100 Prozent Vermittlungserfolg für Jugendliche aus Andalusien
Alle spanischen Jugendlichen eines Pilotprojekts "The Job of my life" finden einen Ausbildungsplatz in München.Vorne Mitte: Jutta Thinesse-Demel mit grünem Schal, links daneben Gabriele Hefele (Bild: Bildungsagentur)
Informationstagungen und viel Bürokratie
Man erinnert sich: Mitte August organisierte Dr. Gabriele Hefele, die nicht länger zusehen wollte, wie spanische Jugendliche ob der Wirtschaftskrise zu einer "verlorenen Generation" werden, die ersten Informationsveranstaltungen zum europäischen Förderprojekt "The Job of my Life" an der Costa del Sol und Costa de la Luz. 21 Jugendliche erfüllten dabei die strengen Bedingungen des Programms, 17 erwägten danach ernsthaft eine dreijährige duale Ausbildung in Deutschland. Zwei Mädchen sprangen ab, weil sie doch noch eine Arbeitsstelle fanden, ein Junge, weil ihm die Ausbildung zu lange erschien, und ein Mädchen, weil es die 300 Euro für die Reise nach München nicht aufbringen konnte, da sie aus einer Familie stammt, die mit Bankpfändungen belegt ist.
Die Jugendlichen müssen erst die Kosten auslegen, bevor sie nach etwa acht Wochen zurückerstattet werden, und zwar nur direkt an sie, nicht an irgendwelche Sponsoren oder Institutionen, um Missbrauch durch letztere zu verhindern. "Einerseits sehr löblich, aber in Fällen wie diesem eben an der traurigen Wirklichkeit in Spanien vorbei", seufzt Hefele. Noch etwas findet sie befremdlich: "Die Jugendlichen sollen erst ein Bewerbungsgespräch in Deutschland führen, obwohl sie noch kein Deutsch können, sondern erst nach einer positiven Firmenentscheidung der Sprachunterricht genehmigt wird!" Ebenso mussten sie und noch zwei in München herangezogene Freundes-Kontakte die spanischen Unterlagen für die Anträge wie "von oben" verlangt, ins Deutsche übersetzen - ehrenamtlich! Aber vielleicht lernt man ja auch an offiziellen Stellen aus dem Projekt. Und ebenso bei privaten Arbeitsvermittlern, die nur schnell mal abzocken wollen, wie das Desaster von Erfurt kürzlich zeigte.
In der Kaffeepause (Bild: José Martinez)
Gute Vorbereitung mit Benimmschule
So machten sich denn nach vielem bürokratischen Hickhack 13 Jugendliche auf nach München. Für diese erste Gruppe hatte der Langenscheidt-Verlag auch jedem Teilnehmer sein neues Starter-Wörterbuch für spanische Berufseinsteiger zur Verfügung gestellt. Jutta Thinesse-Demel hatte wie seit fünf Jahren mit ihrer Bildungsagentur ein sogenanntes "Azubi-Speed-Dating" in der Zentrale der Stadtwerke München organisiert. Gleichzeitig für circa weitere 800 Jugendliche aus München, die sich im Speed-datingrhythmus bei den Personalchefs von 60 Firmen vorstellten. Die Spanier hatten "Dates" bei Firmen, bei denen Demel vorher bereits telefonisch Interesse abgecheckt hatte.
Am Ankunftsabend vorher hatte sich die Bildungsagenturchefin, die viel Erfahrung in Europaprojekten mitbringt, die andalusischen Anwärter zur Brust genommen: auf Pünktlichkeit gepocht zum Gesprächsbeginn am nächsten Tag, Kleidertipps gegeben und die vier ehrenamtlichen Übersetzerinnen für die Gespräche, die für jeden auf 20 Minuten terminiert wurden, vorgestellt. Dann durfte zur gespendeten Pizza gegriffen und das Nachtleben im quirligen Künstlerviertel der Kultfabrik hinterm Ostbahnhof, dem Standort der Bildungsagentur (siehe Fotos unten).
In der Bildungsagentur (Bild: Gabriele Hefele)
Ausbildung für alle
Alle 13 Jugendlichen haben einen guten Ausbildungsplatz sicher, manche können sogar aus zweien wählen! Sie hatten sich gut vorbereitet, sich wie gefordert im Internet über die entsprechenden Firmen informiert, ihre Unterlagen parat und präsentierten sich durchweg zwar verständlicherweise etwas nervös aber sehr diszipliniert und aufgeschlossen.
- Oana und Juan ergatterten wahrscheinlich einen begehrten Platz bei BMW als Fertigungsmechaniker und als Mechatronikerin, müssen aber noch ein Gruppengespräch und eine neuerliche Reise nach München auf sich nehmen.
- José wird Koch werden mithilfe von Allresto, einem Fluglinien-Caterer,
- Felipe und Placido kommen als Anwendungstechniker bei den Stadtwerken München unter, dem siebtgrößten deutschen Energieanbieter.
- Marena und Meritxell werden als Krankenpflegerinnen ausgebildet an der Universitätsklinik.
- Celia, die Marketingerfahrung mitbringt, wird eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann angeboten.
- Die Friseurinnung nimmt sich Maria aus Málaga, Begoña und Jennifer an.
- Roberto erhält einen Ausbildungsplatz als Hotelkaufmann bei Accor, Er kann wahrscheinlich die Ausbildung abkürzen, da er schon in Österreich sich in diesem Sektor übte und auch schon ein paar Deutsch(oder besser Österreichisch)kenntnisse mitbringt.
- José hat man bei Hochtief gar ein duales Studium angeboten zum Bauingenieur.
Nun folgt aber die nicht einfache Wohnungssuche in und um München und der Deutsch-Sprachkurs im Januar.
Bildquelle:
Langenscheidt Verlag
(Wörterbuch für spanische Berufseinsteiger)