Bataireacht - ... der Kampf mit dem Stock

Als die Briten im 17. Jahrhundert das Tragen von Waffen verboten, sah man sich notgedrungen dazu veranlasst, alternative Möglichkeiten der Selbstverteidigung zu finden. Bei Auseinandersetzungen griff man fortan kurzerhand zu einfachen Stäben oder Spazierstöcken. Aus dieser vermeintlich primitiven Taktik erwuchs unter irischen Kämpfern eine Kunst, deren traditionelle Form heute in den letzten Zügen liegt: Bataireacht, oder kurz Bata traditionelle irische Stockkampfkunst, die über die Jahre von anderen, populäreren Sportarten verdrängt wurde.

Was ist Bataireacht?

Die ursprungs kriegerische Intention rückte beim Bataireacht schnell in den Hintergrund. Stattdessen entwickelte sich die Stockkampfkunst zwischen 1750 und 1880 zum beliebten Freizeitsport, der traditionell mit dem Shillelagh praktiziert wird – ein spezieller hölzerner Stock. Zwischenzeitlich geriet der Sport wieder in nahezu völlige Vergessenheit – bis der Forscher und Autor John W. Hurley den Begriff in die moderne Kultur zurückbrachte. Mit seinen Büchern und Seminaren zum Thema Bataireacht trug er einen wesentlichen Teil dazu bei, das Wissen über die alte, irische Kampfkunst nicht verblassen, sondern neu aufleben zu lassen. Dennoch wird der Sport heute nur noch in sehr geringem Umfang praktiziert. Unter Kennern beinhaltet Bataireacht heute allerdings wesentlich mehr als nur reine Kampfkunst mit irischen Spazierstöcken – auch verschiedene Schwertkampftechniken, waffenloses Techniken wie Boxen und Ringen sowie der Einsatz unterschiedlichster Holzwaffen fallen unter diesen Begriff.

Irische Banden und Stockkampf - Literatur zum Thema
Irish Gangs and Stick-Fighting
Eindrücke vom Irish Stick Fighting - Video: Irish Stick Fighting Instruction

Das wichtigste beim Stockkampf: der Stock!

Der Begriff "bata" bezeichnet in erster Linie jegliche Art von Stock. Der eigentliche Bata jedoch, der beim Bataireacht zum Einsatz kommt, ist traditionell als "Shillelagh" bekannt (gesprochen schi-ley-li), ein spezieller Kampfstock oder Knüppel, der meist aus einem knotigen Stück Eiche, Schwarzdorn oder Esche angefertigt wird und einen Wurzelknoten als Knauf besitzt. In Aussehen und Länge ähnelt er einem gewöhnlichen Spazierstock, ist jedoch als Gehhilfe meist zu kurz und wurde speziell in Irland und von irischen Banden im New York des 19. Jahrhunderts als reine Waffe benutzt. Teilweise ähnelt sie auch stark dem irokesischen Skullcracker oder wird mit metallenen Spitzen oder verbunden mit anderen Schlagwaffen konstruiert. Um seine schimmernde, dunkle Oberfläche zu erhalten, wird das Holz häufig mit Whiskey-Butter eingeschmiert und über dem Feuer geräuchert, was dem Shillelagh auch den Namen "whiskey-stick" eintrug.

 

Die Kampftechnik mit dem Shillelagh selbst entstand vermutlich aus einer Mischung von Schwert-, Stab- und Speertechniken und steht in Verbindung mit den noch älteren, irischen Kriegskünsten. Mit dem Stockkörper wird dabei im Kampf gewürgt, während mit dem Wurzelknoten geblockt und geschlagen wird.

 

Der Umstand des noch heute bestehenden Stereotyps vom gewalttätigen Iren ist zum größten Teil dem Shillelagh zu verdanken. Während des 19. Jahrhunderts, als der Stockkampf aus drei Disziplinen bestand und äußerst populär war, trug ein echter irischer Gentleman ganz selbstverständlich seinen Shillelagh bei sich – woraus sich über die Jahre ein hartnäckiges Klischee entwickelte. Heute erfährt Bataireacht eine kleine Renaissance, da sich immer mehr Kenner, Kampfkunstliebhaber und auch Neulinge für den alten Sport begeistern können – ein Großteil davon in Deutschland, Kanada, den USA, Griechenland und Irland. Shillelaghs werden heute in den verschiedensten Ausführungen als Spazierstöcke und Souvenirs verkauft.

Beispiel für einen Shillelagh - Video: Walking Stick/Shillelagh
Empfehlenswerte Literatur - ... zum Shillelagh
Shillelagh: The Irish Fighting Stick

Bataireacht und seine aufreibende Vorgeschichte - ... über irische Bandenkriege und eine Kultur der Gewalt

Jahrhhundertelang wurden in Irland zur Selbstverteidigung die verschiedensten Stöcke und Knüppel benutzt. Die Kunst des Stockkampfes wurde über Generationen von Familie zu Familie weitergegeben und in militärischen Ausbildungslagern gelehrt, und auch der Shillelagh gilt noch heute als Symbol der alten, irischen Traditionen. Den "Standard-Shillelagh" gibt es allerdings nicht – sowohl die Größe als auch das Material kann variieren, woraus sogar drei separate Bataireacht-Disziplinen entstanden (je nach Stocklänge).

 

Im 18. Jahrhundert bedienten sich insbesondere viele irische Gangs und Splittergruppen dieser Kampftechnik, um sie bei Familienfesten, Beerdigungen, Hochzeiten und anderen großen Versammlungen für Nahkämpfe und Handgemenge zu nutzen. Der Sozialhistoriker Conley prägte in diesem Zusammenhang den Begriff "culture of recreational violence" für das Irland dieser Zeit - eine Kultur, in der Gewalt und Auseinandersetzung als schicklich und modern gilt. Inwieweit ihm hierbei zuzustimmen ist, bleibt fraglich – die meisten Historiker gehen jedoch davon aus, dass bei den Auseinandersetzungen zwischen den Gangs politische Hintergründe eine Rolle spielten, die die Bereitschaft zur Gewalt entfachten. Samuel Clark und James S. Donnelly untermauern diese Theorie in ihrem Werk "Irish Peasants: Violence & Political Unrest, 1780 - 1914". Im frühen 19. Jahrhundert hatten sich die ehemals kleinen, zerstreuten Splittergruppen in größeren Verbänden zusammengeschlossen. Beispielhaft sollen hier etwa die Caravat und Shanavest Lager genannt werden, die noch lange Zeit in einen heftigen Bandenkrieg verstrickt und während des gesamten 19. Jahrhunderts für Unruhe und regelmäßigen Tumult sorgten.

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Bataireacht heute - Irischer Stockkampf im Wandel der Zeiten

Der Wunsch, die Kunst des Bataireacht wieder neu aufleben zu lassen, erwuchs in vielen irischen Familien aus der Sehnsucht heraus, historische Traditionen zu bewahren und weiterzugeben. Mittlerweile gesellen sich auch viele Geschichts- und Kulturbegeisterte zu den Stockkämpfern, die sich in mehreren unabhängigen Vereinigungen in Irland, den USA, Kanada und Deutschland zusammengeschlossen haben. Der Sport hat also auch über die Grenzen Irlands hinaus eine gewisse Popularität als Selbstverteidiungspraxis erlangt – allerdings in noch sehr geringem Umfang.

 

Wie für Kampfkünste üblich haben sich auch hier verschiedene Varianten entwickelt, die meist stark von den jeweiligen Familien geprägt wurden, von denen sie kultiviert und weitergegeben wurden. Beispiele hierfür sind etwa das "Rince an Bhata Uisce Bheatha" (auch "whiskey stick dance" genannt) der Doyles aus Neufundland, das insbesondere in Kanada und Deutschland gelehrt wird, oder der Stockkampf mit dem Antrim Stick (Aontroim Bataireacht), der in Kanada, den USA und Frankreich Fuß fassen konnte.

 

Mithilfe alter Kampfkunstanleitungen, Zeitungsartikel und fotografischer Dokumentationen konnten viele der ursprünglichen Techniken erhalten bleiben und kultiviert werden. So beispielsweise über die "Surviving Manuals" von Rowland Allanson-Winn und Donald Walker, die uns mit ihren instruktorischen Anleitungen viel über den korrekten Gebrauch des Shillelagh erklären.

[Artikelbild: Samuraiantiqueworld]

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