Durch atypische Beschäftigung droht Armut - Wenn trotz Arbeit das Geld nicht reicht

Eine steigende Zahl von Berufstätigen in Deutschland ist von Armut bedroht, trotz ihres Jobs. Die weltweite Wirtschaftskrise und die damit verbundene Arbeitsmarktflaute sind hierbei nur zwei Faktoren. Weitere Ursachen liegen sicherlich in der Struktur des deutschen Steuer- und Rentensystems begründet.

6,2 % sind von Armut bedroht

Das Statistische Bundesamt hat in seiner neuesten Studie für das Jahr 2008 dargelegt, dass 6,2 Prozent aller Erwerbstätigen von Armut bedroht sind. Im Jahre 1998 waren es lediglich 4,6 %.

Begründet liegt dieser Umstand darin, dass immer mehr Menschen in Deutschland nicht mehr vollbeschäftigt sind, sondern lediglich eine Teilzeitstellung haben. Andere verdienen ihren Lebensunterhalt durch Zeitarbeit, mit einem Minijob oder wurden nur befristet angestellt. Dadurch verdienen sie in der Regel deutlich weniger als Beschäftigte in Vollzeit und sind somit stärker von Armut bedroht. Von Armut bedroht sind auch selbstständig Tätige.

Atypische Beschäftigung: Teilzeit, Zeitarbeit, Werkverträge und Befristung von Arbeitsverträgen birgt Gefahrenpotenzial

Seit 1998 ist der Anteil von Beschäftigten in Teilzeitjob, Zeitarbeit bzw. geringfügig oder befristeter Anstellung um exorbitante 7,4 % auf momentan 38,9 % im Jahr 2011 gestiegen. Von dieser Beschäftigungsgruppe sind laut Studie immerhin ca. 14,3 % von Armut bedroht. Im Bereich der Selbstständigen, die keine Mitarbeiter beschäftigen, sind es zwischen 10 und 11 %. Im Gegensatz dazu hat sich die Quote derer, die trotz Normalbeschäftigung von Armut bedroht ist, von 1998 bis 2008 kaum verändert und liegt bei 3,2 %. Das Risiko, trotz Arbeit in die Armut abzurutschen, ist laut Studie vor allem bei geringfügig Beschäftigten besonders hoch. Fast 25 % waren trotz mehrerer Einkommen pro Haushalt und zusätzlicher Unterstützung durch den Staat noch immer von Armut bedroht.

Fast 50 % arbeiten im Niedriglohn-Sektor

Vertreter des Statistischen Bundesamtes haben zwar betont, dass der Niedriglohn nicht zwangsläufig in die Armut führen muss, da immer auch das soziale Umfeld eine Rolle spielt, also ob jemand beispielsweise alleinstehend ist oder ob der jeweilige Haushalt über mehrere Erwerbseinkommen verfügt. Tatsache bleibt aber, dass Beschäftigte in Teilzeit, Zeitarbeit oder als geringfügig Angestellte im Jahr 2006 nur durchschnittlich 11,98 Euro pro Stunde verdienten und damit deutlich weniger als voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, die durchschnittlich 18,04 Euro verdienten. Noch gravierender ist der Umstand, dass fast die Hälfte aller Beschäftigten im Niedriglohn-Sektor einen Brutto-Stundenlohn erhielt, der unterhalb der Niedriglohngrenze von 9,85 Euro lag. Die größte Gruppe machten die Mini-Jobber aus. Hier waren insgesamt 81,2 % von Niedriglöhnen betroffen. Im Bereich der Zeitarbeit waren es immerhin 67,2 %, bei den Beschäftigten mit befristeten Verträgen noch 36,0 % und bei den Beschäftigten in Teilzeit ungefähr 20%.

Frauen sind stärker von Armut bedroht als Männer

Nicht verwunderlich ist, dass deutlich mehr Frauen, nämlich 27,2 %, von Armut bedroht sind, obwohl sie arbeiten. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Frauen aufgrund ihrer familiären Situation, verstärkt auf Teilzeit-Beschäftigungen angewiesen sind. Hinzu kommt der Umstand, dass Frauen in der Regel ohnehin für die gleiche Arbeit weniger Gehalt bekommen, als Männer. Bei diesen ist die Situation nicht ganz so dramatisch. Ungefähr 14,3% der Männer erhalten Niedriglohn, so die Studie des Statistischen Bundesamtes.

Das Steuer- und Sozialabgaberecht erhöht das Armutsrisiko in Deutschland

War es früher noch möglich, von einem Gehalt gut zu leben und sich für die Zukunft abzusichern, so ist die Summe der Sozial- und Steuerabgaben in eine Höhe gewachsen, die fast zwangsläufig dazu führt, dass eine zweite Einkommensquelle bzw. staatliche Hilfe nötig ist, um den Lebensunterhalt zu sichern bzw. dafür Sorge zu tragen, nicht in die Altersarmut zu rutschen. Dass der Staat auf Steuereinahmen angewiesen ist, bleibt eine unbestrittene Tatsache. Dennoch muss eine Diskussion geführt werden, ob es auf Dauer sinnvoll und dem Bürger zuzumuten ist, dass über 40% seines Einkommens durch Steuern und Sozialabgaben verloren gehen. Die grundlegende Frage ist, ob es rechtens sein kann, dass alle in Deutschland Beschäftigten von Januar bis Juni 2009 ausschließlich für den Staat arbeiten, wie eine Zusammenrechnung aller Arbeitnehmer-Abgaben auf ein Jahr ergeben hat. Nach dieser Hochrechnung arbeitet also jeder Arbeitnehmer in Deutschland rund sechs Monate im Jahr nicht für seinen Lebensunterhalt, sondern zum Wohle des Staates. Diese Tatsache sollte zu denken geben.

Autor seit 12 Jahren
212 Seiten
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