2 exotische Marmeladen: Kaktusfrüchte und Maulbeeren
Man muss sie zu den Delikatessen rechnen, das Gelee aus Kakteenfrüchten und die Maulbeer-Marmelade. Aber die Ernte ist jeweils schwierig und kompliziert.Maulbeermarmelade für Auserwählte
Maulbeerbäume (links) kannte ich bis zu unserem Fincabesitz nur aus der Literatur! Wir "erbten" beim Kauf zwei nicht so wertvolle, da weiße und nicht sonderlich süße Früchte produzierende Maulbeerbäume am Pferdestall, aber eine gewaltige "Moral" (=Maulbeerbaum) in Hausnähe mit schwarzen brombeerähnlichen Früchten.
Der Baum ist eine Sensation, im wahrsten Sinne des Wortes, schätzungsweise mindestens 200 Jahre alt, mit knorriger Stammverästelung, (rechts im Bild). Kurz, er ist so etwas wie das Wahrzeichen unserer Finca. Es kam schon die Polizei bei mir einmal vorgefahren mit drei Beamten - meinen Erstschreck kann man sich vorstellen! - nur, um diesen einmaligen alten Baum zu besichtigen. Unser netter Vorbesitzer Juan, ein Andalusier, erkundigt sich immer angelegentlich, ob es denn dem Baum auch gut gehe! Und damit er mir auch glaubt, bringe ich ihm jedes Jahr sehr zu seiner Freude selbst gemachte Marmelade dieser Früchte vorbei. Juan gehörte damit zu einem erlauchten Kreis weniger Auserwählter, denn diese Marmelade offeriere ich nicht jedem! Bei der Arbeit, die dies verursacht. Und zwar spreche ich nicht vom Marmeladeeinkochen, sondern von der Ernte.
Schwierige Ernte der Früchte
Ich hatte vorher noch nie einen Baum kennengelernt, dessen Früchte sich so vehement gegen das Verspeistwerden wehren! Man kann sie kaum berühren, ohne dass nicht dunkelblutroter Saft über einen hinwegspritzt und man aussieht, als wäre man unter die Kettensäge geraten. Wobei natürlich Jeans und Sweatshirt vollends ruiniert werden.
Heute ernte ich an stillen Wochenenden die Portionen für die Marmelade halbnackt und springe gleich danach in den Teich. Und wer von mir mal zu Capuchino und Crepes mit diesen schwarzen Früchten mit Sahne eingeladen wird, der kann sich wahrlich etwas darauf einbilden! Diesen Aufwand habe ich bisher nur für eine gute Handvoll engster Freunde veranstaltet.
Maulbeermarmelade - Kocht man wie jede andere Marmelade auch
Zutaten für 4 Portionen:
1 Pfund geerntete Früchte • 1/2 Pfund Gelierzucker • ordentlicher Schuss Rum
Zubereitungszeit 10 min - Gesamtzeit 30 min:
Achtung: Bei der Zubereitungszeit ist die Ernte nicht miteingerechnet!: Früchte erst behutsam waschen, unreife grüne und hellrote Früchte sowie Restblätter und Stiele entfernen. Auch hier besser mit Gummihandschuhen arbeiten, sonst hat man lange blau gefärbte Hände. Dann in einen Topf geben, Gelierzucker dazu und wie bei jeder Marmelade auch, bei niedriger Temperatur ständig umrühren, bis es kocht. 1 Minute lang kochen lassen, sich eventuell bildenden Schaum oben abschöpfen. Anschließend in Gläser füllen - die Marmeladenköche sammeln ja das ganze Jahr über Gläser mit Schraubverschluss. Die gefüllten Gläser auf den Kopf kippen und abkühlen lassen. Am nächsten Tag wieder umdrehen. Ich mag es, wenn man ganze Früchte in der Marmelade findet, dann kann man sie so gut als Crepefüllung verwenden. Übrigens sehen die schwarzen Maulbeeren aus wie Brombeeren, schmecken aber etwas säuerlicher. Wunderbar schmeckt auch Magerquark oder Naturyoghurt mit Maulbeermarmelade verrührt.
Kaktusfrüchte- oder Chumbomarmelade - Die komplizierte Ernte
Chumbos nennen die einheimischen Spanier die Früchte, also die Ausbuchtungen oben auf dem ganz normalen, ordinären Kaktus (siehe links), der bei uns eine – sehr wirkungsvolle - Grundstücksgrenze bildet. Ich wusste zwar, dass man diese Kakteenfrüchte essen kann, hatte ihnen das aber immer für Überlebensnotfälle in der Wüste zugedacht und weiter keine große Beachtung geschenkt. Bis ich hier die Andalusier diese Früchte eimerweise zur Erntezeit auf den Märkten anbieten sah. Zu happigen Preisen.
Maribel, unsere gute Putzfee, und Gärtner Miguel, die beide ungefähr zur selben Zeit bei uns ihren Dienst antraten, stießen schrille beziehungsweise gutturale Schreie der Begeisterung aus, als es zur ersten Reifezeit meiner vielen Chumbos auf der Hecke kam. Miguel erbot sich, gleich zwei Eimer zu ernten. Nun sah ich, worauf die Preise beruhten: auf der ebenfalls nicht einfachen Ernte, kann man sich denken ob der fiesen Widerhaken dieser Kakteensorte.
Doch fachmännisch geht das so vonstatten: Miguel schnitzt einen großen Bambusstab zurecht, das heißt, befreit ihn von Nebenästen und schlitzt ihn an der Spitze so ein, dass eine Gabel entsteht. Damit schlägt er nun die Früchte herunter, ohne sie schlauerweise überhaupt zu berühren! Auch für weitere Verwertung, also Öffnen der pieksenden Schale, braucht er keine Lederhandschuhe, wie ich vermutete, sondern er fasst die Frucht oben und unten am Fruchtstengel an und öffnet sie mit seinem scharfen Messerchen, das er immer bei sich trägt als professioneller Gärtner. Er bot er die erste Chumbo meines Lebens an. Ich muß sagen, sie schmeckt nicht schlecht, ist aber überaus kernreich und mir etwas zu mehlig. Nichts, wofür ich lustvolle spitze Schreie ausstoßen würde.
Nachdem er aber nun schon zwei Eimer erntete, einen für sich und je einen halben für Maribel und mich, was ja mindestens einen halben Tag in Anspruch nahm, entschloß ich mich zu einem neuen Marmeladenversuch.
Kaktusfrüchte-Marmelade - Wird als Gelee zubereitet
Zutaten für 6 Portionen:
1 Kilo Kakteenfrüchte oder "Chumbos" • 1 Pfund Gelierzucker • 1 kleines Schnapsglas Kuba-Rum
Zubereitungszeit 20 min - Gesamtzeit 60 min:
1. Früchte jeweils oben und unten am Fruchtstengel anfassen und sie mit einem scharfen Messerchen schälen. 2. Ob der vielen Kerne nicht nur die Kakteenfrüchtemasse so aufkochen und mit Gelierzucker umrühren, wie ich es oben mit den Maulbeeren beschrieb, sondern vorher durch ein Sieb passieren. 3. dann weiter behandeln wie bei jeder Marmelade, 4. ständig umrühren 5. in Gläser füllen Pfannkuchen mit diesem Gelee sind das Köstlichste, was man sich als Nachspeise vorstellen kann!
Nie wieder Chumbo-Marmelade?
Nun rechnen Sie mal bitte mit mir zusammen den Aufwand für diese Art Marmelade nach:
- mindestens vier bezahlte Stunden mit allen Sozialnebenkosten für Miguels Ernte und Zubereitung,
- dann nochmals mindestens zwei Stunden von mir und dabei nehmen wir denselben Stundenlohn wie bei Miguel an,
- das Ganze bei 36 Grad Außentemperatur und vor dem heißen Gasherd stehend, während einem der Schweiß überall in Bächen herunterrinnt,
- kurz: ein Gläschen von 22 Kubikzentimeter Inhalt kommt mich auf 10 € reine Herstellungskosten!
Ganz ehrlich: Diese Marmelade gibt es nicht jedes Jahr bei uns. Nicht nur die Kosten bestärken mich in meiner Ablehnung, nein, vor allem die schweißtreibende Arbeit zweier Leute!
Raro, das Chumbo fressende Pferd
Aber keine Angst: Die Chumbos liegen nicht etwa verfault am Boden herum. Es hat sich noch eine ganz andere direkte Verwertung herausgestellt und zwar durch mein Pferd, das ja bezeichnenderweise "Raro" (der Seltene, Seltsame) heißt. Eines Tages traute ich meinen Augen nicht, als ich Raro genüßlich aus einer aufgeplatzten Chumbo-Frucht schlürfen sah. Ich hielt das zunächst für Zufall durch eine heruntergefallene und sich dadurch öffnende Frucht, aber was musste ich weiter beobachten? Raro ging auf eine reife geschlossene Frucht zu und – spielte Fußball mit ihr! Jawohl, er stupste sie nicht etwa mit seinem Maul an, sondern gab ihr einen Kick mit dem mit Eisen bewehrten Huf. Die Frucht platzte auf, Raro kam näher und schleckte sie vorsichtig von innen auf!
Das Pferd lebte vorher in Ungarn und Deutschland, konnte also diese Nahrung nicht kennen. Meine vorsichtige Untersuchung seines Maules am Abend ergab übrigens keinerlei Befund von Stacheln an seinem Kinn. Das Ende vom Lied: Ich überlasse nun die Chumbo-Früchte meinem intelligenten Pferd Raro!
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Leserurteile: "Himmlisch komisch" (Barbara Geiss, München).
"Super beobachtet" (Ilse Hug, Waldshut).
"Ich habe laut gelacht" (Natascha Michnow, Denia)
"Man ist mit anwesend" (Marita Marx, Osnabrück)