Der „anonyme Browsermodus“

Viele der neueren Browser haben einen speziellen Modus, den ich hier nur der Vollständigkeit halber erwähnen will. Allein der Name der Funktion klingt vielversprechend: der "private Modus" im Firefox, das "InPrivate Browsen" im Internet Explorer oder das "Inkognito Fenster" im Google Chrome. Wenn Sie meinen letzten Artikel gelesen haben, wissen Sie, dass damit ein anonymes Surfen schlicht nicht möglich ist. Der einzige Mehrwert ist, dass unsere Aktivitäten im Internet nicht im Browser- oder Download-Verlauf angezeigt werden. Zusätzlich löscht der Browser alle neuen Cookies, die wir während unserer Inkognito-Reise durchs Netz sammeln. Trotzdem sind selbst dann nicht alle Spuren unserer Aktivitäten auf dem lokalen Rechner gelöscht – was ich hier aber nicht weiter vertiefe. Wichtig ist, dass die von uns besuchten Websites unverändert Aufzeichnungen über unseren Besuch machen können und wir anhand unserer IP-Adresse jederzeit eindeutig identifizierbar sind.

Da es auf diese Weise offensichtlich mit der Anonymität nicht klappt, wenden wir uns einem vielversprechenderen Ansatz zu, den anonymen Proxies.

Die eigene IP-Adresse verschleiern: anonyme Proxies

Das Konzept eines Proxies ist einfach erklärt. Ein Poxy (deutsch: Stellvertreter) ist ein Rechner, der im Internet zwischen uns und unserem gewünschten Ziel sitzt und statt uns die Anfrage an das Ziel stellt. In der nachfolgenden Grafik sind wir mit der IP-Adresse 2.2.2.2 im Internet. Statt nun direkt den Dienst des Anbieters unter 9.9.9.9 aufzurufen, kontaktieren wir einen Proxy und bitten ihn, die Anfrage für uns zu stellen. Handelt es sich bei dem Proxy um einen "anonymen Proxy", so enthält die Anfrage des Proxies an 9.9.9.9 keinerlei Information darüber, dass 2.2.2.2 der Urheber der Anfrage ist.

Ein Proxy als Stellvertreter

Ein Proxy als Stellvertreter

Anonyme Proxies gibt es in zwei Spielarten. Bei einem gewöhnlichen anonymen Proxy wird unsere IP zwar nicht weitergegeben, der Proxy signalisiert dem Anbieter aber, dass er ein Proxy ist. Damit weiss der Anbieter, dass irgendwer hinter dem Proxy eine Anfrage gestellt hat. Manche Anbieter unterbinden daraufhin den Abruf ihrer Inhalte. Bei einem "Elite Proxy" tritt der Proxy gegenüber dem Anbieter als Endanwender auf. Der Anbieter erkennt nicht, dass es jemanden im Hintergrund gibt, der die Anfrage abgesetzt hat.

Je nachdem, welchen Standort der anonyme Proxy hat, haben wir noch einen weiteren Nebeneffekt. Es ist nämlich prinzipiell so, dass unsere IP-Adresse auch das Land preisgibt, aus dem wir kommen. Navigieren wir über einen Proxy, so scheint es für den Anbieter, als käme die Anfrage aus dem Land des Proxies. Damit haben wir einen einfachen Weg gefunden, auf Inhalte zuzugreifen, die für einzelne Länder gesperrt sind. Sie verstehen nun, wie offensichtlich ineffektiv zum Beispiel die GEMA-bedingten Sperren einiger Youtube-Inhalte wie dieser hier sind. 

In der Praxis ausprobiert

Anonyme Proxies gibt wie Sand am Meer, viele davon sind sogar kostenlos nutzbar. Die kostenlosen Varianten finanzieren sich über Werbung, sind aber meist von ihrer Geschwindigkeit her nicht berauschend. Für unsere Zwecke reicht es aber allemal. Ein prominentes Beispiel ist http://hidemyass.com. Dieser Proxy wurde von der legendären Hackergruppe Anonymous zur Koordination ihrer Angriffe genutzt. Letztlich verschaffte sich aber das FBI Zugriff auf die Logdateien von hidemyass.com und konnte so einzelne Mitglieder der Hackergruppe aufspüren.

Für das Einbinden eines Proxy in den Browser gibt es verschiedene Varianten. Man kann die Proxy-Einstellungen des Browsers direkt ändern, man kann ein Addon installieren oder aber man nutzt schlicht die Webseite des Proxy-Anbieters und tippt dort die Adresse der Seite ein, zu der man anonym navigieren will. Uns genügt im weiteren Verlauf die letzte Variante – d.h. Sie müssen nichts herunterladen oder installieren.

Woran erkennen wir nun, dass wir tatsächlich mit einem Proxy unterwegs sind? Hierzu machen wir einen kleinen Test. Wir öffnen ein neues Browserfenster und rufen http://www.ip-secrets.info/ auf. Hinter dieser Adresse steckt ein Dienst, der die IP-Adresse des Aufrufers ausgibt. Wir sehen also unsere echte IP-Adresse, mit der wir normalerweise im Web unterwegs sind.

Nutzung eines anonymen Proxy

Öffnen wir nun ein zweites Browserfenster und navigieren damit zu http://hidemyass.com, dem Anbieter eines anonymen Proxy. Anschließend tippen wir dort "http://www.ip-secrets.info/" ein.

Tatsächlich sehen wir in der sich öffnenden Ergebnisseite nicht mehr unsere originale IP-Adresse. Stattdessen erscheint die des in England stehenden Proxy. Es klappt also wirklich!

Der Test zeigt eine verschleierte IP

Vollständig anonym?

Lehnen wir uns also zurück und genießen unsere vollkommene Anonymität. Halt... vollkommene Anonymität? Leider nicht ganz.

  • Zumindest der Anbieter des anonymen Proxy kennt uns

Da wir uns mit unserer IP an den Proxy wenden, kann der Proxy-Betreiber unsere IP selbstverständlich protokollieren. Auch wenn er beteuert, keine Daten mitzuschreiben, wissen wir nicht, ob er sich wirklich daran hält. 

  • Jeder kann einen Proxy-Server anbieten

Manch einer stellt eigens präparierte Rechner als Proxy in das Internet und liest gezielt Aktivitäten mit. Solche Fallen nennt man anschaulich "Honigtopf" (Honeypot). Das können Kriminelle sein, aber auch Behörden, die illegale Aktivitäten aufdecken wollen. Wir müssen also genau prüfen, welchem Anbieter wir uns da anvertrauen.

  • Im Zweifelsfalle wird ein Proxy-Anbieter die Logdateien herausgeben.

Wie der weiter oben beschriebene Fall von Anonymous eindrucksvoll bewiesen hat bietet ein Proxy keinen Schutz vor Strafverfolgung. Und das ist in vielen Fällen auch gut so.

  • Nicht alle Anfragen laufen über den Proxy.

Eine ganz wichtige Einschränkung eines Proxy liegt darin, dass er lediglich den http-Verkehr anonymisiert. Haben wir ein Plugin installiert, dann greift dieses Plugin direkt mit unserer IP am Proxy vorbei auf den Anbieter zu. Fatalerweise merken wir das nicht einmal. Um hier absolut sicher zu sein, müssen wir mit einem Plugin-losen Browser navigieren. Das bedeutet aber, dass wir auf weit verbreitete Flash- oder Java-Inhalte gänzlich verzichten müssen.

Fazit: Nein, vollständig anonym sind wir trotz all unserer Mühen nicht. Jedoch ein gutes Stückchen weiter. Es gibt natürlich durchaus weitere Mittel und Wege, den Grad der Anonymität noch zu steigern. Beispielsweise über virtuelle private Netzwerke (virtual private networks, kurz VPN). Doch dazu mehr ein andermal.

Anonym oder nicht - surfen Sie weiterhin sicher und mit Verstand.

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