Freibier für alle mit dem bedingungslosen Grundeinkommen!

Plädoyer für die Gier

Auch Müßiggang muss seinMöchte man einen Menschen oder eine Menschengruppe ins schiefe Licht rücken, genügt heutzutage das Wörtchen "Gier". Gier sei die Ursache für das unaufhaltsame Ende des Euro, für die (angebliche) Wirtschaftskrise, für soziale Ungerechtigkeiten. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass Gier eine Triebfeder unseres Lebens darstellt. Was, wenn nicht "Gier" ist es, mehr als einen Laib Brot am Tag verspeisen zu wollen? Oder sich nicht mit Regenwasser, einem Kartoffelsack als Kleidung sowie einem Wellblechdach überm Kopf zu bescheiden? Wir wollen mehr als das überlebensnotwendige Minimum an Nahrung, weil wir Menschen sind. Daran ist nichts ehrenrührig, unmoralisch oder gar menschenverachtend, wie uns dies Politiker oder Vertreter des Klerus und anderer skurriler Organisationen weismachen wollen.

Nun wird diese willkürliche Moralisierung dazu missbraucht, unter dem Deckmantel von Gerechtig- und Menschlichkeit Abgaben zu erheben und Gesetze einzuführen. Vorgeblich, um den Armen und Schwachen zu helfen, tatsächlich aber, um noch mehr Steuerabgaben umverteilen zu können. Untrennbar mit derlei Sonntagsreden sind die angeblichen Rechte, die jeder Mensch kraft seiner Geburt besitze. Dabei steht freilich nicht das Recht im Vordergrund, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, solange man niemandem damit Schaden zufügt, oder über sein Vermögen alleine entscheiden zu dürfen. Nein: Diese Rechte zielen darauf ab, Ansprüche auf das Eigentum anderer Menschen zu erheben. Lassen Sie mich dies kurz ausführen: Wenn Person A gesetzlichen Anspruch auf einen Laib Brot besitzt, muss dieser von Person B gebacken und zur Verfügung gestellt werden. Somit ist B im weitesten Sinne Sklave von Person A. Wohlgemerkt: Hier ist die Rede von gesetzlichen Grundlagen, nicht von solidarischen, die auf der Freiheit von Entscheidungen beruht!

 

"Piraten": Voll auf Kurs des Zeitgeistes

Dies muss bei den Diskussionen rund um das so genannte bedingungslose Grundeinkommen im Auge behalten werden. Vertreten wird diese Forderung unter anderem von der "Freibier für alle"-Partei "Die Piraten" (die nach Ansicht des Artikelautors ein stichhaltiges Argument gegen das allgemeine Wahlrecht darstellt) und macht eines der größten Dilemma des modernen Staatssystems sichtbar: Selbstverständlich wird jeder Bürger versuchen, auf Kosten anderer möglichst viel dem öffentlichen Futtertrog zu entnehmen. Steuererhöhungen oder neue Abgaben werden von einer breiten Bevölkerungsmehrheit befürwortet, sofern es sie nicht selbst betrifft. Das hat weniger mit Moral, sondern mehr mit praktischen Überlegungen zu tun. Was kümmert den Schafzüchter eine Sonderabgabe auf Rinder? Erst wenn es seiner Lebensgrundlage an den Kragen geht, wird er sich empören.

In eine ähnliche Kerbe schlägt das bedingungslose Grundeinkommen. Im Unterschied zur bestehenden Grundsicherung soll es an jeden (volljährigen, bei manchen Modellen auch minderjährigen) Bürger ausbezahlt werden, unabhängig von erworbenen Leistungsansprüchen, sozialer Bedürftigkeit oder sonstigen Kriterien. Unterschiedliche Auffassungen herrschen bei der möglichen Finanzierung. Dem wohl bekanntesten Vertreter des bedingungslosen Grundeinkommens, "dm"-Chef Götz Werner, schwebt eine Mehrwertsteuer in der Höhe von 100% vor, die sämtliche anderen Steuern ersetzen soll. Durch den Wegfall der sonstigen Steuerlast würden sich Waren und Dienstleistungen trotz einer Mehrwertsteuer von 100% nicht verteuern. Gleichzeitig würde eine solche Maßnahme die Bürokratie erheblich zurechtstutzen und somit wiederum Geld einsparen, das der Allgemeinheit zum Wohle käme.

Wenig überraschend zählt der Vorschlag für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu den stimmenstärksten auf der Website der Bundesregierung zum "Dialog über Deutschlands Zukunft". Was könnte denn nun tatsächlich dagegen sprechen? Handelt es sich nicht um eine wunderbar menschliche Idee, die uns vom Joch der Arbeit befreit, sodass wir uns endlich selbstverwirklichen können, anstatt stumpfen Tätigkeiten nachgehen zu müssen, um uns das kärgliche Brot zu verdienen?

Als Angehöriger des Prekariats müsste der Artikelautor doch schwer begeistert von der Aussicht sein, das Leben frei gestalten zu können. Einziges Problem bei all diesen Überlegungen: Sie sind blanker Unsinn und können unmöglich funktionieren.

 

Wer hat Anspruch?

Mauer gegen Einwanderung errichten?Zunächst hieße es exakt zu definieren, wer Anspruch auf das bedingungslose Grundeinkommen haben sollte. Nehmen wir an, Deutschland würde ein solches einführen, so könnten wir getrost von einer riesigen Immigrationswelle ausgehen.

Bereits heute wirken Wohlfahrtsstaaten wie Magneten auf Millionen Menschen aus Ländern ohne entsprechende soziale Grundversorgung. Und tatsächlich könnte man es niemandem verübeln, das mühselige Dasein in einem Dritte-Welt-Staat zugunsten eines ihn rundum versorgenden Staatssystems zu verlassen. Wie viele hundert Millionen neue Bürger könnte Deutschland wohl verkraften? Diese Frage bleibt natürlich unbeantwortet – die schöne Utopie soll ja nicht durch gesunden Menschenverstand unterminiert werden! Die unvermeidlich scheinenden Völkerwanderungen könnten wohl nur mittels extrem strenger Einreisebestimmungen verhindert werden, was wiederum politisch kaum haltbar wäre. Rassismus- und Menschenrechtsverletzungs-Vorwürfe wären gerade im Falle von Deutschland die logische Konsequenz.

Interessant wäre auch zu beobachten, wie bedingungslos das Grundeinkommen ausbezahlt werden würde. Plötzlich erhielten nicht nur Alleinerzieher und Arbeitslose staatliche Unterstützung, sondern auch Vermögende und Reiche. Könnte man diese vom Grundeinkommen ausnehmen? Nein, denn sonst wäre es ja nicht "bedingungslos", sondern an Vermögensgrenzen gekoppelt. Würde man diesen Widerspruch andererseits aufheben und festlegen, ab welcher Vermögensmenge man den Anspruch daran verliert, müsste man wiederum die Bürokratie sowie willkürliche gesetzliche Regelungen bemühen.

Darum ist das bedingungslose Grundeinkommen unrealistisch

Und wer erledigt die miesen Jobs?

Daraus leitet sich der wohl größte Kritikpunkt ab: Wozu noch arbeiten? Oder besser gesagt: Wozu noch unangenehme oder gefährliche Arbeiten verrichten? Die Überlegungen zum bedingungslosen Grundeinkommen gemahnen verblüffend an verpflichtende Frauenquoten. Hier wie dort werden bei Diskussionen meist nur angenehme, relativ gefahrlose Tätigkeiten ins Feld geführt. Man möge den Artikelautor korrigieren, falls er falsch liegen sollte. Aber hat jemals eine Frauenministerin fixe Frauenquoten bei Kanalräumern gefordert? Oder bei Fensterputzern in schwindelnder Höhe? Oder für Arbeiter auf Ölbohrinseln? Natürlich nicht! Derlei Jobs sind nicht bloß mühsam, sondern oftmals gefährlich. Gerade diese Jobs bilden aber das Fundament unserer Gesellschaft, nicht Finanzbeamte, Frauenbeauftragte oder Sesselwärmer in diversen Ministerien. Ein Tag ohne Versorgung mit Öl oder Wasser, verstopfte Kanalisationen, geschlossene Supermärkte, unbefahrbare Straßen würde unser Leben in ungeahntem Maße einschränken.

Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens argumentieren, dies würde doch vielmehr die Unternehmer unter Druck setzen, derlei Jobs besser zu bezahlen. Eine wackelige Argumentation aus zwei Gründen:

  1. Nehmen wir an, Supermarktmitarbeiter müssten das Doppelte ihres bisherigen Einkommens erhalten, um die nötige Motivation zum Arbeiten zu finden. Derlei Kosten werden selbstverständlich auf die Produkte und Dienstleistungen aufgeschlagen, was logischerweise zu massiven Verteuerungen führte, was wiederum eine verhängnisvolle Spirale in Gang setzte: Gehälter und Löhne müssten massiv erhöht werden, dadurch stiegen die Lebenshaltungskosten, was wiederum dazu führte, dass das ausbezahlte Grundeinkommen erhöht werden müsste, wodurch die finanzielle Differenz zu den Arbeitnehmern geringer ausfallen würde, weshalb diese höhere Löhne forderten, und so weiter.

  2. Die Realität ist: Kaum jemand würde diese Arbeiten verrichten. In einer am Reißbrett entstandenen utopischen Welt mögen Menschen selbstlos agieren – die Wirklichkeit spricht eine andere Sprache. Ohne entsprechenden ökonomischen Druck beseitigt niemand aus Spaß an der Freud den Unrat seiner Mitmenschen. Niemand stellt seine Gesundheit aufs Spiel, wenn er genauso gut zu Hause fläzen und mit seinen Freunden gemütlich ein Bierchen zischen könnte. Der Grund, warum all diese Arbeiten heute verrichtet werden, liegt zum einen in der ökonomischen Notwendigkeit, zum anderen in der Hoffnung, sich irgendwann beruflich zu verbessern und die Drecksarbeit anderen überlassen zu können.

 

Recht auf den Besitz anderer?

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ist natürlich weder neu, noch besonders originell. Im Gegenteil: Sie ist geradezu typisch für den politischen Zeitgeist der bereits erwähnten "Freibier für alle"-Mentalität. Die Wahrheit ist: Was A konsumiert, muss B zur Verfügung gestellt haben. Für die Staatsschulden von heute muss morgen irgendjemand aufkommen. Wenn A das "Recht" auf kostenlose Gesundheitsversorgung, auf eine angemessene Wohnung, auf kostenlose Benutzung von Öffentlichen Verkehrsmitteln hat, bedeutet dies in Wahrheit, dass irgendjemand dafür bezahlen muss. Freilich werden derlei unangenehme Wahrheiten ausgeblendet und jene, die darauf hinweisen, als Unmenschen diffamiert.

Es gibt nur eine einzige moralische Gesellschaftsform: Eine, in der keinerlei Zwang ausgeübt wird, in der Solidarität auf freiwilliger Basis ausgeübt wird, in der niemand auf Kosten anderer lebt, weil er das "Recht" dazu besitze, in der Moral nicht gewaltsam oktroyiert, sondern aus dem Bewusstsein heraus gelebt wird, Gutes tun zu wollen. Wer aber meint, mit Gewalt und Zwang das vermeintlich Gute in die Welt prügeln zu können, wird scheitern, immer. Der Moloch Staat beweist es seit Jahrtausenden, wieder und immer wieder.

Warum wir daraus nicht lernen, lässt sich mit der irrationalen Hoffnung begründen, dass es beim "nächsten Mal" bestimmt klappen werde. Irgendwann würden die ökonomischen Gesetze auf wundersame Weise aufgehoben werden und Güter und Dienstleistungen würden sich wie aus dem Nichts von selbst erschaffen und allen Menschen zur Verfügung stehen. Man darf gespannt sein, welche wirren ideologischen Verfehlungen uns noch das Leben schwer machen werden. Allzu erstaunt sollte man sich jedenfalls angesichts diverser sozialistischer Experimente nicht mehr zeigen. Die Phantasie unserer Beherrscher scheint leider unbegrenzt.

Autor seit 14 Jahren
815 Seiten
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