evil" und "wicked" bezeichnete.
Hierzu merkt das Bistum Trier an (Zitat von der Website):
"Direktor von "Samaritan's Purse" ist Franklin Graham, der Sohn des Predigers Billy Graham. Er leitet auch die "Billy Graham Evangelistic Association". Franklin Graham wird immer wieder wegen seiner Polemik gegen andere Religionen kritisiert. Diese Polemik richtet sich vor allem, aber nicht nur gegen den Islam."
Die Erwiderung der Betreiber von "Weihnachten im Schuhkarton" lautet wie folgt (Zitat von der Website):
"Wir nehmen zur Kenntnis, dass Äußerungen von Franklin Graham als Person des amerikanischen öffentlichen Lebens im Kontext der europäischen Weltsicht kontrovers diskutiert werden. Diese Äußerungen spiegeln seine persönliche Anschauung wider und definieren nicht die Überzeugung und Auffassung sowie die Arbeitsweise von Geschenke der Hoffnung e.V., Menschen ungeachtet ihres religiösen, sozialen oder kulturellen Hintergrundes zu begegnen und zu helfen."
Ansicht des Artikelautors zu dem Vorwurf: Von einer klaren Distanzierung kann zwar nicht die Rede sein - es mutet jedoch geradezu pharisäerhaft an, wenn ausgerechnet die katholische Kirche umstrittene Aussagen eines Mitglieds wegen dessen gesamter Organisation in moralische Geiselhaft nehmen möchte.
Keine nachhaltige Entwicklungshilfe?
Ein weiterer Grund des Bistums Trier, sich nicht an der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" zu beteiligen, findet sich in der angeblich fehlenden Entwicklungshilfe. Hierzu heißt es (Zitat):
"Durch diese Aktion werden die Lebensbedingungen der Kinder in Not nicht verbessert, etwa die Ernährung, die medizinische Versorgung, die Wohnverhältnisse oder die Möglichkeiten, eine Schul- oder Berufsausbildung zu erhalten. Diese Aktion leistet daher keine nachhaltige Entwicklungshilfe für Kinder in Not."
Durchaus plausibel antwortet "Weihnachten im Schuhkarton" (Zitat):
"Es ist verständlich, dass ein einfaches, einmaliges Geschenk wenig geeignet ist, nachhaltige Entwicklungshilfe zu leisten. Aber: Jedes Päckchengeschenk bereitet einem Kind in Not eine unvergessliche Freude – und die "hallt lange nach", sowohl emotional als auch ganz praktisch: Kinder finden in ihrem Schuhkarton Schulhefte, warme Kleidung und vieles mehr. Was für uns ganz normale Alltagsgegenstände sind, ist für viele Familien in Osteuropa von unschätzbarem Wert: Denn meist können sie sich selbst diese Dinge nicht leisten."
Hierzu muss festgestellt werden, dass "nachhaltige Entwicklungshilfe" ein schönes Schlagwort ist, gerade in Zusammenhang mit Afrika jedoch einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Alleine die, gelinde ausgedrückt, umstrittenen Geschäfte karitativer Organisationen mit Altkleiderspenden für Afrika (Vertiefende Lesetipps: "Geld verdienen mit Kleiderspenden?" sowie "Das Geschäft mit den Altkleidern") oder der Umstand, dass der Kontinent trotz "Entwicklungshilfen" westlicher Staaten im Ausmaß von rund zwei Billionen (!) Dollar alleine in den letzten 50 Jahren, ohne dass der rohstoffreiche Kontinent zu den Industrienationen aufgeschlossen hätte, zeigt, wie komplex die Materie der Entwicklungshilfe ist.
Unmittelbare Hilfe in Form nützlicher Alltagsgegenstände oder Süßwaren und Spielzeug, die kurzfristig von den existenziellen Problemen ablenken, können zumindest als humanitäre Geste verstanden werden. Natürlich stellt sich die Frage, ob statt vieler kleiner Spenden nicht ein konzertiertes Großprojekt, etwa der Bau einer Schule, nachhaltiger wirken könnte. Angesichts zahlreicher gescheiterter oder sogar kontraproduktiver Entwicklungshilfeprojekte ist diese Frage jedoch nicht bedingungslos zu bejahen.
Und auch wenn "Weihnachten im Schuhkarton" durchaus geschickt die weihnachtsbedingt sentimentale Betroffenheit westlicher Spender bedient: Ein mit Geschenken gefüllter Karton in Kinderhänden erfüllt zumindest einige Herzen mit Freude und Dankbarkeit.
Pikante Fußnote: Die Caritas selbst organisiert so genannte "Weihnachtspäckchen-Aktionen" für osteuropäische KInder. Die Sachspenden werden hierbei - erraten! - in Schuhkartons gesammelt. Weshalb diese Aktion "nachhaltiger" als jene von "Weihnachten im Schuhkarton" sein soll, erschließt sich dem Artikelautor jedenfalls nicht.
Missioniert "Weihnachten im Schuhkarton"?
Interessant erscheint auch der dritte Vorwurf gegenüber "Weihnachten im Schuhkarton", wenn es heißt (Zitat):
"Die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" hat vor allem eine missionarische Zielsetzung. Sie beschränkt sich nicht auf die Verteilung der gesammelten Geschenkkartons. Die Kinder, die die Geschenkkartons erhalten, sollen mit den christlichen Missionaren und Gemeinden, die die Verteilung organisieren, in Kontakt kommen. Daher wird mit den Kartons, wo immer möglich, eine Missionsbroschüre verteilt. […] Die Aktion richtet sich ausdrücklich auch an Angehörige nichtchristlicher Religionen, die das christliche Weihnachtsfest nicht feiern. […] Viele christliche Kirchen und viele Angehörige anderer Religionen lehnen diese Verteilung von Weihnachtsgeschenken und die damit beabsichtigte Missionierung von Juden, Muslimen, Buddhisten und Hindus ab. Sie betrachten dieses Vorgehen als respektlos oder empfinden es als Provokation."
Die Stellungnahme von "Weihnachten im Schuhkarton" (Zitat):
"Sofern es vor Ort erlaubt ist, wird die Verteilung der Schuhkartons in ein weihnachtliches Rahmenprogramm eingebettet, das den Grund für Weihnachten erläutert: die Geburt Jesu. Im Rahmen dieser Weihnachtsfeier wird auch ein Heft in der Landessprache angeboten, das kindgerecht erzählte Bibelgeschichten enthält. Dieses Heft kann in deutscher Sprache hier heruntergeladen werden. […] Sollten […] eine Weihnachtsfeier und das Angebot des Heftchens nicht in den religiösen oder kulturellen Kontext passen, wird davon abgesehen. Die Geschenke gibt es in jedem Fall und ohne jede Bedingung."
Inwiefern eine "Missionierung" alleine durch die Verteilung von Geschenken und gegebenenfalls des Angebots religiöser Schriften erfolgt, ist nicht ganz klar. Deutlich zeigt dieser Vorwurf aber aus Sicht des Artikelautors, welches dicke Brett der Kirche die rationale Sicht auf die Welt verstellt. Denn es zeugt schon von komplett weltfremder Chuzpe, einem spirituellen Konkurrenten Missionierung vorzuwerfen, während die eigene Organisation darauf basiert, Menschen kraft ihrer Geburt in einem bestimmten Kulturkreis automatisch als Mitglieder zu betrachten.
Natürlich trifft dieser jegliche Moral verstoßende Umstand nicht die Katholische Kirche allein, und ein Austritt aus der Glaubensgemeinschaft ist im Gegensatz zu anderen Religionen möglich, ohne Konsequenzen an Leib und Leben befürchten zu müssen. Dennoch sollte gerade die Katholische Kirche mit dem Vorwurf der Missionierung zurückhaltender agieren und sich ihrer eigenen Geschäftsgrundlage besinnen, die auf abstrusen Riten wie der Taufe fußt.
Der Artikelautor möchte ausdrücklich festhalten, weder der Geschenkaktion "Weihnachten im Schuhkarton" nahezustehen, noch das seiner persönlichen Meinung nach schändliche Wesen von Missionierungen verharmlosen zu wollen.
Bildquelle:
Kuscheltier
(Tunnel-Menschen - ein Leben in Dunkelheit)
sabinevanerp
(Die Erhöhung eines Pflegegrads und die Verhinderungspflege)