Alkoholismus und der Weg in die Co-Abhängigkeit
Von Alkoholismus ist nicht nur der Patient selbst betroffen, sondern es kommt auch zu einer Co-Abhängigkeit von Familienangehörigen.Suchtkranke sind fast immer umgeben von mehreren nahestehenden Menschen, die ihnen helfen und sie aus der Sucht befreien wollen und sich darüber co-abhängig verstricken. Angst, ...
Co-Abhängigkeit beim Alkoholismus - Lebenspartner und Kinder von Alkoholikern
Wer schon einmal mit Alkoholkranken zu tun hatte, der weiß, wie schwierig es ist, mit einem Betroffenen zusammenzuleben. Denn er selbst erkennt die Krankheit für sich selbst nicht an, wiegelt ab, leugnet sie und versucht seinen Alkoholkonsum vor der Umwelt zu verbergen. Über einen gewissen Zeitraum mag dies möglich sein, aber irgendwann wird er entdeckt, denn das regelmäßige Trinken von Alkohol hat natürlich Folgen. Wer trinkt, verändert sich, nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Vor allem für Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu einer alkoholkranken Person leben (Freunde, Familie, Ehepartner), wird der Umgang mit dem Alkoholproblem des Betroffenen immer problematischer.
Die Phasen der Co-Abhängigkeit: Anfangsphase, Kritische Phase, akute Phase und Kapitulation
Fachleute teilen die Co-Abhängigkeit in verschiedene Phasen ein, für die jeweils symptomatische Verhaltensweisen postuliert werden können. Das Verhalten der Angehörigen geht einher mit der Form des Alkoholismus und dem Fortschreiten des Alkoholproblems.
Die Anfangsphase der Co-Abhängigkeit
Taucht in einer Familie bei einem Angehörigen ein Alkoholproblem auf, neigen die nicht betroffenen Familienmitglieder zunächst dazu, das Problem nicht wahrhaben zu wollen. Zuerst begnügt man sich damit, den Betroffen immer wieder zur Mäßigung anzuhalten und ihn eindringlich zu bitten, doch weniger Alkohol zu trinken. Dieses Bemühen ist in den allermeisten Fällen nicht von Erfolg gekrönt sein. Nach außen hin versucht die Familie, den Eindruck von Normalität aufrechtzuerhalten, indem sie die Verantwortung für alkoholbedingtes Fehlverhalten des Betroffenen übernimmt und Ausreden oder Entschuldigungen erfindet, um ihn zu decken. Natürlich sind die Angehörigen bemüht, das Thema mit dem Betroffenen zu besprechen, was aber mit der Zeit immer schwieriger wird, weil er seine Alkoholerkrankung nicht zugeben kann. Er fühlt sich ungerecht behandelt bzw. angegriffen und reagiert zunehmend gereizt auf das Thema. Die Familie gerät durch die gesamte Situation in einen stetig steigenden Leidensdruck und der Alkoholismus wird mehr und mehr zum Lebensmittelpunkt. Ist dies der Fall, so ist die Familie in eine Co-Abhängigkeit geraten, aus der sie sich nur noch schwer mit eigener Kraft befreien kann.
Die kritische Phase der Co-Abhängigkeit
Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich das Alkoholproblem des Angehörigen, zumindest innerhalb der Familie, nicht mehr geleugnet werden kann. In dieser Phase neigen Familienangehörige oft dazu, den Betroffenen mit der Forderung zu konfrontieren, keinen Alkohol mehr zu trinken. Aufgrund seiner fortgeschrittenen Abhängigkeit ist er allerdings nicht in der Lage, diese Forderung zu erfüllen. Aus einer stetig wachsenden Verzweiflung heraus kommt es zu Vorwürfen dem betroffenen gegenüber, die ihm aber nicht helfen, sondern ihn unter Druck setzen und noch öfter zur Flasche greifen lassen. In dieser Phase der Co-Abhängigkeit wird von den Angehörigen in verstärktem Maße versucht, dem Betroffenen Hilfe zu leisten und die Angehörigen werden unsicher, ob sie Situationen richtig beobachten und bewerten. Ist die Situation soweit fortgeschritten, kann nur noch eine kompetente Beratung und Begleitung den Angehörigen helfen, diesen Teufelskreis der Co-Abhängigkeit zu verlassen.
Die akute Phase der Co-Abhängigkeit
Lässt sich das Alkoholproblem des Angehörigen nicht länger vor Außenstehenden verbergen, hat die akute Phase begonnen. In dieser ziehen sich die Angehörigen immer mehr aus ihrem gewohnten Umfeld zurück und geraten in eine zunehmende Isolation, was soziale Kontakte angeht. Zudem versuchen sie dem Betroffenen kurzzeitige Zugeständnisse abzuringen, ihn sozusagen zu kontrolliertem Trinken zu überreden. Gelingt dies nicht, wird gedroht, allerdings ohne konsequent zu bleiben. Dieses "Spiel" wird häufig zu einem end- und erfolglosen Versuch, der in den meisten fällen vom Betroffenen ausgenutzt wird, denn wo er keine Konsequenzen zu spüren bekommt, da passiert ihm nichts. Zu diesem "Spiel" gehört leider sehr oft auch, dass die Angehörigen die Pflichten des Betroffenen übernehmen und ebenso die Verantwortung. Damit helfen sie ihm allerdings nicht, sondern fördern noch sein Suchtverhalten. Für Angehörige von Alkoholkranken gibt es zahlreiche Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Vereine, bei denen sie sich Rat holen können.
Kapitulation vor dem Alkoholismus
Der letzte, aber wohl wichtigste und schmerzlichste Schritt, den Angehörige machen können, ist das Eingeständnis der Machtlosigkeit sowie die Erkenntnis, dass sie selbst dem Betroffenen nicht helfen können. In dieser letzten Phase der Co-Abhängigkeit reift meist auch die Einsicht, dass sie sich selbst vollkommen vernachlässigt und nicht mehr auf die eigenen Bedürfnisse geachtet haben. Viele Ehepartner ziehen aufgrund des inzwischen unerträglichen Leidensdrucks sogar eine Trennung in Erwägung, weil sie merken, dass sie den Betroffenen loslassen müssen, nicht nur, um ihm zu helfen, sondern vor allem sich selbst. Dies ist sicher der schwierigste Schritt für Angehörige, aber in dieser Situation kann nur der Betroffene selbst den Weg aus dem Teufelskreis Alkoholismus finden.