Peters "lernte" den Imperialismus in London

Carl PetersEs begann mit dem Kolonialisten und "Afrikaforscher" Carl Peters (1856 – 1918). Als junger Mann war er in London in das Importgeschäft eines Onkels eingetreten und hatte sich dort mit dem britischen Imperialismus vertraut gemacht. Er nahm die Briten als Lehrmeister für die Entwicklung eines künftigen deutschen Kolonialreiches. Diese Überlegungen setzte er in die Tat um, getragen von der These, alle "nicht-weißen" Rassen seien minderwertig, ihre Existenzberechtigung bezögen sie lediglich als Arbeitskräfte unter der Herrschaft Weißer. Er gründete die "Gesellschaft für deutsche Kolonisation", schloss in Ostafrika "Schutzverträge" mit einheimischen Häuptlingen und gewann so, mit Gewalt oder mit Tricks, immer mehr Macht im Lande. Allerdings brach der Versuch, Ostafrika durch eine private "Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft" zu beherrschen, 1888/89 im Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung zusammen.

Hitler hob die Verurteilung von Peters wieder auf

So übernahm das Deutsche Reich die Kontrolle über die Kolonie, und Peters wurde Reichskommissar für das Kilimandscharo-Gebiet. Doch sein Treiben auf dem schwarzen Kontinent blieb nicht ohne Folgen: Ein kaiserliches Ermittlungsverfahren führte zur unehrenhaften Entlassung aus dem Reichsdienst. Aber Kaiser Wilhelm II setzte ihm eine Pension aus, und Adolf Hitler hob 1937 die Verurteilung von 1897 auf. Im Dritten Reich gab es schließlich einen verherrlichenden Spielfilm mit Hans Albers als Carl Peters in der Hauptrolle.

Lettow-Vorbeck nahm die Askari unter Waffen

Der nächste Deutsche, der auf diesem ostafrikanischen Gebiet Ruhm suchte und Unrühmliches anrichtete, war im Ersten Weltkrieg Paul von Lettow-Vorbeck. Er war von 1914 an Kommandeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. Seine Truppen bestanden zum größten Teil aus einheimischen Askari. Nur einige hundert Deutsche bildeten vor allem das Offizierskorps. Lettow-Vorbeck gerierte sich in Ostafrika während dieses Krieges in erster Linie als militärischer Stratege. Auch auf eigene Faust versuchte er, zur Entlastung der "Heimatfront" möglichst viele alliierte Truppen auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz zu binden. So geriet er in scharfen Widerspruch zu Gouverneur Heinrich Schnee, für den der Erhalt des Schutzgebietes im Vordergrund stand – notfalls auch über Konzessionen an die gegnerischen Briten.

Kai-Uwe von Hassel hielt die Grabrede

Paul von Lettwo-Vorbecks Kriegsführung hatte vor allem die afrikanische Bevölkerung zu bezahlen. Umkämpfte Gebiete wurden verwüstet, arbeitsfähige Männer wurden zu Zwangsdiensten einberufen, Lebensmittel wurden den Einheimischen weggenommen, zigtausende Menschen starben so an Hunger und an Krankheiten. Als der Krieg vorbei war – Lettow-Vorbeck war 1916 mit dem höchsten preußischen Militärorden, dem Pour le Mérite ausgezeichnet worden – betätigte er sich politisch in der Deutschnationalen Volkspartei, vermied es aber, der NSDAP beizutreten. Spät, 1953, kam – nach einer Reise an die ehemaligen Wirkungsstätten in Ostafrika –, seine Erkenntnis: "Diese Reisen haben mir vor Augen geführt, wie schnell auch aus einfachen Schwarzen Menschen mit beträchtlicher Kultur werden können, die ihr Schicksal selbst bestimmen und frei von Bevormundung werden wollen". Als er 1964 in Hamburg starb, hielt Bundesverteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel (CDU) die Trauerrede mit dem Kernsatz, Lettow-Vorbeck sei "wahrlich im Felde unbesiegt" gewesen.

Mit Nyerere und Brandt entstand ein neuer Dialog

Als dieser Ostafrika-Kämpfer starb, hatte Frankfurts Zoodirektor Grzimek bereits seine friedvolle Tätigkeit für die Tierwelt – und die Menschen in Ostafrika aufgenommen. Jetzt kam auch eine andere deutsche Invasion: Seine abenteuerlichen Tätigkeiten machten neugierig; der Ostafrika-Tourismus begann zu boomen. Und die friedlichen Verbindungen intensivierten sich im Lauf der Jahrzehnte. Beispielsweise in der Zusammenarbeit des tansanischen Präsidenten Julius Nyerere, des führenden Vertreters eines "Afrikanischen Sozialismus", mit dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt in der von dem Sozialdemokraten geleiteten Nord-Süd-Kommission. 1990 wurde in enger Kooperation der "Nyerere-Bericht" vorgelegt, ein Grundsatzpapier zur internationalen Entwicklungsdebatte. So entstand ein neuer, fruchtbarer Dialog zwischen Mitteleuropa und Ostafrika.

 

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