Wenn Lebensretter in Not geraten - Gewalttätige Übergriffe auf den Rettungsdienst

War es vor einigen Jahren noch undenkbar, so ist es mittlerweile doch traurige Gewissheit: Nicht nur Polizisten werden Opfer gewalttätiger Übergriffe, sondern immer öfter auch die Mitarbeiter deutscher Rettungsdienste.  Patienten, welche unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, unterscheiden in Ausnahmesituationen oftmals nicht mehr lange zwischen roter oder blauer Uniform, sondern richten ihre blinde Aggression häufig einfach gegen alle Uniformträger, die sich ihnen nähern. Sind Polizeibeamte ja in der Regel auf solche Situationen gefasst und zudem auch dafür ausgebildet und ausgerüstet, bedeutet dies für die meisten Rettungsdienstmitarbeiter eine fast immer unkalkulierbare Gefahrensituation. In der Ausbildung des Rettungsdienstes, die sich im Wesentlichen mit der präklinischen Notfallmedizin befasst, findet man auf solche Einsatzsituationen jedenfalls fast nie eine Antwort. Wozu auch? Schließlich erlernt man diesen Beruf ja, um zu helfen und nicht, um sich zu prügeln. Dass diese direkte "Hilfe am Menschen" immer öfter, und hier natürlich gerade in Großstädten und Metropolen, auch in sozialen Brennpunkten stattfindet, darüber werden sich die meisten Berufsanfänger erst nach einigen Jahren Berufserfahrung im "Dienst der Nächstenliebe" bewusst. Dann aber ist es meist zu spät. 

"Wenn man erst mal mit Leib und Seele in diesem Job verwurzelt ist, dann hängt man den Beruf ja nicht einfach an den Nagel, nur weil man ab und an mal mit einem Schraubenzieher oder einem Messer bedroht wird. Man hofft einfach darauf, dass alles gut gehen wird und versucht, aufzupassen!" schildert mir Thomas* (Name geändert), ein Rettungsassistent, der seinen Beruf schon seit mehr als zwanzig Jahren ausübt. Auf meine Frage, ob diesen zusätzlichen Gefahren denn wenigstens eine vernünftige Bezahlung entgegen stehe, ernte ich von ihm zunächst nur ein müdes Lächeln. 

"Wir werden von den Krankenkassen noch immer nicht als medizinisches Fachpersonal, sondern nur als reiner Fahrdienst eingestuft. Dass wir da draußen im Bereich der Notfallmedizin oftmals viel mehr leisten müssen als so mancher Hausarzt und es nicht selten nur von uns abhängt, ob ein Mensch überlebt oder stirbt, das interessiert die Herren von der Krankenkasse nicht! Bei denen sind lediglich Zahlen wichtig, Menschen und Schicksale haben keine Bedeutung! Die meisten von uns verdienen zwischen 1.100 und 1.500 Euro netto im Monat; wer einen "alten" Vertrag hat, vielleicht etwas mehr? Reich wird man in unseren Reihen aber ganz sicher nicht!"

Auf meine Frage, ob denn wenigstens Seminare oder Weiterbildungen in diesem Bereich angeboten werden, überlegt Thomas kurz: "Es gab da vor einigen Jahren mal einen Lehrgang bei der Polizei, der sich mit diesem Thema befasst hat. Ob es heute noch Weiterbildungen in dieser Richtung gibt kann ich gar nicht sagen", gibt er mir schließlich zur Antwort. Ich stelle also Nachforschungen im Internet an und stoße auf gerade einmal eine Hand voll privater Anbieter, welche zumindest kurze Seminare anbieten, die wenigstens grob in Richtung Eigensicherung des Rettungsdienstes deuten. Ich frage mich ernsthaft, warum gerade an dieser doch so wichtigen, elementaren Stelle des Gesundheitssystems nicht einfach unbürokratisch und zielorientiert gehandelt wird?  Schade!

Man kann nur hoffen, dass sich sowohl in Bezug auf eine Erweiterung der Ausbildungsinhalte als auch beim monatlichen Verdienst dieser Berufssparte in naher Zukunft etwas ändern wird. Denn eines steht fest: Hier wird definitiv am falschen Ende gespart, nämlich an der Gesundheit und bisweilen auch der Existenz der betroffenen Rettungsdienstmitarbeiter.

 

 

 

Körperliche Gewalt

GeHo, am 31.03.2011
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Bildquelle:
Droemer-Verlag ("Wunder muss man selber machen" von Sina Trinkwalder - mehr als ein...)

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