Was ist ein typischer Piefke? (Nicht bös gemeint)

Großkotzig und rechthaberisch, findet man den gemeinen Piefke sehr oft im Urlaub, zu Hauf in Spanien, wo er sich bereits früh morgens in weißen Sportsocken, Gesundheitsschlappen und Shorts aufmacht, um im All-Inklusive-Hotel seine Liege am Pool zu reservieren. Schon in aller Frühe muss man das unmelodische Gefasel ertragen und sich anhören, wie er sich über viele Dinge beschwert und die bei anderen Nationalitäten vorherrschende Fröhlichkeit im Urlaub zu Nichte macht. Er hat seinen Urlaub schon sehr früh gebucht, erwartet, dass sich im Hotel, unabhängig in welchem Land er sich befindet, jeder auf Deutsch verständigen kann und er fällt vor allem spätestens am Rückflug äußerst unangenehm auf, weil er sich auf jeden Fall über die Gepflogenheiten des Landes beschwert, das er bereist hat. Das hört erst auf, wenn er bei der Fliegerlandung aufgeregt applaudiert. Sollte sich der gemeine Piefke im Urlaub mal außerhalb des Hotels aufhalten, macht er sich in der Regel äußerst unbeliebt. Er ist komplett unanpassungsfähig und ist in den meisten Ländern der mit Abstand unbeliebteste Tourist. In Afrika "Krautkopp" genannt, ist er sogar auf Afrikasafaris übrigens eine unbeliebte Touristengattung, laut sämtlichen Reiseleitern. Eine wahre Anekdote, die mir einer von ihnen erzählt hat: In einer Overlandreisegruppe hatte er fünf Skandinavier, zwei Österreicher und vier gemeine Piefke. Sogar in Mitten der Serengeti verweigerten die gemeinen Piefke mit den Mitreisenden in englischer Sprache zu kommunizieren, sondern bauten ihre Zelte in einem großen Kreis fernab auf, hissten in der Mitte eine Deutschlandflagge und wunderten sich über die Verwüstungen in der Früh, weil sie nicht auf den Reiseleiter hören wollten, der ihnen erklärte, dass sie ihre Zelte im Elefantendurchzugsgebiet aufgebaut hatten. So viel zu gemeinen Piefke, oder auch Paradepiefke. Zum gefürchtesten Exemplar. Zum Glück gibt es natürlich auch andere, die sich sogar nicht selten für Landsmänner dieser Art furchtbar genieren.

Der bekannteste Piefkologe: Hubertus Godeysen

Der bekannteste Piefkologe ist nicht etwa ein Österreicher, sondern wurde in Niedersachsen geboren. Hubertus Godeysen ist der Autor des Buches "Piefke, Kulturgeschichte einer Beschimpfung", indem er sich wirklich eingehend mit dem Thema befasst. Er selbst arbeitete als Presseoffizier bei der Deutschen Bundeswehr, bevor er vor Jahren anfing für eine österreichische Organisation in Wien zu arbeiten. Als sein Sohn eines Tages mit dem Begriff "Piefke" von der Schule kam, begann er sich näher damit zu beschäftigen. Er selbst bezeichnet sich als bekennenden Piefke.

Der Urpiefke: Johann Gottfried Piefke

Johann Gottfried Piefke (Bild: Public Domain / wikimedia)

Gänserndorf bei Wien, am 31. Juli 1866. Die Preußen hatten gerade die Österreicher in der Schlacht um Königgrätz besiegt und hielten eine Parade ab. Begleitet wurde die Parade damals vom beliebtesten preußischen Militärmusiker und Kapellmeister Johann Gottfried Piefke, der extra dafür einen Marsch, den "Königgrätzer Marsch" komponiert hatte. Er marschierte nicht nur mit etwa 50 000 Preußen auf, sondern auch mit seinem Bruder, Rudolf Piefke, ebenfalls Dirigent. Was war naheliegender als zu rufen: "Die Piefke kommen!" Eine Erklärung wie die strammen Preußen und später Deutschen generell zu ihrem Namen kamen.

Seit 9.9.2009 gibt es in Gänserndorf übrigens ein Piefkedenkmal. Nein, es ist keine Statue von Gottfried Piefke. Das Denkmal soll ihn zwar als Musiker ehren, ist aber ein abstraktes, rostiges Gebilde, das eher an eine Dusche erinnert und ein kratzendes Grammophongeräusch von sich gibt. Fotos finden Sie auf piefkedenkmal.at

Doch eigentlich gab es das Wort schon früher

Die Wiener Zeitung "Der Humorist" gab es von 1848 – 1858. Bekannt für die Zeitung war das Witzpärchen "Piefke und Pufke". So bekannt, dass Johann Strauß Vater sogar eine Polka für das Pärchen komponierte. Vielleicht stammt der Name auch daher, denn die Figur Piefke hatte bereits einige der Eigenschaften, die man den gemeinen Piefke nachsagt.

Die Piefke eroberten Österreich in den 70er und 80er Jahren

Viele Österreicher wurden grantig, als in den 70er und 80er Jahren der deutsche Massentourismus in Österreich zu viel wurde. Plötzlich verschwanden österreichische Essensvokabel von den Speisekarten und alles musste "eingepiefket" werden. Das Wiener Wirtschaftsförderungsinstitut brachte sogar zu Beginn der 80ern eine extra Broschüre heraus, die Tipps dazu geben sollte, wie man mit meckernden deutschen Touristen am besten umzugehen hat. Piefkes zerstörten Kultur, Land, Küche und Sprache. Und dann kauften sie auch noch jede Menge Land. Die Gesetze mussten verschärft werden, denn Piefke versuchten ständig Gesetze zu umgehen und sich am "Ausverkauf Österreich" zu bedienen. 

 

 

Die deutschen Touristen boten die perfekte Grundlage für das geniale Werk des Schriftstellers und Dramatikers Felix Mitterer: Die Piefke Saga. Sie wurde auch verfilmt und war nicht nur ein Hit im österreichischen Fernsehen. 

Eine tolle Satire über das Verhältnis von Tirolern zu den deutschen Touristen: Sarkastisch, tragikomisch und gesellschaftskritisch, einfach genial! 

Weitere lesenwerte Literatur

Das gespannte Verhältnis von Ösis und Piefke wird gerne als Grundlage für humorvolle Werke verwendet. Was passiert zum Beispiel, wenn ein Ösi mit seinem vollen Wiener Schmäh nach Deutschland reisen muss und dort mit der deutschen Ernsthaftigkeit umzugehen lernen muss? Das kann man in Severin Groebners Werk "Servus, Piefke: Was sich ein Wiener in Deutschland so denkt" nachlesen. Der bekannte Kabarettist hat dazu auch ein Kabarettprogramm, das es auf CD zu kaufen gibt.

Mehr geschichtlich ist das Gemeinschaftswerk von Hannes Leidinger, Verena Moritz und Karin Moser. In "Streitbare Brüder: Österreich: Deutschland / Kurze Geschichte einer schwierigen Nachbarschaft" beschreiben die Autoren alle wichtigen Zusammentreffen von Piefke und Ösis und welche Auswirkungen diese hatten.

Auch ein lustiger Erfahrungsbericht eines Österreichers, der versucht die deutschen zu verstehen ist "Unbekannt in deutschem Land sind Café und Würstelstand: Als Österreicher unter Deutschen" von Michael Ziegelwagner. 

Was ist wirklich Deutsch? Das beschreiben Andrea und Martin Schöb in ihrem Buch: "Piefkes, Krauts und andere Deutsche: Was die Welt von uns hält"

Nicht nur Österreichern fällt es schwer, sich an die deutschen Gepflogenheiten zu gewöhnen. Wie es der Amerikaner John Doyle versucht hat, hat er auch in seinem Werk "Don't worry, be German: Ein Ami wird deutsch" beschrieben.

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