Wie ein Roman entsteht
Fakten kann man googlen - Ratgeber kann man lesen. Aber wo findet man etwas, über die Gefühle, die einen Schriftsteller bewegen, der ein Buch schreibt?Zerrissen zwischen Phantasie und Wirklichkeit
Die Mühlen der Gerechtigkeit" wurde nur deswegen ein Krimi, weil mein damaliger Lebensgefährte irgendwann dahinter kam, dass ich nicht, wie er zuerst annahm, nur Gedichte oder Tagebuch schrieb. Zwar versuchte ich, diesen Umstand vor ihm - gerade vor ihm geheim zu halten - aber jemand, der sich mit Computern so gut auskennt, wie er es eben tat, braucht genau 3 Tastenklicks um herauszufinden, woran ich gearbeitet habe, bevor ich das Programm schloss - und als ich wieder von der Toilette kam, sass er vor meinem Rechner und las in meinem Manuskript.
"Ey, das ist gut - hast du schon einen Titel?" In Gedanken war ICH bei dem Tag, an dem ihn endlich die gerechte Strafe für sein dauerndes Fremdgehen ereilen würde - aber Gottes Mühlen mahlen ja bekanntlich sehr langsam. "Gottes Mühlen" murmelte ich daher halblaut vor mich her. "Gottes Mühlen?" echote er. "Viel zu theatralisch - aber wie wäre es mit "Big Wheels - die Räder der Gerechtigkeit?" "Du hast doch keine Ahnung um was es geht!" "Nein - aber ICH schreibe die Werbetexte, mit denen man es hinterher verkauft!" konterte er. Dem war nichts hinzu zu setzen.
Am nächsten Tag kam er mit einem Bild von der Arbeit nach Hause. An einem düsteren, unwetterschwangeren Hintergrund bildeten sich bedrohlich zwei Windmühlen mit überdeutlich sichtbaren Wasserrädern ab - nur beleuchtet von Blitzen, die über den Nachthimmel zuckten. DAS hatte Wirkung - das musste selbst ich anerkennen. Aber ich wollte meine "Mühlen der Gerechtigkeit" - und bekam sie.
Ein Buchmanuskript als Rettungsanker
Meine Beziehung - DIESE Beziehung - endete 1997 oder 1998 - und mit ihr auch - vorläufig zumindest, die Arbeit an diesem Manuskript. Fast 10 Jahre und drei Datenrettungen später jedoch - 2007 sollte es zu neuen Ehren kommen. Die Verlegerin eines inzwischen nicht mehr existenten Verlages half mir dabei, die bisher entstandenen Teile wieder zu einem kompletten Manuskript zusammen zu fügen. Sie wollte es auch verlegen - daher beeilte ich mich umso mehr, es zuende zu schreiben - und schaffte es.
Ich schrieb "ENDE" unter das Manuskript, das über die Jahre zu einem Gemisch aus Psychothriller, Krimi und Liebesroman mutiert war - und in meinem Hochgefühl schickte ich es, so wie es war an "meinen" Verlag. Die Verträge darüber hatte ich ja schon, was machte es da, dass man mir keinen genauen Veröffentlichungstermin nennen konnte.
HEUTE muss ich gestehen, dass die rechtzeitige Schliessung des Verlages ein Glücksfall war. Denn wäre dieser Roman - in der Form von damals und mit den Fähigkeiten der damaligen Lektorin auf dem Markt erschienen - ich glaube, nicht eine der Sachen, die ich statt dessen veröffentlicht habe, wäre je auf den Markt gekommen!
Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben
Nachdem ich dieses "Jahrzehntprojekt" abgeschlossen hatte, trat Stille ein. "Schriftstellerische Leere" sozusagen, und diese blieb mir auch ca 2 komplette Jahre erhalten. Wenn ich in dieser Zeit überhaupt noch etwas schrieb waren es wieder Gedichte. Damals - im Gegensatz zu heute jedoch - in der Meinung und Hoffnung, diese "irgendwann" auch nach der Schliessung des Verlages noch veröffentlichen zu können. Andere Dinge hatten mich zu fesseln begonnen - so unter anderem das vielen wahrscheinlich bekannte Online-Rollenspiel "World of Warcraft" - über das es im übrigen hier bei Pagewizz einen wunderbaren Artikel gibt. Wen wundert es, wenn ich verrate, das nächste grössere schriftstellerische Projekt drehte sich um dieses Spiel? Wobei das auch nicht ganz richtig ist, Eher muss ich sagen, es wurde von diesem Spiel inspiriert. Mein erster "richtiger" WOW Char - "Mylasthope" (nach einigen Fehlversuchen sollte diese Figur meinen letzten Versuch markieren) entwickelte einen eigenständigen Charakter. Es hatte sich eine kleine Gruppe Spieler zusammen geschlossen zwischen 2008 und 2009 und gemeinsam - oder sehr oft gemeinsam bestanden wir die "Quests" die Aufgaben, die dieses Spiel eben bot. Mir jedoch war es zu langweilig, einfach nur dem Spiel die Lenkung und Leitung zu überlassen, und in mir begannen Geschichten rund um die Aufgaben des Spiels und der Charaktere zu entstehen.
"Myla" begann zu leben. Ich schreibe das nicht nur, ich meine es auch genau so. In meinem Kopf entstand ein Lebewesen. Mit Gedanken und Gefühlen, Eigenschaften und Macken, Ängsten, Sorgen und Nöten, mit Freunden und Feinden und und und.
Mehrgleisig fahren erlaubt - Verzetteln jedoch nicht!
"Myla" lebt noch immer. Wie auch Big Wheels ist auch ihre Geschichte bisher unveröffentlicht. Aber ich weiss heute schon, sie wird mehr als einen Teil haben. Denn zur Lebensgeschichte des weiblichen Paladins, um das sich die Ursprungsgeschichte "Myla - aus dem Leben eines Paladins" rankte, sind inzwischen mindestens drei weitere gekommen. Aber noch ist die Zeit nicht reif und nicht richtig.
Parrallel zu Myla begann ich jedoch zu dieser Zeit wieder, mir etwas "von der Seele zu schreiben" Diesmal jedoch nicht in Gedichtform - oder nicht nur, denn Gedichte schrieb ich noch immer -sondern in Form von Geschichten. Für Kurzgeschichten zu lang - für Bücher zu kurz entstanden zwei mehrteilige Kurzgeschichten. Ein Drei- und ein Vierteiler. Wie überrascht und erfreut ich jedoch war, nachdem kurz hintereinander beide Zyklen von voneinander unabhängigen Verlagen im Rahmen von Schreibwettbewerben angenommen wurden, kann sich wohl nur jemand vorstellen, der immer schon auf eine Veröffentlichung gehofft, aber nie daran geglaubt hat.
Mit dem "Seitenwechsel" - kam auch der "Zeitenwechsel"
Das Jahr 2009 veränderte mein Leben erneut. Trennung, Umzug, Planung der Selbständigkeit - und das alles in einer fremden Stadt - in der ich ausser dem Mann, den ich verliess und seinen Freunden keinen Menschen kannte. Ich musste klar kommen - und ich kam klar und wieder einmal half mir das Schreiben. Ein weiteres Mal änderte sich mein Stil. Ich hatte immer schon an Engel geglaubt und ich tue es bis heute und 2009 begann ich, ihnen auch offiziell Raum in meinem Leben einzuräumen, sie in meinen Geschichten zum Leben zu erwecken. Es enstanden "Engel der Jugend" (veröffentlicht in der Anthologie "Auf den Wogen des Lebens", Traumstunden Verlag) "Engel der Rosen" (veröffentlicht in der Anthologie "Herzensangelegenheiten", Net-Verlag) "Engel - unser Leben" (bisher unveröffentlicht) und andere. Das zunehmende Interesse und die rasche Veröffentlichungabfolge machten Mut, so entstanden 2010 die Kurzgeschichten "Leben nach seinem Plan" (veröffentlicht in der Anthologie "Frau und Mann", Net-Verlag und andere, teilweise noch unveröffentlichte Geschichten.
Wer jetzt die Frage stellt: "Hallo? Du hast seit 2010 selber einen Verlag - warum bitte veröffentlichst du nicht DA?" der möge sie sich bitte auch gleich selber beantworten. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass niemand ein Werk so schlecht beurteilen kann, wie der Schriftsteller selber - und ich bin ehrlich genug zu sagen - ich möchte HÖREN bzw. LESEN "Du bist gut". DAS jedoch werde ICH nicht wenn ich mich und meine Umwelt belüge und im eigenen Verlag veröffentliche, selbst wenn inzwischen nicht mehr ich alleine dort das Sagen habe. Das bekomme ich auch nicht wenn ich bei BOD veröffentliche - wozu mir immer schon mein Geld zu schade war. Das bekomme ich nicht ehrlich, wenn ich zu einem Zuschussverlag gehe - denn egal wie gut er ist - er braucht mein Geld um mein Buch drucken zu lassen - und er WIRD es drucken solange ich bereit bin, seine Leistung zu bezahlen. Und hier an dieser Stelle sei betont -. dies ist MEINE Meinung und sie gilt nur für MEIN Handeln und seine Motive - nicht für andere!
Reiche ich Manuskripte bei Wettbewerben ein und werden sie von dem jeweiligen Verlag angenommen, reicht mir persönlich das aus, um zu wissen, das Manuskript ist gut genug, in einem Buch veröffentlicht zu werden, das dieser Verlag hinterher zu verkaufen plant. Punkt. Nicht mehr - aber auch nicht weniger.
Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)