Die Kunst des Los - Lassens

Anfang Mai endet für mich ein Coaching. Meine Klientin steht sicher in ihrem neuen Leben, der mehrmonatige Prozess der Begleitung, zunächst jede Woche mit einem Termin, später in längeren Abständen, nähert sich dem Ende. Das Ziel des Coachings ist erreicht. Die Klientin ist stabil in ihren inneren Ansichten, sie wirkt gefestigt und ist in der Lage, das Erlernte in unterschiedlichen Lebensbereichen selbstbewusst anzuwenden. Sie berichtete in den vergangenen Sitzungen voller Stolz von ihren Erlebnisssen, sie nahm neue Projekte in Angriff und wirkte zunehmend fröhlicher und tatendurstiger, ihr Leben noch einmal zu verändern. Die Erfolge, das Wissen, ihr Leben allein steuern zu können, die empfundene und deutlich wahrgenommene innere Stärke haben sie positiv verändert.

Es ist jetzt an der Zeit, loszulassen und das Coaching zu beenden. Doch wie fühlt sich der Coach dabei?

Es hatte eher etwas von einer gemütlichen Plauderrunde bei einer Tasse Kaffee in einem angenehmen Ambiente. Es war ein Termin, auf den ich mich immer gefreut habe. Bei allem ernsthaften Arbeiten war dieses Coaching immer auch von einer leichten Lockerheit getragen. Und so, ich gebe es zu, schwingt auch ein wenig Traurigkeit mit, wenn ich Anfanng Mai das Abschlussgespräch führe und meine Klientin in ihr neues Leben ziehen lasse.

Die Kunst des Los - Lassens ist dabei, mich selber als Coach, wie überhaupt im Coachen, zurückzunehmen. Meine Empfindungen nehme ich wahr und an, weil ich selber auch Mensch bin. Nur sie dominieren nicht, denn entscheidend ist meine Klientin und der Erfolg für sie.

Die Kunst des Los - Lassens ging, was gut ist, auch von ihr aus. Sie war bereit, das Coaching zu beenden und ihren Weg wieder allein zu gehen. Und das freut den Coach natürlich sehr, ist es doch eine Bestätigung seiner Arbeit.

Die Kunst des Los - Lassens bedeutet hier, eine zeitweilige Begleitung eines Menschen endet mit einem positiven Gefühl für beide, eine zielführende Symbiose wird wieder aufgelöst.

Und ich gehe mit einem positiven Gefühl und dem Wissen, einem Menschen geholfen zu haben. Zufriedenheit und Gelassenheit füllen mich aus. Doch ich empfinde auch ein Gefühl der Wehmut. Es gehört eben auch dazu, ich nehme es für mich an, bedeutet es doch, ich verlasse etwas für mich Angenehmes. Deshalb hat dieses Gefühl einer leichten Traurigkeit auch seine Berechtigung. Denn wie meine Klientin ihr neues Leben erwarten auch mich als Coach neue Herausforderungen.

Der Autor ist Systemischer Coach mit der Spezialisierung auf Menschen mit Angststörungen, Phobien und Panikattacken. Mehr von ihm finden Sie hier: angstberatung-berlin.de

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